Gehetzte Uhrmacher
zu Bakers Verhandlung den Gerichtsbezirk nicht zu verlassen. Ich habe ihm ein Hotelzimmer in der Stadt besorgt. Ein Beamter bewacht ihn. Er geht nirgendwohin. Was soll die Aufregung?«
»Was ist mit Westchester?«, rief Rhyme in das Mikrofon. »Die gestohlene Leiche.«
»Man war einverstanden, keine Anklage zu erheben. Ich habe versprochen, wir würden den Kollegen bei ein paar anderen Fällen behilflich sein.«
Für den Staatsanwalt bedeutete das alles einen großen Karrieresprung; der Prozess gegen eine Bande korrupter Cops würde aus ihm im Handumdrehen einen Star machen.
Rhyme schüttelte wütend den Kopf. Inkompetenz und selbstsüchtiger Ehrgeiz waren ihm zuwider. Sein Job war auch ohne Einmischung der Politik schwierig genug. Warum, zum Teufel, hatte man ihn nicht vorher angerufen? Auch ohne Kathryn Dances Einschätzung des Verhörs hatte es zu viele offene Fragen gegeben, um Duncan einfach gehen zu lassen.
»Wo ist er?«, fragte Sellitto barsch.
»Wie dem auch sei, welchen Beweis...?«
»Verdammte Scheiße, wo ist er?«, tobte Sellitto.
Der Staatsanwalt zögerte und nannte ihnen dann den Namen eines Hotels in Midtown sowie die Telefonnummer des Beamten, der zur Bewachung eingeteilt war.
»Ich übernehme das.« Cooper wählte die Nummer.
»Und wer war sein Anwalt?«, fuhr Sellitto fort.
Der Staatsanwalt gab ihm auch diesen Namen. »Ich verstehe immer noch nicht, was die ganze Aufregung soll«, sagte er nervös.
Sellitto legte einfach auf. Er sah Dance an. »Ich stehe kurz davor, Himmel und Hölle in Bewegung zu setzen. Sie wissen, was das bedeutet?«
Sie nickte. »Bei uns in Kalifornien geht es auch manchmal hoch her. Aber ich stehe zu meiner Meinung. Tun Sie, was Sie können, um ihn zu finden. Ich meine, wirklich alles. Ich werde meinen Standpunkt notfalls vor jedem vertreten, ob Polizeichef, Bürgermeister oder Gouverneur.«
»Prüf nach, was der Anwalt über ihn weiß«, wandte Rhyme sich an Sachs. Sie klappte ihr Telefon auf. Reed und Prince war Rhyme natürlich ein Begriff. Es handelte sich um eine große, renommierte Kanzlei am Lower Broadway. Die Anwälte waren als Strafverteidiger in hochrangigen Fällen von Kriminalität in Nadelstreifen bekannt.
»Wir haben ein Problem«, teilte Cooper ihnen mit ernster Stimme mit. »Das war der Beamte in der Hotelsuite, der Duncan bewachen sollte. Er hat gerade in dessen Zimmer nachgesehen. Duncan ist weg, Lincoln.«
»Was?«
»Der Officer sagt, Duncan sei gestern Abend früh zu Bett gegangen, weil er sich angeblich nicht wohlfühlte. Er wollte heute ausschlafen.
Wie es aussieht, hat er das Schloss zum Nebenzimmer geknackt. Der Beamte hat keine Ahnung, wann das passiert ist. Vielleicht schon letzte Nacht.«
Sachs klappte ihr Telefon zu. »Bei Reed und Prince gibt es keinen Mitarbeiter des Namens, den er dem Staatsanwalt genannt hat. Und Duncan ist keiner ihrer Mandanten.«
»Oh, verflucht«, rief Rhyme.
»Also gut«, sagte Sellitto. »Zeit für die Kavallerie.« Er rief Bo Haumann bei der ESU an und setzte ihn davon in Kenntnis, dass sie ihren Verdächtigen erneut festnehmen mussten. »Leider wissen wir nicht, wo er steckt.«
Er nannte dem Leiter des Sondereinsatzkommandos die wenigen Einzelheiten, die ihnen bekannt waren. Rhyme konnte Haumanns Reaktion nicht hören, aber er las sie an Sellittos Miene ab. »Das brauchen Sie mir nicht zu erzählen, Bo.«
Sellitto hinterließ eine Nachricht im Büro des Oberstaatsanwalts und rief dann im Big Building an, um die Führungsetage über das Problem zu informieren.
»Ich will mehr über ihn wissen«, wandte Rhyme sich an Cooper. »Wir sind viel zu selbstgefällig gewesen. Wir haben nicht genug Fragen gestellt.« Er sah zu Dance. »Kathryn, es tut mir sehr leid, Sie darum zu bitten...«
Sie steckte soeben ihr Mobiltelefon wieder ein. »Ich habe bereits meinen Flug storniert.«
»Ich bitte um Verzeihung. Es ist ja eigentlich nicht Ihr Fall.«
»Es ist mein Fall, seit ich am Dienstag mit Cobb gesprochen habe«, sagte Dance. Ihre grünen Augen funkelten kalt, ihre Lippen waren zwei schmale Striche.
Cooper ging durch, was sie über Gerald Duncan wussten. Er suchte sich mehrere Telefonnummern heraus und rief eine nach der anderen an. »Hört zu«, sagte er nach mehreren Gesprächen. »Er ist nicht Duncan. Die Missouri State Police hat einen Streifenwagen zu der Adresse auf seinem Führerschein geschickt. Das Haus gehört zwar einem Gerald Duncan, aber nicht unserem. Der Mann, der da gewohnt hat, wurde
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