Geier (German Edition)
hinterzogener Einkommensteuer verknacken konnten – nie wegen Mordes, Erpressung und seiner Mafiageschäftchen.“
Wir schauten uns an und lachten. Prusteten richtig los. Die Alte mit dem strassbesetzten Brillenhalter um den Hals am Nebentisch guckte ganz ängstlich. Ich warf ihr einen Luftkuss zu.
„Und ich habe einiges über Immobilien gelernt“, ließ ich ihn wissen. „Über Firmenrecht, Steuerrecht und allgemeine Haftungsregeln. Was wie gerufen kam, als ich mir die verwinkelte Geschäftswelt unseres Freundes näher anschaute.“
Er nickte. Ich hatte ihm ja vor wenigen Tagen einige Webadressen der Morenofirmen geschickt. „Die habe ich mir angeguckt – imponierend. Aber ich habe mich erst mal um Bares gekümmert.“ Logisch. War ja auch sein Teil der Vorarbeit.
Ich erzählte. Nun staunte Rick.
Wir einigten uns auf das Lowenbrau zum Abendessen. Das einzige deutsche Restaurant im Großraum Hollywood war immer gut besucht, und ich ging dort seit Jahren essen, wenn ich in der Großstadt war, weil ich auf ihre Bratwurst so scharf war. Die machen eindeutig die beste Bratwurst in Südkalifornien, servieren sie mit Spätzle oder Röstkartoffeln, und sind allein deshalb schon einen Besuch wert. Denn Spätzle gibt es so selten, dass sie zu Recht als exotisch gelten, und Röstkartoffeln sind eben doch keine hash browns.
Rick folgte mir in seinem Truck über den Berg nach Hollywood, wir stellten die Autos auf den noch leeren Parkplatz und belegten einen Tisch in der dunklen, hinteren Ecke des oberen Speisesaales.
Beim Essen kommen einem bekanntlich die besten Ideen, und darauf hoffte ich. Denn wir hatten so viel Information gesammelt, dass wir jetzt aktiv werden konnten. Ich brachte es zwar immer noch nicht übers Herz, ihm vom verbuddelten Geld zu erzählen, aber das würde noch werden. Und wenn nicht, dann nicht.
Er hatte eine Art Stammbaum der verschiedenen Konten und Institute gemacht. Die Verästelungen führten alle wie ein rückwärtslaufender Mississippi zum Stammhaus zurück, zum feinen Landgasthof, zum Weingut, wie Europäer solche Raubrittergründungen gern großspurig nennen. Zum Ehepaar Moreno, das sämtliche Fäden in der Hand hielt, wie man´s auch drehte und wendete. Ich war auf Suzanne M. gespannt. Irgendwann würde die mir sicher auch mal über den Weg laufen. Ob die genauso seltsam war wie ihr Jeff? Ob die sich auch einen runterholte, wenn sie größere Beträge sah? Interessant.
Ich habe einige Surfer gekannt, die bei jeder besseren Welle eine Beule in der Gummihose hatten, aber man muss wahrscheinlich Bankmensch oder Schotte sein, um bei Geld einen stehen zu haben. Sehr seltsam. Ich stocherte in meinen Spätzle herum, die heute matschig waren. Vielleicht müssen die so sein. Wer weiß, wie das Zeug aussehen muss. Germans.
Rick erklärte irgendwas von Anonymizern und Mixern. Mit denen konnte man offenbar seine elektronische Spur verschleiern, konnte – wie der Name schon ahnen lässt – unerkannt im Internet herumsausen und seinen Unfug treiben. Hochinteressant, aber ich wusste nicht, was das sollte. Ich spürte selber ein Kribbeln in der Hose. Hatte immer wieder an Julie gedacht, als er fachsimpelte. Das kommt davon.
„Junge, ich kapiere Bahnhof. Was soll das mit dem Anonymus und Mixern?“
„Noch mal – sorry. Ich verliere mich gelegentlich in solchen Feinheiten. Im Prinzip läuft das so; wenn du anonym bleiben willst, wenn du nicht zurückverfolgt werden willst, schaltest du einen oder mehrere Proxy-Server zwischen deinen Computer und den Rechner, in dem du gerade herumwühlst. Wenn du beispielsweise dem Bankcomputer in Bolivien einen Überweisungsauftrag auf unser Konto in, sagen wir mal, Zürich gibst.
Wenn man das direkt macht, ist es ein Kinderspiel, den Computer des Auftraggebers zu finden. Also unseren. Wenn ich aber ein Anonymizerprogramm benutze und in verschiedenen zwischengeschalteten Computern ver- und entschlüsseln lasse, kann mich keiner finden. Der kommt dann nur bis zum letzten Mixer, also zum letzten Computer in der Kette, und bleibt da stecken. Weil der elektronische Auftrag in einem der Mixer verschlüsselt wurde, dann weitergeleitet, im nächsten Rechner wieder entschlüsselt und noch mal anders verschlüsselt, bis er an den Bankcomputer gerät. Verquirlt. Verstehst du?“ Ich verstand. Sehr clever.
„Und die Betreiber der zwischengeschalteten Computer lassen dich einfach dort rein?“
„Die wissen nicht unbedingt, dass du sie benutzt. Und
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