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Geier (German Edition)

Geier (German Edition)

Titel: Geier (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter J. Kraus
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sich liegen, in der sie lustlos blätterte.
    „Bist du Ingenieurin?" wollte ich wissen.
    Sie hob die Schultern und streckte ihre Handflächen nach oben. „Was sonst in diesem gottverlassenen Kaff? Obwohl ich mit der Ausstattung immer auf Bedienung zurückfallen kann." Was ich nur stumm bestätigen konnte.
     
    Der Kaffee war so heiß wie es INGA gerne wäre. Ich trank die erste Tasse auf die schnelle und ließ wieder nachfüllen. Meine Sitznachbarin streckte ihre leere Tasse auch hin.
     
    „Irgendwas mit Erdbeben?" fragte ich.
    Sie nickte. „U.S.Geologic Survey – wir sind hier stationiert. Ganzjährig, was einem auf den Keks gehen kann."
    „Kann ich mir denken. Stimmt eigentlich, dass Parkfield die seismisch aktivste Gegend Amerikas ist?"
    „Nicht unbedingt Amerikas – es gibt noch einige Landstriche, die ebenso aktiv sind, aber weniger gut eingeführt. Die Presse stürzt sich immer dann auf Parkfield, wenn das Thema Erdbeben aktuell ist. Weil der San Andreas Graben mitten durchs Dorf führt, weil Parkfield genau zwischen San Francisco und Los Angeles liegt, und weil kein Mensch freiwillig nach New Madrid in Missouri fährt, wo das stärkste je gemessene Beben Nordamerikas den Mississippi minutenlang bergauf laufen ließ. Also ist Parkfield richtig berühmt."
    Sie war nett. Hübsch und nett. Mein Baujahr ungefähr. Bisschen knuddelig, aber ich stand noch nie auf extrem dünn. Nochmal good morning, Mister Gutman. Vielleicht lässt sich was machen.
    „Wie viele Erdbeben messt ihr denn hier so im Jahr?"
    „Dreißigtausend in ganz Kalifornien, etwa ein Drittel hier im Gebiet."
    „Zehntausend Erdbeben? Dreißig am Tag?"
    „Klar. Die meisten spürt man nicht, aber es sind Erdbewegungen. Knapp hundert sind echte Wackler. Weil Parkfield so aktiv ist und deshalb hier eines Tages eine dokumentierte Erdbebenvorhersage möglich sein wird, sind wir hier."
    Mein lieber Mann! Kein Wunder, dass das Dorf einen verlassenen Eindruck macht. Wer will sich schon dauernd durchschütteln lassen?
    „Am Ortseingang bin ich sehr vorsichtig über eine schief stehende Brücke gefahren, deren Beton sichtbar bröckelt. Vom Erdbeben?"
    Ja. „In den vergangenen fünfzehn Jahren haben sich die beiden tektonischen Platten um etwas über siebzehn Zentimeter gegeneinander verschoben. An alten Weidezäunen kann man´s sehen. Die werden alle paar Jahre von den Ranchern mit Draht und Holzpfählen wieder aneinander gepasst. Ein Eldorado für Landvermesser - hier werden Grundstücksgrenzen dauernd neu gezogen."
    Nicht zu fassen! Und ich meinte immer, wir Kalifornier hätten außer Tod, Steuern und dem Elektrizitätsmonopol nichts zu fürchten.
     
    "Zäune", erzählte sie etwas gelangweilt weiter, "die den San Andreas Graben überqueren, sind alle in Nordsüdrichtung geflickt, ganz alte um Meter versetzt. Weil die sich nordwärts bewegende Pazifische Platte genau hier gegen die südwestlich gerichtete Nordamerikanische Platte schabt. Das 1966er Beben zerriss den Highway und versetzte den westlichen Teil um zehn Zentimeter, das von 2004 versetzte die Brücke um etwa zwanzig Zentimeter."
    Wow. Man weiß wirklich nicht, was um einen herum alles passiert. Und hübsch war sie auch. Oder habe ich das schon erwähnt?
    Wir tranken unseren Kaffee in aller Frühmorgenruhe. Sie hieß Cherie, was sie Cherry aussprach. Ich hieß Jon. Fuhr mir so raus, und ich hätte mir die Zunge abbeißen können, aber was soll´s. Passiert ist passiert.
    Als sie aufstand, legte ich auch Trinkgeld neben die Kaffeetasse und schälte meinen Hintern vom Hocker. Wir gingen hintereinander durch die Kneipe, was hier wohl als Sensation aufgefasst wurde, denn kaum hatte sie ihre Füße auf den Boden gestellt, als Totenstille einkehrte. Sie marschierte tapfer durch die Gaffer. Ich hielt ihr die Tür auf, wofür sie sich mit einem feinen Kopfnicken bedankte. Wir gingen nebeneinander über den Parkplatz.
    „Ich muss meine Instrumentenrunde machen – und anschließend habe ich eigentlich nicht viel zu tun. Kommst du mit? Kann ich dir zeigen, was wir hier so machen. Ist ganz interessant.”
    Folgt auf Blitz Donner? Ist der Papst katholisch? Scheißt der Bär im Wald? Natürlich kam ich mit.
    Ich ließ den Jeep stehen und stieg zu ihr ins Auto. Sie hatte einen kleinen Japaner, von dem sie behauptete, der ginge hin, wo ein Jeep schlappmacht. Nun habe ich ja keine Markentreue zu einem Auto, das mir nicht gehört und das ich seit nichtmal einem Tag fahre, aber das bezweifelte ich

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