Geht's noch?
vor sieben hier sein und jetzt haben wir erst halb vier, also mach’s dir ruhig gemütlich. Du kannst ja später noch einmal in ein hübsches, unzerknittertes, repräsentables Outfit wechseln.«
Amy seufzte. »Ich werde mich später darum kümmern, was ich für Buckley anziehen werde. Zuerst werden wir miteinander reden. Nur wir drei, also setzt euch. Bitte.« Sie deutete auf die kleine Couchecke.
Ihre Mutter und ihre Tante tauschten vor Amys Ansprache besorgte Blicke aus und nahmen dann Platz.
Amys setzte sich zwischen sie. »Ihr wisst doch beide, wie gern ich euch hab, stimmt’s?«
»Wir haben dich auch gern«, erwiderten sie unisono.
Amy schluckte schwer. »Was ist sagen werde, fällt mir nicht leicht, aber es muss gesagt werden.« Ihre Nervosität stieg, und sie begann mit den Handflächen über ihre Hosenbeine zu reiben. Sie liebte diese beiden Frauen mehr als alles andere. Sie hatten sie großgezogen, hatten sie abgöttisch geliebt, und die gleichen Gefühle empfand sie ihnen gegenüber.
Sie fabrizierten außerdem mehr Ärger, als man es zwei 1,55 m großen Frauen eigentlich zutrauen sollte. Amy liebte sie wegen ihrer Schrullen und Verrücktheiten, aber für sie war es unbedingt notwendig, dass die beiden ihre Aktivitäten auf Florida beschränkten. Weit weg von Amy – mit Ausnahme von angekündigten Besuchen unter Aufsicht.
»Ich bin froh, dass ihr zu Besuch gekommen seid, denn ich habe euch beide wirklich vermisst.«
»Wir sind auch froh. Es war bislang richtig lustig«, sagte ihre Tante Darla.
»Was ist los? Du wirkst so niedergeschlagen.« Ihre Mutter legte ihre Hand auf Amys Schulter.
Rose hatte ihre Tochter immer verstanden, da machte die Situation jetzt keinen Unterschied. Doch so leid es Amy auch tat, sie würde ihrer Mutter nun das Herz brechen müssen. »Mom, sofern du es noch nicht bemerkt haben solltest, aber mein Leben ist derzeit ein wenig hektisch.«
»Weshalb es gerade gut ist, dass deine Tante und ich hier sind, richtig?« Ihre Mutter sah sie mit ihren großen, flehenden Augen an.
Amy atmete tief ein. Jetzt oder nie, dachte sie. Sie mochte nicht fähig gewesen sein, für ihre Beziehung mit Roper zu kämpfen, eine Entwicklung, die sie noch nicht hatte analysieren können, da sie seitdem nie ungestört gewesen war, aber jetzt auf einmal war sie bereit, für sich selbst und ihre eigene Zukunft zu kämpfen.
Sie beugte sich nach vorn. »Es ist nicht wirklich gut, dass ihr zurzeit hier seid, Mom.«
»Was meinst du damit?«, fragte sie und ihre Stimme klang gekränkt.
»Ich bin nach New York gegangen, um auf eigenen Beinen zu stehen«, sagte sie und sah zu dem Regal, auf das sie ihre liebsten Erinnerungsstücke gestellt hatte. »Ich dachte, mir würde das auch gelingen, aber wie sich herausstellte, bin ich bloß vor den Dingen davongelaufen«, sagte sie mehr zu sich selbst als zu ihnen.
»Ich verstehe nicht«, meinte ihre Mutter. »Darla, verstehst du, was Amy sagt?«
Ihre Tante schüttelte den Kopf. »Nein, aber ich glaube, sie tut es, und allein darauf kommt es an.«
»Ich habe Florida verlassen, um mir ein Leben aufzubauen, aber stattdessen laufe ich weiterhin vor dem Leben davon«, sagte sie, und beim Sprechen wurde ihre Erkenntnis immer klarer.
Sie hatte viele Meilen zwischen sich und ihre Familie gebracht, aber in Wirklichkeit war sie gar nicht vor ihr weggelaufen, sondern vor sich selbst. Es wurde Zeit, dem ein Ende zu bereiten. Zeit, sich mit ihrer Vergangenheit auseinanderzusetzen und ihre Zukunft freudig zu begrüßen – eine Zukunft, die Roper einschloss.
»Ich wollte nie etwas anderes, als dass du und Dad stolz auf mich seid«, begann Amy die ersten Schritte zu gehen.
»Das bin ich. Und er wäre es auch. Er ist es. Sieh dich doch nur an, so ein bezauberndes Mädchen.«
Amy lächelte. »Es ist nett, dass du das sagst, aber glaubst du nicht auch, dieser ganze Mist mit den Fotografen, diese Nacktfotos …« Sie schüttelte den Kopf. »Er wäre entsetzt.«
»Entsetzt über die Leute, die dir das angetan haben, ja. Aber nicht über dich! Er liebte Menschen mit Mumm in den Knochen. Was meinst du denn, warum er mich geheiratet hat? Ich war mit achtzehn dieselbe verrückte Frau, die ich heute bin. Und ich weigere mich, über mein Alter zu reden, also frag erst gar nicht danach.«
Tante Darla öffnete ihren Mund, aber Rose bedachte sie mit einem Blick, der eindeutig sagte: »Untersteh dich.«
Ihre Schwester schloss den Mund wieder, ohne ein Wort zu sagen.
Amy
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