Geheimprojekt Styx
vorgestellt hast, als du Mike gefolgt bist, dachte sie. Nein, aber es ist ein Teil von ihm – und es war meine Entscheidung, mitzukommen. Reiß' dich zusammen, Nadia!
„Und damit du nicht schlapp machst, ziehst du jetzt diese Weste an“, sagte Hendricks und dieses Mal war seine Stimme leicht kühler als sonst. Sie nickte nur, geistig leicht abwesend.
„Ganz wie du meinst, Mike.“
Hendricks sah sie von der Seite an, hatte diesen Blick, diesen Ausdruck in den Augen, den Sanchez kannte. Er ahnte was, hatte quasi Witterung aufgenommen. „Nad?“ Hendricks drehte sich etwas und nestelte an seinem Schulterholster herum, den er jetzt wieder anlegen musste. „Dich beschäftigt was.“ Es war keine Frage, und das wusste Sanchez. Hendricks kannte sie seit Jahren und daher gut genug, um jede noch so kleine Veränderung sofort zu bemerken. Ihn zu vertrösten und ausweichend zu antworten, würde nichts bringen.
„Ich mache mir Gedanken, wie das hier weitergehen wird.“
„Denkst du, ich nicht?“
„Für dich ist es eine Form der Routine, Mike! Ich war noch nie unter Feindbeschuss, du schon!“
„Trotzdem hast du gut reagiert.“
„Meinst du?“
„Ja.“
Sanchez atmete einige Male tief ein und aus, dann beruhigte sie sich etwas. „Ich weiß nicht, ob ich jemanden töten kann“, flüsterte sie. „Und es wird darauf hinauslaufen. Nächstes Mal ist es nicht nur ein Schütze, da sind es mehr.“ Sie schloss die Augen.
Hendricks setzte sich neben Sanchez auf das Bett und legte einen Arm um sie. „Nad, glaube mir, es wird nie einfach sein, zu töten. Und es wird auch nicht einfacher. Doch man lernt damit zu leben, da es notwendig ist.“
Sie schaute Hendricks in die Augen und fixierte ihn mit ihrem Blick.
„Hat dich das verändert?“
Hendricks war wie vom Schlag getroffen. Sanchez hatte ihm diese Frage in der Form noch nie gestellt. Natürlich hatte ihn der erste Mensch, den er getötet hatte, verändert. Er hatte gemerkt, wie er danach emotional etwas kühler geworden war, distanzierter. Zwar vermied Hendricks das Töten, was ihn grundlegend von Artur Boratto unterschied, doch er hatte inzwischen keine Skrupel mehr, jemanden zu töten. Diese Skrupel waren irgendwo im Dschungel Kolumbiens geblieben und würden auch nicht wieder zurückkommen.
„Ja, selbst wenn ich stets versuche, die Veränderung nicht zu stark werden zu lassen.“
„Hmm.“ Sanchez konnte offenbar mit der Antwort wenig anfangen.
„Nad“, begann Hendricks langsam. „Wenn du nach einer Antwort auf deine Frage, auf dein Problem, suchst... ich kann sie dir nicht geben. Es gibt sie nicht. Reagiere immer so, wie man es dir beigebracht hat und wie du es für richtig erachtest. Denn wenn du deine Taten vor deinem Gewissen verantworten kannst, ist das ausreichend. Gesetzte sind eh immer eine Sache für sich.“
„Du weißt, dass mich das nicht weiterbringt, Mike.“
„Ja, weiß ich.“
Sanchez wandte den Blick ab, seufzte und stand dann auf, wobei sie gleichzeitig ihre Lederjacke auszog. „Also gut, gehen wir's an.“ Hendricks nickte, selbst wenn es unbeachtet blieb, und reichte Sanchez dann die kugelsichere Weste aus dem Schrank. Sie zog die Weste unter ihr T-Shirt und anschließend sah sie Hendricks nachdenklich an.
„Du hast keine Ahnung, wo das hier endet, oder?“
„Nein.“ Er hob entschuldigend die Hände. „Ich würde es gerne, aber diesen Luxus habe ich nicht.“
„Tja, dann müssen wir es wohl herausfinden.“
„Sieht so aus.“ Sanchez warf sich die Lederjacke über und folgte Hendricks zurück ins Wohnzimmer, wo Boratto ruckartig aufstand, als er Hendricks' Schritte auf dem Holzboden hörte.
„Legen wir los?“, fragte der Brasilianer.
„Ja.“ Hendricks rückte seine Jacke zurecht, dann öffnete Boratto die Wohnungstür, vor der bereits zwei der insgesamt fünf Personenschützer standen.
„Die Garage ist sicher“, verkündete einer der Männer, Sam Burke, der auf einen US Special Forces Hintergrund zurückblicken konnte. „Der Wagen wird direkt zum Fahrstuhl fahren, Sir.“
Boratto nickte und setzte sich an die Spitze der kleinen Gruppe während Hendricks und Sanchez in die Mitte genommen wurden. Sie warteten etwa eine halbe Minute vor der Lifttür, ehe sich diese öffnete und Boratto seine P90 wieder sinken ließ.
Sie fuhren hinunter in die Tiefgarage des Apartmentgebäudes, wo zwei weitere Personenschützer auf sie warteten. Unter ihnen war auch Phillips, der jetzt in ein Funkgerät sprach, damit
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