Geier (German Edition)
sonst hätte er mich mit jeder betrogen.“
„Und du lässt ihn monatelang weg?“ Sachen gibt´s.
„Leider hatte Harold einen kleinen Zwischenfall. Einer seiner Studenten hat ihm den Apparat geknickt – der war wohl etwas weniger breitärschig, als sich unser Harold das gewünscht hatte. Und prompt brach ihm der Schwengel. Hast du nicht gewusst, dass das Ding abbrechen kann, was?“ lachte sie. „Heißt Penisfraktur, findet meist mit einem Knall statt und ist ausgemacht schmerzhaft. Harold sagt, er läuft blau an und füllt sich schlagartig mit Blut. Dann sollte man ihn fest umfassen, kühlen, und hoffen, dass der Arzt bald kommt. Und sich auskennt. Seiner kannte sich nicht aus.“
Ich war wieder empört. Erst über den Ehemann auspacken, und dann solche Schauermärchen. Doch sie schwor, es sei die reine Wahrheit. Seither ist Harold wohl nicht mehr begeistert, weder von ihr noch von anderen Lebewesen. Seither, sagt sie, führen Harold und sie eine Musterehe, sind ein Herz und eine Seele, und wenn Harold nicht zu Hause ist, holt sich Cherie was fürs Herz. Ohne dass sich Komplikationen einstellen. Manchmal, grinste sie, nehme sie die action im Bett auf und schaue sich das mit Harold zusammen an. Das mag er am liebsten.
„Mit mir etwa auch?“
„Ach was, Kleiner. Dich liebe ich, aus dir mache ich doch keinen Pornostar.“ Sie griff meine Hand und führte sie zur Nachttischlampe. „Mach die Lampe mal an“, befahl sie. Ich knipste den winzigen Schalter und das Licht leuchtete grell. Sie zeigte in die Zimmerecke, wo hinter einer Hängepflanze unter der Decke ein winziges rotes Lämpchen glühte. Dann schnappte sie die Fernbedienung, und der Fernseher wurde hell. Mitten im Bild lag sie, ich daneben, mit einer Weitwinkelkamera von schräg oben aufgenommen. Genau von dort, wo das Lichtlein blinkte. Du kriegst die Tür nicht zu.
„Also bin ich so eine Art lebender Dildo?“
Sie lachte schallend. „Du nicht, Herz. Aber ich habe schon einige lebende Dildos ausprobiert. Nach dem ersten Mal nicht mehr zu gebrauchen, die meisten Herren Dildo. Auch nicht fürs Showbusiness.“ Sie beugte sich zu mir rüber und pflanzte einen Kuss auf das zum Gesprächsobjekt hochstilisierte Würstchen.
Was das Würstchen und mich sofort wieder ein wenig aufrichtete.
29 Information, please
Sie musste wieder früh raus, und sie lud mich ein, mit ihr im Café zu frühstücken. Was ich gern tat.
„Meinst du, ich könnte von dir aus noch ein paar Anrufe machen?“
„Klar – keine Frage. Wenn ich nachher meine Runde mache, kannst du gern ins Haus und soviel telefonieren, wie du willst. Ich komme gegen eins wieder, wie gestern. Wenn du noch da bist, können wir gern was essen gehen – oder wieder grillen.“
Gut. Also gingen wir erst ins Café hinüber und bestellten Kaffee. Heute hatte die Kaugummiqueen frei, und ihre Kollegin sah ausgesprochen sauber und adrett aus. Ich bestellte das Hungry Man-Frühstück, mit Eiern und Speck, Toast, Butter und Marmelade, Corn Flakes und Milch. Wenn das nicht vorhielt.
Sie fragte mich, was ich beruflich so mache. Ich sagte ihr, dass ich bisher Radiofritze war, aber gerade dabei sei, mir was neues zu suchen. Was sie nicht sonderlich interessierte.
„Und du bist schon immer Erdbebenforscherin gewesen?“
„Bin ich. Außer Bedienung und Kinoplatzanweiserin während des Studiums nie was anderes gearbeitet.“
„Und – würdest du nicht gern was anderes machen?“
Sie schaute mich verständnislos an. „Nein. Ich bin doch auf Erdbeben spezialisiert. Was soll ich denn anderes machen? Lehren? Dazu habe ich keine Lust. Und das wär´s dann schon mit der Auswahl.“
„Nein, nein, ich meine was ganz anderes. Einen Geschenkwarenladen führen oder eine Kneipe aufmachen. Wissenschaftliche Artikel schreiben oder Reisebegleiterin werden. So was. Irgendwas, woran du Spaß hast.“
Das war ihr zu hoch. Sie schüttelte den Kopf und kräuselte ihre Mundwinkel. Was soviel hieß wie „bist süß, aber dämlich“, wie ich erfahren hatte. Womit also mein Small-Talk-Versuch gestrandet wäre. Ich legte Geld auf den Tresen und stand auf.
„Bis heute Mittag. Ich gehe jetzt ein bisschen Telefonieren, und dann koche ich uns irgendwas Hübsches. Und heute Nachmittag fahre ich weiter.“
Sie versprach, um eins wieder zu Hause zu sein.
Der Jeep sprang gleich an, was mich wunderte. Ich habe sonst Ärger mit alten Autos. Ich ließ ihn eine Minute warmlaufen, schob den ersten Gang
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