Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Gehetzt

Titel: Gehetzt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Forbes
Vom Netzwerk:
Front?
    Barnes stand im offenen Turm und lauschte angestrengt auf das dumpfe Grollen von Geschützen, schaute sich die Augen aus nach Rauchwolken und Flugzeugen. Doch die Felder dehnten sich unberührt in die Ferne, der tiefblaue Himmel war blank und leer.
    Das Unbehagen der Männer im Panzer wuchs. Sie fühlten sich wie Teilnehmer einer Expedition in ein unerforschtes Territorium. Die Ketten rasselten mit höchster Umdrehungszahl auf der Straße vorwärts, der Motor dröhnte, als freue er sich nach dem langen Stillstand im Tunnel über die rasante Fahrt.
    Endlich entdeckte Barnes die ersten Spuren des Krieges: schwache Abdrücke von Panzerketten auf den Feldern, vereinzelte Granat- oder Bombentrichter. Die Spuren häuften sich, verdichteten sich zu einem wenig beruhigenden Bild.
    Barnes ließ Reynolds anhalten, um einige Fahrzeugwracks neben der Straße näher zu inspizieren. Es waren fünf ausgebrannte Panzer, französische Renault-Panzer, die aussahen, als wären sie allein gegen die gesamte deutsche Armee angerannt.
    Kurze Zeit später ließ Barnes erneut anhalten und untersuchte zusammen mit Penn ein Sammelsurium französischer Ausrüstungsgegenstände. Im Straßengraben lagen Gewehre, die anscheinend jemand auf der panischen Flucht vor etwas Entsetzlichem und Übermächtigem einfach weggeworfen hatte. Barnes hob eine Waffe auf. Sie war durchgeladen.
    Wenige Schritte weiter lagen französische Rucksäcke und Helme. Zwei Helme saßen noch auf den Köpfen ihrer Träger, die mit blicklosen Augen in den Himmel starrten. Und überall Gewehre, alle mit vollen Magazinen. Trotz intensiver Suche konnte der Sergeant nirgends deutsche Ausrüstungsstücke finden.
    »Das sieht nicht gut aus«, brummte Barnes. »Die Gewehre hier überall. Scheint so, als seien unsere Verbündeten um ihr Leben gerannt. Wahrscheinlich haben die Panzer sie vor sich hergetrieben.«
    »Sie sind also geflohen«, sagte Penn leise.
    »Sieht ganz so aus. Muß ja höllisch was los gewesen sein hier draußen, während wir in dem verdammten Tunnel steckten.
    Laut Karte liegt acht Kilometer von hier ein Dorf. Vielleicht erfahren wir dort etwas. Am besten lasse ich Bert kurz vorher halten und gehe zu Fuß voraus. Das alles hier gefällt mir nicht.«
    »Genausogut könnten sich doch die Deutschen zurückgezogen haben«, meinte Penn bedächtig. »Vielleicht steht Parker jetzt schon am Rhein.«
    »Kriegsschauplätze verlagern sich nicht so schnell, Penn. Und wenn, dann nur in einer Richtung. Und die geladenen Gewehre im Graben lassen eher auf einen Rückzug der Franzosen schließen. Machen wir, daß wir weiterkommen.«
    Während der Fahrt entdeckte Barnes immer häufiger Spuren der Kriegswalze, die über diese Landschaft gerollt war.
    Unzählige ausgebrannte Renault-Tanks und zerstörte Geschütze säumten die Straße, und auf den Feldern lagen regungslose Gestalten mit Stahlhelmen auf dem Kopf – immer nur französische Helme. Barnes hielt vergeblich nach deutschen Verlusten – an Menschen oder Material – Ausschau.
    Schließlich bemerkte er das erste Anzeichen von Leben in der öden Landschaft – eine waagerechte Rauchfahne. Die dunkle, wie mit Zeichenkohle gezogene Linie stand unbeweglich in der Ferne dicht über dem Horizont am Himmel. Nur an dem Ende, das in etwa achthundert Metern Entfernung fast an die Straße heranreichte, wurde die Linie etwas schmäler, und Barnes wurde klar, daß es die Dampfwolken einer Lokomotive waren, die einen von der Straße aus nicht sichtbaren Zug durchs Land zog.

    Automatisch suchte der Sergeant den Himmel ab – und erstarrte. Seine Hand krampfte sich um den Turmrand. Hoch oben in der blauen Weite erkannte er eine Formation von Punkten, die offensichtlich einen Parallelkurs zu dem Zug einhielt. Barnes richtete seinen Feldstecher auf die Flugzeuge.
    Er war nicht sicher, doch schien es sich um eine Staffel britischer Blenheim-Bomber zu handeln, und sein Herz machte einen Sprung. Während der Panzer weiterrollte, verfolgte er den Anflug der Staffel und bemerkte bei einem Blick in das vor ihm liegende Gelände den Bahnübergang, den der Zug jeden Moment passieren mußte. Er richtete das Glas wieder auf die Flugzeuge – und hielt erschrocken den Atem an. Sie flogen nun in einer Linie und scherten zum Bombenabwurf ein. Sofort ließ Barnes den Panzer halten und warnte seine Leute über das Bordsprechgerät.
    »Hier werden gleich ein paar Eier in der Umgebung hochgehen. Lacht nicht – sie kommen von unseren eigenen

Weitere Kostenlose Bücher