Geier (German Edition)
Onlinebanken, auf die wir uns geeinigt hatten. Irgendwann kurz vor Mitternacht würde ich vier oder fünf Konten gleichzeitig beantragen, würde morgen Geld darauf überweisen – wenn Misty die Kohle rüberschob würde das kein Problem werden, wenn nicht, mussten wir uns was einfallen lassen.
Im Notfall wusste ich ja, wo ich auf die Schnelle Bares herbekam. Obwohl das die Sache erheblich komplizieren würde. Das Bargeld könnte ja nicht überwiesen werden, sondern müsste zeitraubend bei Postämtern und Finanzdienstleistern einbezahlt werden – jeweils in Beträgen, die deutlich unter zehntausend Dollar pro Transaktion lagen, denn ab zehn Mille besteht Meldepflicht sowohl für das überweisende Geldinstitut wie die Empfängerbank. Keine gute Aussicht. Die allerletzte Notlösung, also.
Ich konnte mir kaum vorstellen, Jeffs sorgfältig verbuddelte Kisten auszurauben. Jetzt noch nicht. Was würden wir tun, wenn er´s spitzbekäme? Dann wäre es aus mit der großen Kohle. Dann müsste genügen, was wir dort im Garten geholt hatten. Und das war ein viel zu geringer Preis für meinen notgedrungenen Verzicht auf mein bisheriges Leben. Das reichte bei Weitem nicht.
Die Mistyeinzahlungen würden Vertrauen schaffend einige Tage auf den neuen Konten liegen, bis ich am Donnerstag begann, sie auf “richtige” Banken zu verteilen. Überweisungen nach Liechtenstein, auf die Bahamas und eventuell sogar in die Ukraine. Die Bank in Kiew wollte ich allerdings gern vermeiden, denn ich traute den Brüdern nicht. Zeitlebens wurde mit Angst gemacht vor der Roten Horde, und nun soll ich den Commies noch Geld schicken?
Und am Montag würde wieder eine Überweisungsrunde stattfinden. Erst von einigen fremden Konten auf unsere Onlinekonten, von dort auf “feste” Auslandskonten, dann auf wieder andere. Zwischendurch passierte das Geld sogenannte blind accounts, Sammelkonten bei ganz bestimmten Instituten, die darauf spezialisiert waren, die Herkunft des Geldes unkenntlich zu machen. Was ein Schweinegeld kostete, aber was ist im Leben schon umsonst?
Sammy Sheerstein hatte uns die Transferbanken besorgt, hatte den Weg aufgezeichnet, den das Geld nehmen würde, und würde als Mittelsmann einen schönen Batzen verdienen. Ich bin ja von Natur aus ein Geizhals, und mir stank furchtbar, dass einer für das bisschen Arbeit so viel Geld bekommen würde, aber ohne Sammy hätte unser Geldtransfer nicht geklappt. Jedenfalls nicht spurlos. Und das war wichtig. Wenn wir nicht in ein paar Jahren aus dem Schlaf geschüttelt werden und in FBI-Kanonen gucken wollten. Das war die zwanzig Prozent Gesamtprovision schon wert.
Ich verbrachte also den Vormittag mit Tagträumen zwischen richtiger Arbeit, sonnte mich äußerlich am Waldrand und innerlich im Gedanken an das viele Geld und die Freiheit, es auf den Kopf zu hauen. Die Konten sahen in Ordnung aus, die Auskünfte über die Banken auch, und für sonstige Aktionen war die Zeit noch nicht reif. Also schloss ich die entsprechenden Seiten wieder, holte meinen Kopfhörer mit dem Winzelmikro aus der Tragetasche, feuerte die Telefonsoftware an und wählte Mistys Nummer.
“Na, meine Süße, was machen die Geschäfte?” So einen dämlichen Spruch hatte ich schon lange nicht mehr losgelassen.
“Du solltest dich schämen, mir mit solchen Vertretersprüchen zu kommen.” Sie hatte recht. Das sagte ich ihr auch.
“Was meinst du zum Slot Canyon. Wenn ich um sechs dort bin?”
“Du meinst, wo wir kürzlich…..?” Man hörte selbst über die miese Internetleitung ihre Begeisterung.
“Genau. Wenn du mich heute etwas freundlicher behandelst, könnten wir uns ja ein wenig austauschen.”
“Flüssigkeiten?”
“Ja, auch Flüssigkeiten. Wenn du welche in der Flasche mitbringst, bringe ich welche im Beutel.”
“Um sechs.”
“Um sechs.”
Na ja. Denn mal. Ich glaubte nicht, dass sie abgehört wurde. Und wenn, war unser Geplänkel reichlich unverständlich. Wie die vielen Anrufe, die an ihre Adresse gingen, die alle etwas kryptisch waren. Die aber alle mit Sex zu tun hatten.
Ich ging also gemächlich zur Mission zurück. Die Messe war gerade vorüber, der Parkplatz voller Leute, die sich alle noch voneinander verabschieden mussten, die den Priestern hinterherliefen um noch das eine oder andere Wichtige zu sagen, die sich einfach freuten, unter so vielen ihresgleichen zu sein. Wenn es auch nur einmal die Woche war. Vielleicht deswegen.
Ich packte ein frisches Hemd, Socken und Unterhosen in
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