Geheimrezept zum Glücklichsein
anderen Straßenseite wehten farbenfrohe Strandhandtücher auf Balkonen und verliehen einem billigen kleinen Hotel einen exotischen Eindruck. Nathan fing den Geruch von Hotdogs auf, und er sah Kinder buntes Softeis schlürfen, das ihnen klebrig auf die Arme tropfte. Seltsamerweise hatte er plötzlich auch Appetit auf Eiscreme.
Als er aufblickte, entdeckte er einen schwarz-gelben Drachen in Form einer Biene, der mit dem Wind aufstieg. Ein kleines Flugzeug zog vorüber, mit einem flatternden Reklamestreifen für ein lokales Restaurant im Schlepptau.
Nathan nahm alles in sich auf, und er fragte sich, warum er bisher geglaubt hatte, dass der Strand keinen Reiz für ihn bot. Vielleicht, weil er bisher allein gewesen war.
Impulsiv machte er Jackie ein Zeichen und hielt an. »Du schuldest mir ein Eis.«
»Das stimmt . « Geschmeidig glitt sie vom Fahrrad, küsste ihn, ging dann ein paar Schritte zurück zu einem Verkäufer. Sie studierte das Angebot, überlegte hin und her, beratschlagte länger und ernsthafter als zuvor wegen einer Fünfhundert-Dollar-Brosche. Nachdem sie die Vor- und Nachteile abgewogen hatte, entschied sie sich für Vanilleeis im Schokoladenmantel mit Nüssen.
Sie steckte das Wechselgeld ein, drehte sich um und sah Nathan. Er hielt einen großen orangefarbenen Luftballon in der Hand. »Passt zu deiner Aufmachung« , kommentierte er und schlang ihr die Schnur um das Handgelenk.
Jackie spürte Tränen aufsteigen. Es war nur ein farbiger Luftballon an einer Schnur, aber als Symbol unschlagbar. Sie wusste, dass sie, wenn die Luft schließlich entwichen war, die Überreste so sentimental wie eine Rose zwischen die Seiten eines Buches legen würde. »Danke« , brachte sie mühsam hervor und übergab ihm das Eis, bevor sie ihm um den Hals fiel.
Nathan hielt sie fest und versuchte, die Verlegenheit nicht zu zeigen, die er plötzlich empfand. Wie sollte ein Mann eine Frau behandeln, die wegen eines Luftballons weinte? Er hatte erwartet, dass sie lachen würde. Er küsste ihre Schläfe und rief sich in Erinnerung, dass sie selten das Erwartete tat. »Gern geschehen.«
»Ich liebe dich, Nathan.«
»Ich glaube, du tust es vielleicht tatsächlich« , murmelte er. Die Vorstellung erfreute und erschütterte ihn zugleich. Was soll ich nur mit ihr anfangen? fragte er sich, während er sie fester in die Arme schloss.
Als Jackie aufsah, bemerkte sie die Sorge und den Zweifel in seinem Blick. Sie unterdrückte ein Seufzen und berührte sanft seine Wange. Es ist noch Zeit, sagte sie sich, es ist noch viel Zeit. »Das Eis schmilzt . « Lächelnd strich sie mit den Lippen über seine. »Warum setzen wir uns nicht da drüben auf die Mauer, während wir essen? Dann kannst du dein neues Hemd anziehen.«
Er schloss eine Hand um ihr Kinn, verweilte bei einem weiteren Kuss. »Ich ziehe mich nicht auf der Straße um.«
Sie lächelte erneut und nahm ihn bei der Hand.
Als sie schließlich zurückradelten, trug er das T-Shirt mit dem grinsenden Hai.
Jackie stand in der Haustür und blickte Nathan nach. Sie hob eine Hand zum Gruß, als sein Wagen die Straße hinabfuhr. Einen Moment lang durchbrach nur das verhallende Motorengeräusch die morgendliche Stille. Dann hörte sie nachbarliche Geräusche von Kindern, die zur Schule gebracht wurden, zuschlagende Türen, Abschiedsrufe und letzte Ermahnungen. Nette Geräusche, dachte Jackie, während sie sich an den Türrahmen lehnte. Alltägliche Geräusche, die sich Morgen für Morgen wiederholten. Sie hatten etwas Beständiges an sich, etwas Tröstliches.
Sie fragte sich, ob Ehefrauen sich wohl so fühlten, wenn sie ihre Ehemänner nach einer letzten Tasse Kaffee verabschiedeten, bevor der Arbeitstag begann. Es war eine seltsame Mischung an Gefühlen. Die Freude, ihren Mann ordentlich aus dem Haus gehen zu sehen, und das Bedauern darüber, dass es Stunden dauern würde, bevor er zurückkehrte.
Aber ich bin keine Ehefrau, erinnerte Jackie sich, als sie ins Haus zurückkehrte, ohne daran zu denken, die Tür zu schließen. Es hatte keinen Sinn, sich einzubilden, sie wäre eine. Und es hatte noch weniger Sinn zu bedauern, dass Nathan noch lange nicht zu einer Bindung und Eheringen bereit war.
Das sollte auch nicht so wichtig sein.
Sie nagte an der Unterlippe, während sie die Treppe hinaufging. Mrs Grange schrubbte bereits eifrig in der Küche, und sie selbst hatte genügend Arbeit, um den ganzen Tag hindurch beschäftigt zu sein. Wenn Nathan nach Hause kam, freute er sich, sie zu
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