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Gehetzte Uhrmacher

Titel: Gehetzte Uhrmacher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Deaver
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Rhyme.
    Lon Sellitto wählte eine kaum bekannte Nummer, die ohne Umwege zu dem abhörsicheren Telefon führte, das auf dem Tisch des Bürgermeisters von New York City stand.
     
    Im Konferenzraum des AWS-Gebäudes, der sich mit den Soldaten und ihren Gästen füllte, vibrierte Charles Hales Telefon. Er nahm es aus der Tasche und las die SMS, die erneut von Charlotte Allerton stammte: Luftraum gesperrt. Züge gestoppt. Sonderteam prüft im NIST Atomuhr. Es klappt. Gott segne Sie.
    Perfekt, dachte Charles. Die Polizei glaubte die Komplikation über den Delphi-Mechanismus und den scheinbaren Plan zur Manipulation der nationalen Atomuhr.
    Hale wich zurück, ließ seinen Blick durch den Raum schweifen, setzte eine zufriedene Miene auf, ging hinaus und fuhr mit dem
Aufzug in die Eingangshalle. Draußen trafen die ersten schwer bewachten Limousinen ein. Hale mischte sich unter die Menge auf der anderen Seite der Betonabsperrung; manche der Leute schwenkten Flaggen, andere klatschten Beifall.
    Er sah auch die Demonstranten; ungepflegte junge Leute, alternde Hippies und friedensbewegte Professoren samt Ehefrauen, vermutete er. Sie hielten Transparente hoch und riefen etwas, das Hale nicht hören konnte. Offenbar passte ihnen die amerikanische Außenpolitik nicht.
    Bleibt noch ein Weilchen, forderte er sie im Stillen auf.
    Manchmal bekommt man, was man sich wünscht.

... Achtunddreißig

    United States Army Sergeant Lucy Richter betrat den Konferenzraum im fünften Stock mit siebzehn anderen Soldaten aus allen Waffengattungen des Militärs und lächelte kurz ihren Mann an. Dann nickte sie ihren Angehörigen zu – ihren Eltern und ihrer Tante -, die auf der anderen Seite des Raumes saßen.
    Der Gruß fiel womöglich ein wenig zu schroff und distanziert aus, aber sie war nicht als Bobs Frau und auch nicht als Tochter oder Nichte hier, sondern als dekorierte Soldatin in Gegenwart ihrer vorgesetzten Offiziere und Kameraden.
    Die Soldaten hatten sich unten im Gebäude versammelt, und ihre Familien und Freunde waren schon in den Konferenzraum gegangen. Während sie auf ihren großen Auftritt warteten, hatte Lucy mit einem jungen Mann geplaudert, einem Air-Force-Soldaten aus Texas, der zur medizinischen Behandlung in die Staaten verlegt worden war (eine dieser verdammten Gewehrgranaten war von seiner Splitterschutzweste abgeprallt und in wenigen Metern Entfernung explodiert). Er sei ganz wild darauf, wieder nach Hause zu kommen, hatte er gesagt.
    »Nach Hause?«, hatte sie gefragt. »Ich dachte, wir alle hätten uns neu verpflichtet.«
    Er hatte sie verständnislos angesehen. »Stimmt ja auch. Ich rede von meiner Einheit. Das ist mein Zuhause.«
    Nun stand Lucy verunsichert vor ihrem Stuhl und musterte die Reporter. Die Art, wie die Leute sie alle ansahen und gierig auf potenzielle Schlagzeilen hofften, erinnerte sie an Scharfschützen auf der Suche nach Zielen und machte sie nervös. Dann schob sie diesen Gedanken beiseite und wandte ihre Aufmerksamkeit den Bildern zu, die man für die Zeremonie aufgestellt hatte. Patriotische Bilder. Vieles hier ging ihr nahe: die amerikanische Flagge, das Foto der zwei Türme des World Trade Center, die militärischen Banner und Embleme, die Offiziere mit ihren Orden und Reihen
voller Abzeichen, die erkennen ließen, wie lange und wo sie gedient hatten.
    Und die ganze Zeit haderte sie innerlich weiter mit sich. Sie dachte daran, was Kathryn Dance zu ihr gesagt hatte, und fragte sich: Wie lautet die Wahrheit für mich?
    Soll ich in das Land des bitteren Nebels zurückkehren?
    Oder hierbleiben?
    Ja, nein?
    Die Seitentüren öffneten sich. Zwei Männer mit flinken Augen traten ein – Sicherheitsbeamte des Secret Service -, gefolgt von einem halben Dutzend Männer und Frauen in Anzügen oder Uniformen, die mit bedeutenden Ehrenzeichen, Orden und Medaillen geschmückt waren. Lucy erkannte ein paar hohe Tiere aus Washington und New York City, wenngleich die Offiziere aus dem Pentagon ihr mehr zusagten, denn sie waren in der Welt groß geworden, die Lucy zu einem Teil ihres Lebens gemacht hatte.
    Die ermüdende Debatte in ihrem Innern dauerte an.
    Ja, nein …
    Die Wahrheit... Was ist die Wahrheit?
    Als alle Platz genommen hatten, sprach ein General aus New Jersey einige Grußworte und stellte einen selbstsicheren, gut aussehenden Mann in dunkelblauer Uniform vor. General Roger Paulin, der Chef des amerikanischen Generalstabs, stand auf und ging zum Mikrofon.
    Paulin nickte seinem Vorredner und dann

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