Geht's noch?
schon, mein Schatz, zeig mir, wo du dich die ganze Zeit versteckt hast.« Cassandra drehte sich um
und zog an Ropers Arm, wodurch sie ihn zwang, mit ihr fortzugehen.
Amy warf einen Blick auf ihre Uhr, bevor sie Roper ansah. »Du hast in zehn Minuten einen Termin beim Physiotherapeuten«, erinnerte sie ihn.
Cassandra stieß einen erschöpften und frustrierten Seufzer aus. »Deinen Physiotherapeuten hast du wahrscheinlich jeden Tag gesehen, während ich in den vergangenen zwei Wochen keine fünf Minuten mit dir verbringen konnte. Ich wusste nicht einmal, wo du zu finden warst. Da wirst du doch bestimmt diesen einen Termin einmal ausfallen lassen können, damit wir Zeit haben, uns ein wenig auszutauschen und ich dir erzählen kann, was alles passiert ist. Du kannst dir ja gar nicht vorstellen, was Harrison und dieser schreckliche Yank Morgan mit mir angestellt haben.«
Amy biss sich auf die Zunge, um der Primadonna nicht ins Gesicht zu sagen, dass sie gar nicht verdiente, was Yank und Harrison für sie getan hatten. Sie hatten sie dazu gebracht, die Rolle anzunehmen, die sie wieder ins Licht der Öffentlichkeit rückte, ihr einen Haufen Geld einbrachte und die ihr ein Gefühl für die eigene Persönlichkeit zurückgeben würde.
Nein, dachte Amy, während sie beobachtete, wie sie ihren Sohn dirigierte, so viel Fürsorge hatte sie nicht verdient. Es war an der Zeit, dass sie erwachsen wurde. Aber Amy erwartete nicht, dass Cassandra Lee dies schon jetzt verstehen würde. Schon jetzt erwartete Amy jedoch, dass Roper seiner Mutter die Lage klarmachen
würde. Während seines Aufenthalts hier hatten sein Geist und sein Körper zweifellos ausreichend Zeit und Muße gehabt, um zu wissen, was jetzt getan werden musste. Zweifellos verstand er inzwischen, dass seine Mutter diese Verweigerung von ihm jetzt brauchte, um ihr eigenes Leben wieder auf die Reihe zu bekommen.
Er hatte gewisse Grundregeln in seiner Familie festzulegen, und dies hier war der ultimative Test.
»John?«, fragte seine Mutter.
Ja, John, wofür entscheidest du dich? , überlegte Amy, sagte aber nichts. Sie verschränkte die Arme vor ihrer Brust und wartete darauf, dass er sich entschied – Physiotherapie und seine Karriere oder den Wünschen und Launen seiner Mutter nachgeben.
Noch nie in seinem Leben hatte sich Roper so hin-und hergerissen gefühlt. Noch nie war es vorgekommen, dass er eine Bitte seiner Mutter ignoriert hätte. Nach der Trennung von seinem Vater und später, als der Vater von Sabrina und Ben sich endgültig aus dem Staub gemacht hatte, war sie der große Halt in seinem Leben gewesen. Mit den Jahren hatte er dann immer stärker die Verantwortung für den Familienhaushalt übernommen und war diese Rolle anschließend nicht mehr losgeworden.
Zu seiner Überraschung ärgerte ihn aber nun ihre Einmischung in die positive Entwicklung, die er hinsichtlich seiner Reha, seiner mentalen Einstellung und in Bezug auf Amy gemacht hatte. Wie sie ihn jedoch
jetzt mit Verzweiflung und Angst in ihren Augen und ihrer Stimme anflehte, wusste er nicht, wie er sie zurückweisen konnte.
Er musste es ihr natürlich erklären, musste vielleicht damit beginnen, nach und nach Regeln einzuführen, an die sie sich zu halten hatte, aber er konnte ihr nicht einfach Knall auf Fall die kalte Schulter zeigen.
Beide Frauen warteten. Er wollte sie beide nicht enttäuschen. Denn er liebte sie beide.
Er liebte sie beide.
Was hieß, dass er Amy liebte.
Verfluchter Mist.
Bei dieser plötzlichen, wenn auch nicht ganz unerwarteten Erkenntnis lief sein Körper heiß, und seine Handflächen begannen zu schwitzen.
Er brauchte Zeit, um diese neue Entwicklung zu verarbeiten, und ebenso brauchte er Zeit, um seiner Mutter schonend beizubringen, wie die Dinge künftig zwischen ihnen beiden geregelt sein würden.
»Ich werde diesen einen Termin ausfallen lassen und mit meiner Mutter reden«, sagte er zu Amy. Er sah ihr in die Augen und flehte sie stumm an, Verständnis aufzubringen für die Entscheidung, die er gefällt hatte.
Ein Ausdruck grenzenloser Enttäuschung huschte über ihr Gesicht. »Ich habe noch ein paar Dinge auf meinem Zimmer zu erledigen.« Sie drehte sich um und ging davon.
Sein Magen sackte eine Etage tiefer, aber er würde es ihr schon erklären können, wenn sie später am Abend allein sein würden.
Wenn sie immer zu verstehen schien, was er wollte und was er brauchte.
Und er brauchte sie.
»Ich habe es so satt«, sagte Amy, während sie ihre
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