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Geier (German Edition)

Geier (German Edition)

Titel: Geier (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter J. Kraus
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Von dort aus schaute ich Rick zu, wie er mich vergeblich suchte und sich dann an einen der Tische vor dem Café setzte. Ich gab ihm und seinem Schatten zehn Minuten, aber da sich nichts Unvorhergesehenes ergab – keinen Anruf machte Rick, unterhielt sich mit niemandem, zog sich nicht mal am Ohrläppchen – schlenderte ich zum Café hinüber. Er schaute auf und sah mich über die Straße kommen. Ziemlich konsterniert schaute er mich an, worüber ich erschrak und schon wortlos an ihm vorbeigehen wollte, aber er rief: „Junge! Hab dich erst gar nicht erkannt. Seit wann trägst du Brille?“ Na klar. Gut so. Bisschen laut, aber in Ordnung.
    „Seit ich mich wieder regelmäßig rasiere.“
    „Und keinen Cowboyhut trägst.“ Manchmal verblüffte mich sein Humor.
     
    Der Cappucino tat gut. Trotz Styroporbecher. Wäre aus einer Ton- oder Porzellantasse noch besser gewesen, aber man kann ja nicht alles haben. Ich streckte die Beine aus, machte mir keine großen Sorgen über Stolperer, und wollte von ihm hören, was er getrieben hatte.
    „Jede Menge Telefongespräche aufgenommen, aber sie sind alle noch im Rohzustand. Ich konnte mich nicht dranmachen, weil ich einfach zu viel anderes zu tun hatte. Ich habe gute eineinhalb Stunden auf Band, und mit dem, was heute und morgen noch aufgenommen wird, dürften vier Stunden locker zusammenkommen. Aber ich habe dir schon mal eine Probe auf USB-Stick gezogen.“ Er strahlte und holte so ein winziges Wunder aus der Hosentasche. Ich steckte es ein.
    „Spitze. Meinst du, da ist Brauchbares dabei?“
    „Nicht nur Brauchbares – Sagenhaftes. Wie man so sorglos mit seinem Telefon umgehen kann, ist mir schleierhaft. Die reden davon, dich umzubringen. Kaum verhüllt. Na, du wirst ja hören.“
    Wollte ich eigentlich nicht. Verdammt. „Und was hast du im Web rausgefunden?“
    „Unglaubliche Sachen. Unwahrscheinlich viel. Wenn ich mal Geld habe, bin ich sehr, sehr vorsichtig, wo ich es aufbewahre“, versprach er. „Banken und Broker sind ja so einfach knackbar, so durchsichtig, dass man´s nicht glauben will. Verblüffend, wie leichtsinnig die mit den Daten anderer Leute umgehen.“
     
    Moreno war ein steinreicher Mann. Seine Hauptkonten bei der Santa Maria Coastal Bank waren allerdings relativ klein. Girokonten mit Guthaben von einigen Tausend Dollar, kaum mal im Soll, und wenn, dann geringe Beträge, die einen oder zwei Tage bestanden. Ein Familienkonto, auch Giro, mit einem Durchschnittsguthaben von zwanzigtausend Dollar. Ein Sparkonto mit viertausenddreihundert drauf. Sie hatte ein als „Suzie - Home“ bezeichnetes Konto, von dem wiederkehrende Rechnungen fürs Privathaus beglichen wurden; Strom, Gas, Wasser, Versicherung. Also reine Kleingewerbebeträge.
    Und dann legte Rick den letzten Dreimonatsauszug eines Wertpapierbrokers auf den Tisch. Umsätze im Wert von über einer Million, Maklerprovision dreiunddreißigtausend Dollar. Nennwerte hundertsiebzigtausend, Kurswert per vorgestern einskommavier Millionen Dollar.
    „Aus dem Internet ausgedruckt,“ strahlte er.
    Mir stand der Mund offen. Dahinter eine Umsatzabrechnung eines Maklers aus Bolivien. Kurswert fast eine halbe Million. Der Kontoauszug der Bank of the Islands in Nassau, Bahamas. Vierhundertsiebenunddreißigtausend Bahamian Dollars, die 1:1 mit US Dollars getauscht werden. Hatte Rick alles am Rand notiert. Aruba – wo, zum Teufel, ist Aruba? Kredietbank van Aruba. Eine Million, siebenhundertvierundvierzigtausend Florin. Laut Ricks Randnotizen fast eine Million U.S.
    Mein lieber Mann! Mir wurde Angst und Bange.
    Rick hatte seinen Laptop dabei, also fingen wir an, Beträge zusammenzuzählen. Die Kontenstände von vor drei Tagen betrugen gute dreikommafünf Millionen. Und das war erst der Anfang.
    „Meinst du, da gibt´s noch mehr?“
    Mir hätte es ja gereicht, aber Rick meinte stolz, dass er erst die Oberfläche angekratzt habe. Von den Transfers, die er bis jetzt gefunden habe, könne man beruhigt auf eine ganze Anzahl weiterer Konten schließen. Überall auf der Welt. Wofür sich übrigens das hiesige Finanzamt sehr interessieren würde, meinte er.
    Vielleicht könne man die Kohle teilen – die größere Menge auf vielen nicht nachvollziehbaren Umwegen an unsere Konten, ein ordentlicher Rest für die Finanzfritzen. Für Steuerhinterziehung gab´s nach wie vor empfindliche Zuchthausstrafen. Womit Moreno auf Jahrzehnte ausgeschaltet wäre.
    „Wie Al Capone“, warf ich ein. „Den sie ja nur wegen

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