Gehetzt
her!«
»Großer Gott, Sie haben recht. Es stimmt!«
Fieberhaft arbeiteten sie an der Stelle weiter, wo Barnes den Luftzug gespürt hatte. Sie lag etwa 1,30 Meter über dem Tunnelboden. Eine Viertelstunde später befahl Barnes seinen Männern, die Arbeit kurz zu unterbrechen, und löschte die Lampe. In der Dunkelheit war kein Geräusch zu hören, außer dem erregten Atmen der Männer. Vier Augenpaare suchten den Wall nach einem Schimmer Tageslicht ab. Barnes entdeckte ihn als erster – einen winzigen grauen Spalt oberhalb eines großen Felsbrockens.
»Wir sind durch«, schrie Davis. »Heilige Mutter Gottes, wir sind durch.«
»Immer mit der Ruhe, Mann«, dämpfte Barnes seine Freude.
»Das wird kein Zuckerlecken. Da liegt noch eine ganze Menge Geröll.«
Er entzündete den Docht der Petroleumlampe. Als er sich wieder umwandte, trieb Davis das Brecheisen in einen Spalt neben dem Lichtschlitz und stemmte es mit aller Kraft hin und her. Barnes wollte etwas sagen, verkniff es sich aber. Der arme Teufel mußte Höllenqualen erduldet haben – mehr als jeder andere von ihnen, denn er war als einziger schon einmal verschüttet gewesen. Barnes war dies durchaus bewußt, selbst als er Davis so hart angepackt hatte. Doch das geringste Zeichen von Sympathie und Verständnis hätten ihrer aller Moral zu diesem Zeitpunkt völlig kaputtmachen können.
Schon Napoleon hatte einmal sinngemäß gesagt, daß eine gute Kampfmoral dreimal soviel wert sei wie eine gute Ausrüstung.
Diesen Ausspruch hatte Barnes nicht vergessen. Deshalb ließ er Davis jetzt auch gewähren. Der Kanonier rammte das Brecheisen immer wieder in die Mauer und brach Gestein und Erdreich los, bis seine Hände schmerzten. Doch er schien das gar nicht zu bemerken. Während Penn mit der Schaufel die restlichen Felsen vom Erdreich befreite, sagte er zu Barnes:
»Jetzt kann ich ja offen drüber reden. Ich habe nicht mehr geglaubt, daß wir es schaffen.«
»Wir werden noch schlimmere Situationen durchzustehen haben, ehe dieser Krieg vorbei ist.«
Innerhalb von zehn Minuten hatte Davis den Felsen freigestemmt, und Reynolds packte mit an, um den zentnerschweren Brocken, fast so groß wie der Ofen im Innern von Bert, auf dem sie sich im Notfall Mahlzeiten zubereiten konnten, beiseite zu räumen.
Der Felsen löste sich ganz unerwartet. Schweißüberströmt stemmte sich Davis mit seinem vollen Gewicht auf die Brechstange. Der Brocken schwankte leicht und rollte dann nach innen weg. Nur mit einem gewaltigen Satz konnten sich die beiden Männer in Sicherheit bringen.
Barnes nahm die Petroleumlampe und hielt sie hinter seinen Rücken. Andächtig starrten die Männer auf die Öffnung in dem Wall, durch die helles Tageslicht in den Tunnel fiel.
Es war ein ergreifender Augenblick.
Viele Männer, die sich insgeheim schon mit ihrem sicheren Tod abgefunden hatten, wurden dem Leben zurückgegeben.
Keiner sagte ein Wort, keiner wagte es, sich zu bewegen. Und dann drehte Davis durch.
Er griff nach der Brechstange, die zusammen mit dem Felsbrocken in den Tunnel zurückgerutscht war, rammte sie zwischen die Felsen oberhalb der Öffnung und begann mit aller Kraft daran zu zerren und zu ziehen. Barnes rief ihm eine Warnung zu, doch entweder hörte Davis sie nicht – oder wollte sie nicht hören. Er spürte, daß sich der Stein ein wenig bewegte, und ließ die Brechstange fallen. Er richtete sich zu seiner vollen Größe auf und drückte mit beiden Händen gegen den losen Stein, schob ihn durch die entstandene Öffnung nach draußen. Jetzt war die Höhlung schon groß genug, so daß der Kanonier hineinklettern konnte. Er richtete sich zu einer knienden Haltung auf und begann mit den Händen das lose Geröll über sich wegzuschieben. Barnes wiederholte seinen Warnruf, doch es war schon zu spät.
Der Felsen lag lose zwischen anderen Felsen über der Öffnung verkeilt, ließ sich aber leicht aus seiner Halterung lösen, als Davis mit voller Kraft dagegendrückte, und rollte nach außen weg. Gleichzeitig gerieten die Felsen oberhalb des Durchbruchs in Bewegung.
Davis kniete immer noch in der Öffnung. Plötzlich hörten die Männer ein dumpfes Grollen. Die Felswand über ihnen begann zu beben und kam ins Rutschen. Barnes stürzte vor, um Davis aus dem Loch zu zerren, doch Penn packte ihn am Arm und drängte ihn an die Tunnelwand zurück. Eine Sekunde später prasselte eine Erd- und Felslawine auf die Stelle nieder, an der Barnes eben noch gestanden hatte, begrub die
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