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Geier (German Edition)

Geier (German Edition)

Titel: Geier (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter J. Kraus
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noch verwirbelt. Dadurch bauen sich manchmal derart monströse Brecher auf, dass Pismo seit fünfzig Jahren als idealer surf spot gilt.
    Dass Merrell hier „Wipeout“ schrieb, kann auch nicht schaden. Obwohl das die wenigsten Surfer wissen. Die meinen, der Surfhit stamme von der Gruppe The Surfaris, die damit den Durchbruch schafften. Dabei haben die den Song von Merrells Album geklaut – Merrell und the Impacts, „Wipeout“, von 1961. Was ich genau weiß; gelegentlich kommt Merrell Fankhauser ins Studio, und dann unterhalten wir uns. Der wohnt noch immer hier – oder schon wieder, wie man will. Lange saß der nämlich in einer Urwaldhütte auf Maui, mitten im Gelände, recht einsam. Und meditierte. Von den frühen Siebzigern bis zur Mitte der Achtziger.
     
    Na ja, jedenfalls bin ich bis ins Mark Surfer. Wenn ich Probleme habe, surfe ich, wo andere nur saufen. Zum Glück. Wenn ich Probleme nur wegsaufen wollte, hätte ich ein echtes Problem.
     
    Ich ging also nach meiner Sonntagssendung am Montag erst nach Hause, legte mich eine Stunde aufs Bett, und als ich dauernd über den Sonntagnachmittag in Hope Ranch nachdenken musste, stand ich auf, schnappte mein Brett und die große mexikanische Decke, meinen MP3-Spieler mit einem Haufen guter Songs drauf und lief über den Strand.
    Menschenleer war es am Meer, wie immer wochentags im Juni, und ich schlenderte wohl auf der Suche nach guten Wellen etwas weit Richtung Pismo. Mittendrin fand ich mich, vor mir der Pazifik, hinter mir die Wohnwagenparks Pismos und Strikers, und weder links noch rechts Bier in Reichweite. Also legte ich mein Zeug schön hinter eine der Dünen, deckte es mit dem Surfbrett ab, schob etwas Sand darüber und spazierte nach Pismo rein.
     
    Beim Hi-Tyd Market lief ich meinem Boss in die Arme. Der stand beim Gemüse an einen Einkaufswagen gelehnt und bequatschte eine ausgesprochen hübsche Blondine. Die war allerdings höchstens sechzehn, aber Curtie war da als Anwalt auf sich allein gestellt. Ich grüßte und wollte mich an den beiden vorbeidrücken, doch Curts Pfote schnellte heraus, griff mich am Oberarm und zog mich näher.
    „Das ist er“, meinte er zu der Kleinen, die unschuldige hellblaue Kulleraugen machte und einen O-Mund. „Wir hatten´s gerade von Ihnen“, erklärte Curt, „sie hört nachts wohl öfter zu, wenn sie nicht schlafen kann.“
    „Freut mich – hoffentlich hast du weiterhin viele Schlafstörungen.“
    Nee, meinte sie, habe sie nicht. Nur wenn sie vorm Schlafengehen zu viel Schokolade frisst. Dann hat sie nämlich immer so einen Druck, rennt aufs Klo und kann dann doch nicht, kicherte sie. Aber wenn sie danach so daliegt und mir zuhört und dabei ein bisschen an sich herumspielt, dann kann sie wieder einschlafen. Erzählte sie mit offenem, engelhaftem Gesicht.
    Ich schaute Curt an, der verschämt wegguckte.
    „Könnten Sie nachher mal bei mir vorbeikommen?“ wollte der Boss wissen. „Sagen wir, nach zwei?“
    Sicher. Nach zwei, also. Bis dahin wird er sich hoffentlich strafbar gemacht haben.
     
    Ich ging mit meinem Sixpack zum Strand zurück, frühstückte erst mal aus der Dose und legte mich in die Sonne. Gegen mittag war Flut; bis halb elf war also nichts mit Surfing.
     
    War auch gut so, denn ich verpennte die Flut. Eins war´s, als ich aufwachte. Noch mal ein Bier, und dann doch noch rein ins Wasser, obwohl die Brecher ziemlich lustlos anspülten. Es brachte nichts, also verscharrte ich wieder mein Zeug an der gleichen Düne und ging langsam hoch zum Sender.
     
    Curt war noch nicht da. Ich verbrachte die nächste halbe Stunde mit Samaritis in seiner Hotelbar. Der hatte zurzeit wieder mächtigen Durst, erzählte er, und verlegte deshalb die abendliche Trinkstunde vor. Alle sechs Monate packt´s den richtig – da dreht der voll durch, säuft, was das Zeug hält, und fällt irgendwann um. Dann liefern sie ihn ein, er trocknet einige Wochen aus, kommt mit besten Vorsätzen wieder nach Hause, und das Theater fängt von Neuem an.
    Seit drei Monaten soff er wieder, seit einer Woche richtig. Und bald war´s wohl wieder soweit, meinte er selber. Er freute sich schon wieder aufs Krankenhaus. Das ruhige Leben dort gefiel ihm; keine Gäste, die alles sofort und umsonst wollten, keine Angestellten, die sich nur drückten, keine Polizei und kein Finanzamt, die immer was zu meckern hatten. Und keine Alte, die nur noch nörgelt und quengelt. Vor lauter Vorfreude kippte der, als sei es nicht der frühe Nachmittag, sondern

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