Gehetzt
Jungs.«
Keiner lachte in dem stehenden Panzer, dessen Motor im Leerlauf brummte. Sollten sie kehrtmachen? Barnes entschied sich dagegen. Sie könnten dabei einen Treffer abbekommen.
Er stellte sich darauf ein, sofort das Luk zu schließen, wartete aber noch ab, wollte sehen, ob die Blenheims ihr Ziel trafen.
»Auf was haben sie’s denn abgesehen?« rief Penn herauf.
»Auf einen Zug, glaube ich. Er wird gleich die Straße weiter vorn überqueren, also macht euch auf ein hübsches kleines Tänzchen gefaßt.«
Er hielt den Feldstecher auf den Bahnübergang gerichtet und bemerkte, wie sich die Rauchwolke näherte. Der Zug rollte quer über die Straße auf die weiten Felder hinaus. Zwei Lokomotiven zogen eine lange Kette von Güterwaggons.
Der Sergeant zog scharf die Luft ein, als er auf einem Niederbordwagen ein langes Rohr erkannte, an dem sich winzige Gestalten zu schaffen machten. Ein Bofors-Geschütz?
Er hörte die Abschüsse, mit der die Kanone Granaten in den Himmel spuckte. Als Barnes wieder hochschaute, sah er die ersten Bomben heruntertaumeln, schwarze Punkte im warmen Blau, Gott sei Dank zu weit entfernt, um Bert zu gefährden.
Doch mit Sicherheit würden sie in der Nähe des Zuges aufschlagen.
Die Punkte verschwanden im Rauchvorhang der Lokomotiven, und Barnes wartete auf die Detonation.
Während sein Blick wie gebannt an der Rauchwolke klebte, zerriß eine gewaltige Explosion den Abendfrieden. Eine heftige Druckwelle fegte über die Straße, als einer der Waggons in die Luft flog. Sie prallte heftig gegen den Panzerturm, und Barnes kroch rasch ins Innere. Seine Gedanken überschlugen sich.
Ein Munitionszug. Eine zweite, schon stärkere Druckwelle traf auf den Panzer, als Barnes schon halb unten war, sich nur noch mit einer Hand im Turm festhielt. Das Turmluk war immer noch offen. Der ungeheure Luftstoß brachte den Sergeant aus dem Gleichgewicht, er rutschte mit dem Fuß von der Sprosse und schlug hart mit dem Kopf gegen die Metallwand des Turms. In diesem Moment setzte eine überraschend aufgetauchte Messerschmitt, aus allen Bordwaffen feuernd, zum Sturzflug an. Doch Barnes war bereits bewußtlos.
Samstagabend, 19 Uhr
Die 14. Panzerdivision stieß im Eiltempo tiefer nach Frankreich vor, hatte schon Laon passiert und näherte sich der Somme. General Heinrich Storch besaß nicht nur eine Nase wie ein Falke, sondern auch die Augen dieses Raubvogels.
Und diese Augen fixierten gerade in einiger Entfernung eine Unebenheit im Gelände. Er hob seinen Feldstecher an die Augen und stieß pfeifend den Atem aus. Sofort erteilte er durch das Mikrofon an seinem Hals seine Befehle. Im nächsten Moment jaulte die erste Granate quer über die Felder auf die Panzerkolonne zu. Eine 75-Millimeter-Kanone, dachte Storch, das beste Geschütz der französischen Armee, vermutlich auch die einzige Waffe, um einen schweren deutschen Panzer zu knacken.
Er wandte den Kopf, als die Granate über die Straße hinwegjaulte und ins angrenzende Feld schlug. Ein Distanzschuß zur Zielbestimmung. Die Panzerkolonne reagierte also bereits auf seine Befehle.
Storchs Panzer erhöhte das Tempo und rumpelte wie ein wütender Dinosaurier über die Straße. Gleichzeitig drehte der Kanonier den Turm mit der schweren Kanone in Richtung der französischen Geschützstellung. Hinter dem Kommandopanzer fuhren die anderen vier Panzer mit unterschiedlicher Geschwindigkeit, zogen sich in kaum einer Minute weit auseinander und machten so den französischen Schützen eine genaue Zielbestimmung fast unmöglich. Der feindliche Richtschütze war nur in der Lage, einen einzigen Panzer ins Fadenkreuz zu nehmen, während die vier anderen völlig ungefährdet das Feuer erwidern konnten.
Die Panzerkolonne stoppte, fünf lange Rohre schwenkten in Richtung der getarnten Geschützstellung ein. Eine zweite Granate heulte heran, schlug dicht vor dem mittleren Panzer in den Boden und explodierte. Ein Regen aus Gestein und Erdreich prasselte auf die Panzerplatten nieder. Die Deutschen erwiderten das Feuer.
Storch, der mit einer Hand das Glas an die Augen hielt und sich mit der anderen am Turmrand abstützte, spürte den Rückstoß. Doch die Granate lag zu kurz. Vor der 75 Millimeter quoll eine Rauchwolke empor. Der General gab eine Anweisung durchs Mikrofon. Der nächste Schuß würde das Ziel genau treffen. Doch der Kanonier kam nicht mehr zum Feuern, denn der Schuß des nächsten Panzers traf ins Schwarze. Die Granate detonierte, Qualm quoll auf. Eine
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