Geheimprojekt Styx
hinzu. Sein Blick blieb auf Boratto hängen, der den Flur im Auge und die Maschinenpistole im Anschlag behielt.
„Artur Boratto, Ihr Chef, solange Sie mich begleiten“, erklärte Hendricks mit einer Geste auf Boratto, der sich nicht beirren ließ und weiterhin den Korridor beobachtete.
„Sehr wohl, Sir.“
„Halten Sie sich bereit. Wir brechen gleich auf.“ Hendricks wandte sich zum Gehen, drehte sich dann aber noch einmal um. „Nehmen Sie eine schwere Bewaffnung mit.“ Phillips' faltiges Gesicht, das ihn älter erscheinen ließ, als er war, verriet nichts von dem, was er dachte. Dafür hatte er zu lange den US-Präsidenten geschützt. Doch Hendricks wusste, dass sich der ehemalige Secret Service Mann fragte, warum Hendricks auf schwere Bewaffnung bestand.
Hendricks ging quer über den Korridor, dessen Boden mit einem dicken Teppich bedeckt war und dessen Wände mit Bildern aus Europa dekoriert worden waren, und beugte sich zu einem Retina-Scanner vor der Eingangstür seines Apartments. Mit einem leisen Zischen öffnete sich die massive Tür aus Panzerstahl, die von innen mit Mahagoniholz verkleidet war und nichts von ihrer wahren Bestimmung offenbarte.
„Soll ich draußen warten?“, fragte Boratto.
„Nein, setzt' dich ins Wohnzimmer, wir sind gleich da.“ der Brasilianer nickte und machte es sich auf dem großen, hellbraunen Vierpersonensofa bequem. Aus Gewohnheit legte Boratto die P90 quer auf seinen Schoß und behielt eine Hand am Griff der Waffe. Die grandiose Aussicht auf Kapstadts Innenstadt und Finanzdistrikt ignorierte er völlig.
Fünf Zimmer weiter zog Hendricks gerade sein T-Shirt aus und nahm dann aus dem Kleiderschrank eine maßgefertigte kugelsichere Weste, aus einer recht exquisiten Schweizer Produktion. Sie verband einen Schutz der Klasse drei von maximal vier mit ausgezeichnetem Tragekomfort und flachem Profil. Sanchez rümpfte die schöne Nase und warf einen Blick in den Kleiderschrank, wo eine Weste für sie hing.
„Mike, das Ding ziehe ich nicht an. Jedes Mal versaut es mir die Figur.“
„Deine Figur ist auch mit Weste ein Hingucker. Und sieh es mal so: Das Ding kann dir das Leben retten.“ Hendricks zog sein T-Shirt wieder über und bewegte einmal probeweise seine Arme hin und her, um zu prüfen, ob die Weste auch richtig saß. Er drehte die Augen zur Seite und sah Sanchez an, die wenig begeistert dreinschaute. „Besser etwas fülliger als tot.“
„Mike!“
„Nad?“ Hendricks Tonfall war die Unschuld selbst. Er grinste verschmitzt.
Sie versetzte der Zimmertür einen leichten Tritt, worauf sie ins Schloss fiel. Anschließend setzte sie sich auf das Doppelbett und ließ sich auf den Rücken fallen, die Arme weit vom Körper ausgestreckt.
„Kannst du mir sagen, was ich hier mache?“, fragte sie.
Hendricks zuckte mit den Achseln. „Rumliegen?“
„Nein, das meine ich nicht. Ich lasse auf mich schießen, ich trage eine Waffe mit mir und begleite dich in Regionen, die eindeutig ungesund sind. Mike, irgendetwas läuft hier schief.“
„Nun, du wolltest ja mitkommen. Darf ich dich zitieren?“
„Nein, ich weiß, was ich gesagt habe.“ Sanchez seufzte. „Weißt du, warum ich noch nicht schreiend in der Ecke gesessen habe, den Finger um den Pistolengriff verkrampft?“
„Erzähl's mir, Nad.“
„Es ist eine Frage des Willens, Mike“, fuhr Sanchez fort, als hätte Hendricks nie etwas gesagt. „Ich wollte, dass du dich nicht erschießen lässt – und falls doch, dann will ich dabei sein. Also kann ich es mir nicht erlauben, panisch in der Ecke zu sitzen.“
„Hmm. Wahre Worte.“
„Ja, dachte ich mir auch. Also, Mike, sei froh, dass du eine Frau an deiner Seite hast, die nicht auf der Hälfte der Strecke schlapp macht.“ Sie grinste und richtete sich wieder auf. Sanchez verbarg ihre Unsicherheit hinter diesem warmen Lächeln, ebenso wie ihre Sorge, Hendricks könnte bei dieser Sache etwas zustoßen. Zwar hatte man sie durchaus gut ausgebildet, doch es war halt nur eine Grundausbildung gewesen. Ihr fehlten die zusätzlichen Monate des Trainings, die Hendricks vorzuweisen hatte, und natürlich die Erfahrung. Dort wo Hendricks nach Jahren der Praxiserfahrung automatisch reagierte, brauchte Sanchez einen Sekundenbruchteil länger. Sie fragte sich, ob sie in der Lage sein würde, jemanden zu erschießen, wenn es erforderlich sein sollte.
Die Antwort kannte sie nicht und Sanchez hoffte, dass sie die Antwort nie erfahren würde.
Ist es das, was du dir
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