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Geier (German Edition)

Geier (German Edition)

Titel: Geier (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter J. Kraus
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unter Palmen, mit dem Schwein aus der Grube und dem Ochsen am Spieß. Als die Sonne endlich unterging, stöpselte sich eine mexikanische Band in ihre Elektronik ein und spielte Norteños.
    Dann wurden die Torten aufgetischt – grellbunt wie die Christbaumlampen, die in Girlanden von den Dachtraufen der Farmgebäude hingen. Rosa und hellblauer Tortenguss, weißer und gelber, irisches Frühlingsgrün und Herzeblutrot. Violett in allen Schattierungen der Mischfarbe, irgendjemand hatte ein kreatives graubraun dazugepanscht. Manche Bäckerin hatte Art-déco Farbgebung bevorzugt – gedämpft stieß auf neonaufdringlich, Primärfarben komplementierten Ausgebleichtes, und über der ganzen daheim gebackenen, mitgebrachten Pracht hing eine halszuschnürende Süßigkeit.
    Das ist genau mein Ding – ich bin schließlich mit Valentine Twinkies groß geworden, katzenkopfgroßen, sahnegefüllten Kugeln, in schweinchenrosa gefärbten Kokosraspeln gewälzt und garantiert, die Kehle zuzukleben.
    Ich trank mannhaft Rotwein zur Torte und konnte nach dem vierten Glas und ebensovielten Stück nicht mehr sagen, ob ich nun zuerst kotzen oder scheißen soll. Ich wankte zum Klo und tat beides.
    Danach ging´s mir schon besser. Die hübsche, mollige Wirtin hatte sich meine Abwesenheit zunutze gemacht und sich neben den Priester gesetzt. Dem erzählte sie das Neueste, was er aufmerksam anhörte und sich sogar gelegentlich Notizen machte.
    “King City gehört noch zu unserem Kirchenkreis. Ich bin also recht oft hier oben, denn man kann diesen Menschen kaum zumuten, an ihrem einzigen freien Tag in der Woche vierzig Meilen zur Kirche und vierzig wieder nach Hause zu fahren. Da ist es immer gut, wenn man das Aktuelle aus dem Leben seiner Schäfchen erfährt.”
    Er sah aus wie ein Kirchenmann aus dem Bilderbuch. Die Soutane spannte über dem Bauch, die Hände hatte er gefaltet, sich in den Stuhl zurückgelehnt, und er lächelte das angedeutete Berufslächeln des Vertrauensheischenden. Wie ein Nachrichtensprecher, Bankvorstand oder Großbetrüger.
     
    Ich bin, wie man sicher schon vermutet, kein ausgesprochen religiöser Mensch. Obwohl ich natürlich zu Ignacio eine ganz besondere Beziehung hatte. Aber die hatte nichts mit organisierter Religion oder ihren Riten zu tun.
     
    Die Besitzerin dieses Etablissements wollte wissen, ob Rick und ich auch Padres seien. Als ich verneinte, hoffte sie doch, dass wir wenigstens Practicantes sind, regelmäßige Kirchgänger. “Si”, nickte Bruder Ignacio, “son practicantes.” Worauf wir in den Kreis gottesfürchtiger Freunde des Hauses aufgenommen wurden.
    Sie sagte dem Padre irgendetwas Kompliziertes, mit vielen “es sei denns” und “im Falle dass”, worauf Ignacio übersetzte. “Señora Gutierrez bietet ihr Fremdenzimmer an, falls einer oder beide der Herren ein paar Tage auf dem Land wohnen wollen. Was sie natürlich mir zuliebe tut. Die Gute deutet schon die ganze Zeit zart an, dass ihre nächste, überfällige Beichte ein paar dicke Klopse beinhaltet.”
    Ich schaute Rick an, der mich. “Klar – wenn Rick bis Donnerstag hierbleiben könnte, wäre uns sehr geholfen. Fragst du sie mal?”
    Was er tat. Sie hüpfte erfreut auf und umarmte Rick. Dann zog sie ihn zum Haupthaus.
    “Mann, wenn alles so reibungslos liefe! Das ist ja ein sagenhafter Glücksfall.” Ich war begeistert. Er hätte sonst in der Mission schlafen müssen, und das war mir peinlich. Man kann sich als Gast viel zu schnell unbeliebt machen, vor allem dadurch, dass man mehr Gäste anschleppt.
    “Willst du noch einen sagenhaften Glücksfall?” Er grinste mich an.
    “Klar.” Was kann ich dabei verlieren?
    Ignacio schaute zum Nachbartisch hinüber, und als der, den er aufmerksam machen wollte, beharrlich wegschaute, zeigte er auf ihn. Ein Tischnachbar klopfte dem Cowboyhutträger auf die Schulter und deutete mit dem Kinn auf uns.
    Der Typ zog seinen Hut fester auf die Ohren, schwang die Cowboystiefel über die Sitzbank und stand auf langen Beinen, die durch die Röhrenjeans noch dürrer aussahen. Er zentrierte seine untertassengroße, aus massivem Silber gearbeitete Gürtelschnalle, steckte beide Daumen über den Gürtel und schaukelte zu uns herüber.
    “Sieht aus wie John Wayne in seinen Anfangsjahren.”
    “So schießt er auch, wenn man seinen Freunden glauben kann.”
    Der Mensch ließ sich neben den Franziskaner plumpsen und murmelte ein trotziges “Padre?”
    “Cutberto, ich brauche für meinen Freund einen

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