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Geier (German Edition)

Geier (German Edition)

Titel: Geier (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter J. Kraus
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und brummten Richtung King City.
    „Da gibt´s das tollste Barbacoa aller Zeiten – mexikanisches Barbecue, Wahnsinnssachen vom Grill, von Illegalen für Illegale. Ihr werdet sehen.“
     
    Der Freeway war fast verlassen, als wir die vierzig Meilen nach Norden fuhren. Dreißigtonner donnerten über die Betonplatten des alten Highway. Die sind Tag und Nacht unterwegs. Deren Fahrer legen mit Glück die gesetzlich geregelten Pausen ein, es sei denn, sie haben es eilig. Sie werden nach gefahrenen Meilen bezahlt, haben verbindliche Termine einzuhalten und sind meist dazu noch selbstständig. Da wird durchgefahren. Mithilfe kleiner weißer Pillen. Bennies, Benzedrin. Im Prinzip das gleiche Zeug, wie es von Moreno verscheuert wird. Speed. Wachbleiber.
    Wir bogen rechts auf Mesa Verde Road ab und fuhren zehn Minuten über staubige Verbindungssträßchen. Eine schmale Spur führte um einen Hügel, und dort, von der Straße nicht einzusehen, standen ein Farmhaus, eine kleine, tribünenumgebene Arena, die offensichtlich für verbotene Stierkämpfe benutzt wurde, und ein Palmenhain, in dessen Schatten ein lang gestrecktes Bunkhouse, eine Cowboy-Schlafbaracke, stand.
    An Picknicktischen saßen Mexikaner mit Cowboyhüten auf dem Kopf und gewaltigen Fleischportionen auf dem Pappteller. Frauen kochten, Kinder spielten, Hunde bellten. Einige der Herren winkten freundlich, als sie Ignacio erkannten. Der freute sich und winkte kräftig zurück.
    Wir stellten den Käfer neben einer trockenen, braun gewordenen Weide ab und schlenderten zur Fete hinüber. Ignacio zupfte seine Soutane zurecht, machte sein Kirchengesicht und badete förmlich in der Menge. Von überall kamen sie, knicksten, hielten ihm Kleinkinder hin. Männer nahmen den Sombrero ab und näherten sich schüchtern, steckten dem Bruder Geldscheine zu, bekreuzigten sich und schienen sehr zufrieden, dass die Feier nun unter höherem Schutz stand.
    Wir wurden zu einem Tisch am Kopfende des Geschehens geführt. Eine Damastdecke wurde für unseren Teil des Tisches gebracht, glatt gestrichen, Servietten und Porzellan, Silberbesteck und Gläser erschienen, und aus dem Picknick wurde ein Abendessen.
     
    Das Barbacoa war wirklich sagenhaft. Hauptsächlich Rind, Stücke vom Ochsen, der sich über einem gewaltigen Feld glühender Holzkohle kaum merklich drehte, aber auch Köstliches von einem in Palmenblätter eingewickelten Schwein, das im Morgengrauen frisch geschlachtet in einer Grube, auf rot glühendem Lavagestein gebettet, zugeschüttet wurde und erst vor Minuten wieder ausgegraben – saftig durchgebacken, mundwässernd duftend, nach altem Inkarezept zubereitet und von den Hawaiianern ebenfalls für sich reklamiert. Als Luau. Wie man es auch nennen wollte, es war sagenhaft. Noch nie ein solch schmackhaftes Luau gegessen. Unglaublich.
    „Ihr müsst euch ans richtige mexikanische Essen gewöhnen, wenn ihr dorthin wollt. Nicht Burritos und Tacos, sondern so was.“ Ignacio war in seinem Element.
    „Bist du Latino?“
    „Na, klar doch. Seit wann heißen Anglos Ignacio?“
    Ich hatte mich schon ein paarmal über sein ausgezeichnetes Spanisch gewundert. Wir sprechen alle etwas Spanisch in Kalifornien, aber seines klang nicht wie verhunztes Englisch. Er hatte die richtige Aussprache intus, konnte deklinieren, und die unzähligen unregelmäßigen Verben, deren Fehlen meinem Spanisch etwas Kleinkindhaftes gab, machten ihm nicht die geringste Schwierigkeit. Natürlich hilft, dass zwei Drittel seiner katholischen Schäfchen mexikanischer Herkunft sind. Da kommt der Priester nicht mehr ohne Umgangsspanisch aus.
    „Woher?“ fragt man bei uns eigentlich nicht, aber mich interessierte, woher er stammte. Wer weiß, ob wir nicht in die Nähe seiner alten Heimat ziehen?
    „Monterey“, sagte er mit vollen Backen
    „Monterrey im Bundesstaat Nuevo Leon in Mexiko?“
    „Nee, Monterey im Bundesstaat Kalifornien, in den USA“, lachte er und stopfte sich.
    Deshalb fragt man bei uns lieber nicht.
     
    Diese Flussebene in der kalifornischen Prärie war bei Sonnenuntergang noch immer bestialisch heiß. Ich schwitzte über meinem Teller, futterte, trank, nickte nach links und rechts und schwitzte noch mehr. Was das Zeug hielt. Rick ebenso. „Wir werden tolle Mexikaner sein, was?“
    Er nickte. Nicht sehr begeistert. „Muffe?“ Er schaute mich nur an. „Klar“, sagte er. „Du etwa nicht?“
    Logisch. Aber nicht vor der Hitze.
     
    Ich glaube, ich habe selten so gefuttert wie an dem Abend

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