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Geier (German Edition)

Geier (German Edition)

Titel: Geier (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter J. Kraus
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geschrieben. Hat den Zettel auf den Küchentisch gelegt und war abends um halb sechs weg, als ich heimkam. Mit meinem schönen alten Thunderbird, was ich ihr am meisten verüble. Sie hat nicht allzu viel getaugt, aber das Auto war einwandfrei, ein Klassiker.“
    „Also, dann könntest du ja mal ein paar Tage freimachen und mich in Vegas treffen. Ich will mich mit dir unterhalten, aber nicht am Telefon. Kann sein, dass wir beide davon sehr profitieren. Nicht nur zwischenmenschlich, sondern Kohle.“
    Er horchte auf. Eindeutig. „Bist du in Vegas?“
    „Bin ich. Und wenn du willst, können wir uns hier in der Stadt oder irgendwo in der Nähe treffen.“
    „Gleich morgen? Ginge das?“
    Sonnabend, also. Er kommt mit dem Mittagsflug von Santa Maria, ich hole ihn vom Flughafen ab.
     
    Misty kam kurz nach Mitternacht in die Bar. Sie hatte sich notdürftig abgeschminkt, einen Staubmantel über ihr Reisekostüm geworfen und die Haare unter einen breitkrempigen Hut gesteckt. Sie sah müde aus.
    „Wollt ihr noch was essen? Von mir aus können wir gleich nach Hause fahren.“
    „Misty, ich glaube, ich bleibe hier.“ Sie schaute mich an. „Lebensmüde?“
    Ich würde mich morgen mit einem alten Freund treffen, der mir helfen könne, die ganze Geschichte hinter mich zu bringen – und vielleicht noch was dabei für mich herauszuschlagen.
    Sie schaute skeptisch. „Und wenn dein Freund inzwischen ein besseres Angebot bekommt? Du kannst doch nicht allein auf jemanden warten, dem sich vielleicht schon einer an die Fersen geheftet hat. Kannst du gleich vergessen. Wir fahren nach Hause. Morgen früh holt dich Winston ab und ihr fahrt wieder her. Mir ist lieber, wenn er dabei ist.“ Keine Widerrede.
    Winston nickte und stand auf. Wir gingen zum Rolls und fuhren nach Kalifornien.
     

14 Rick
     
     
    Die zweimotorige Propellermaschine landete um zehn nach eins. Sie fasste nur neunzehn Passagiere, und sie war nicht mal voll belegt. Ich stand neben Winston in der Empfangshalle und blickte auf den Flugplatz. Das blau-weiß lackierte Flugzeug stand in der Nähe unseres Fensters, die Passagiere umringten den Kopiloten, der sich gerade an Gepäckraum zu schaffen machte.
    „Der im gelben Hemd. Trägt eine Ledertasche. Bekommt den Seesack gereicht.“
    „Okeh, ich sehe ihn. Also, wie abgemacht. Du wartest im Lincoln, während ich ihm die Gegend zeige.“
    Er ging zum Ankunftsgate der Pacific Coast Air Express, während ich auf den Parkplatz eilte. Der Lincoln stand im ersten Stock des Parkhauses. Ich konnte von seinem Rücksitz aus den gesamten Vorplatz überblicken.
    Minuten später traten die beiden durch die dunkelverglaste, elektrisch betriebene Ausgangstür. Winston trug einen bananenförmig gebogenen Stoffbeutel über der Schulter, Rick hatte seine Tasche in der Hand. Sie ließen sich Zeit. Der Rasta hielt nach zehn Schritten, nahm eine Zigarette aus der Tasche, drehte sich gegen den nichtvorhandenen Wind und zog den Kopf ein. Sah echt aus. Er hatte mir erst gestern erzählt, dass er außer Ganja nichts raucht. Vor allem keinen Tabak, den er als „babylonian blood clot“ verachtete.
     
    Sie standen vorm Terminal wie zwei Reisende, die auf einen dritten warten. Winston sprach und deutete nach links. Rick nahm seine Tasche auf und folgte Winston zum entfernten Parkplatz. Niemand folgte ihnen.
    Eine Viertelstunde darauf kamen sie am Auto an. Ich machte Rick von innen die Tür auf, Winston stieg vorn ein. Gemächlich bewegte sich die dunkelgraue Limousine aus dem engen Parkhaus, überquerte den breiten Platz davor und reihte sich in die Rechtsabbiegerschlange ein. Dann fuhr Winston schnell und sicher aus der Stadt hinaus.
     
    Rick genoss die Fahrt. Er stellte keine Fragen, er sprach kaum, er schaute zum Fenster hinaus und freute sich an der Wüstenlandschaft. Wir fuhren eine halbe Stunde bis Boulder City, von dort aus noch mal zehn Minuten bis zum Hoover Dam.
     
    Der gewaltige Staudamm des Colorado River ist weit und breit das einzige Zivilisationszeugnis in der Einöde Nevadas, sieht man von den Überlandleitungen ab, die von ihm ausgehen. Kahle dunkelbraune Hügel rahmen Bauwerk und Stausee ein, Bergziegen und Kojoten kümmern sich ums Überleben im kargen Revier, Wüstenschildkröten legen im Juni ganz in der Nähe des Betonklotzes ihre Eier. Nur die Touristen aus aller Welt bringen Trubel in die Einsamkeit, spazieren im Pulk zwischen Parkplätzen und Staudamm, schauen je nach Standort entweder steil nach unten oder steil

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