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Gehetzt

Titel: Gehetzt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Forbes
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den Krieg wohl überleben würden. Er folgte dem Beispiel seiner Kameraden, nahm den Helm ab und gab ihn Colburn zurück.
    »Das ist noch mal gutgegangen«, meinte der Kanadier.
    »Möchte aber nicht unbedingt behaupten, daß mir die Sache Spaß gemacht hat. Ist euch das seit eurer Abfahrt aus Etreux oft passiert?«

    »Nur sechsmal am Tag«, scherzte Barnes.
    »Das ist gut. Ich dachte schon, es geschähe öfter.«
    Die drei Männer im Führerhaus entspannten sich allmählich, waren froh, noch am Leben und unverletzt zu sein. Colburn verspürte einen unbändigen Drang, einfach draufloszuschwatzen, und nur mit äußerster Willensanstrengung hielt er sich zurück. Diese Jungs hier unten mußten sich wirklich mit ziemlichen Schwierigkeiten herumschlagen. Diese Art der Kriegsführung war nicht nach seinem Geschmack. Er spielte lieber Krieg in der Luft. Der Kampf am Himmel war schwierig und gefährlich, dafür aber meist kurz.
    Die Entspannungspause war nur von kurzer Dauer, denn schon zehn Minuten später informierte Reynolds sie, daß hinter ihnen erneut ein Scheinwerferpaar aufleuchtete.
    »Wieder ein Laster?«
    »Nein, ein Personenwagen, glaube ich. Er scheint’s besonders eilig zu haben. Ich dachte schon, ich würde mit diesem Tempo alle Rekorde brechen, aber diese Burschen wollen sich anscheinend selbst beweisen, was für tolle Kerle sie sind. Der Wagen hinter uns war plötzlich da.«
    »Lassen Sie ihn vorbei.«
    »Helme wieder auf?« fragte Colburn.
    »Nicht nötig. Aus einem Personenwagen kann man schlecht ins Führerhaus eines Lasters schauen.«
    »Reynolds ist aber zu sehen«, beharrte Colburn.
    »Ich will keinen Jerry-Helm auf dem Kopf haben«, entschied Reynolds.
    Die Scheinwerfer schoben sich auf gleiche Höhe mit der Fahrertür. Reynolds schaute herab, hob dann den Blick und senkte ihn wieder auf den überholenden Wagen, der jetzt vorwärts schoß und neben der Nase des Transporters herfuhr.
    Der Fahrer schob den Arm aus dem Seitenfenster und versuchte durch Winkzeichen den Transporter zu stoppen.
    Barnes kniff die Augen zusammen und hob seine Waffe.
    Reynolds sah die Bewegung aus den Augenwinkeln.
    »Nicht, Sergeant.«
    »Was ist los?«
    »Ich glaube, es ist Jacques. Er will uns stoppen.«
    »Jacques? Unmöglich. Er hat uns heute morgen auf der Fahrt nach Abbeville überholt.«
    »Es ist ein grüner Renault, und ich bin sicher, daß Jacques drin sitzt.«
    Es schien, als fiele es Reynolds schwer, Barnes zu widersprechen. »Ich habe ihn zweimal gesehen. Es ist Jacques.«
    »Schön, dann halten Sie mal an. Lassen Sie aber den Motor laufen. War er allein?«
    »Soweit ich gesehen habe – ja.«
    Barnes rechnete mit dem Schlimmsten. Er legte die Hand auf den Türgriff, um abzuspringen, sobald der Wagen stand. Wenn das da vorne wirklich Jacques war, reichte Barnes’ Fantasie nicht aus, um sein Auftauchen hier im Pas de Calais hinreichend zu erklären. Was tat der Bursche in dieser Gegend, weit entfernt von der Mandel-Farm und von Abbeville?
    Als er aus dem Führerhaus sprang, war er immer noch im Zweifel, ob Reynolds sich nicht doch getäuscht hatte. Der Renault hielt etwa zehn Meter vor ihm. Der Motor wurde abgestellt, ein Mann stieg aus und rannte auf ihn zu. Dabei schützte er die Augen mit der Hand gegen das grelle Scheinwerferlicht.
    Es war Jacques.
    »Ich fahre schon seit drei Stunden auf dieser Straße hin und her, um Sie zu finden, Sergeant Barnes. Ich hatte die Hoffnung schon aufgegeben, weil ich dachte, Sie würden meiner Route folgen, die ich Ihnen auf der Karte markiert hatte.«

    »Auch ich habe nicht damit gerechnet, dich noch einmal zu sehen«, antwortete Barnes scharf.
    »Ich habe mich gefreut, als ich Reynolds im Führerhaus erkannte. Das ist ein deutscher Transporter, nicht wahr?«
    Das Gesicht des Jungen war schneeweiß, was an den grellen Scheinwerfern liegen mochte. Seine Stimme klang rauh und angestrengt.
    »Ja, ein Transporter. Was suchst du hier, Jacques? Du wolltest doch nach Abbeville?«
    »Es ist etwas Schreckliches geschehen. Die Deutschen haben meine Schwester erschossen.«
    Hatte seine Stimme gebebt? Barnes glaubte es jedenfalls, doch der Ausdruck von Schmerz im Gesicht des Jungen wurde schnell von Bitterkeit und Haß verdrängt.
    »Wie ist das passiert?« fragte Barnes leise.
    »Die Deutschen behaupten, es sei ein Unfall gewesen – das ließen sie mir durch ihren Übersetzer mitteilen –, doch sie haben sie ermordet. Sie stand auf einem Platz in Abbeville, als deutsche Panzer

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