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Geier (German Edition)

Geier (German Edition)

Titel: Geier (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter J. Kraus
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und Nacht kleine Geldscheine druckt.
    Ich schob den Schalter der Innenbeleuchtung auf die Aus-Stellung und öffnete vorsichtig die Tür. Der Chevrolet war oben am Hügel zu hören. Er wurde in einem der unteren Gänge bewegt, die nervöse Drehzahl machte die Unebenheit des Geländes deutlich.
    Der Motor wurde leiser und veränderte seine Frequenz. Kurz darauf schien es, als komme er wieder von vorn. Vermutlich fuhr er um den Hügel, schon fast an der Kuppe, denn auf einmal war wieder ein Lichtstrahl zu sehen. Nur kurz, dann erstarb das Motorengeräusch, und gleich darauf wurde das Licht ausgeschaltet. Ich freute mich über die sorgfältige Schalldämpfung des gewaltigen Cadillac-Achtzylinders. Eher hörte man Steinchenknirschen unter den Reifen als den Motor.
    Ich ließ das Auto den Weg zurückrollen, bis ich umdrehen konnte, ohne gleich meine Anwesenheit herauszuposaunen. Dann fuhr ich nach Los Angeles.
     

25 Bratwurst, Bier und Spätzle
     
     
    Nachts um zwei ein Zimmer zu bekommen ist selbst in L.A. ein Kunststück. Stundenmotels und Flughafenherbergen vermieten noch um die Zeit, aber kein anständiges Hotel. Ein Puff reizte mich nicht, und die dreißig Meilen bis zum Flughafen wollte ich nicht mehr fahren. Also stellte ich das Auto in eine Einbuchtung am Mulholland Highway, wo er durch die Weiler im äußersten Westen der Stadt führt, ließ die Sitzlehne elektrisch in Liebesstellung gleiten und verschlief den Rest der Nacht.
     
    Um sechs war ich schon wieder wach. Da klopfte nämlich einer an die Seitenscheibe. Ich schreckte auf. Ein altes Ehepaar schaute mich besorgt durchs Fenster an. Ich gähnte und ließ die Scheibe herunter.
    „Guten Morgen! Geht´s Ihnen gut? Fehlt Ihnen was?“ wollte der Knorrige wissen, und seine winzige, straff geliftete Frau versteckte sich sicherheitshalber hinter ihm. Der Köter, den er an der Leine führte, knurrte. Gottseidank hatte ich nicht die Tür aufgemacht.
    „Alles okay, danke. Ich bin nur furchtbar müde geworden – nachts auf dem Freeway, auf der Fahrt nach San Diego, und da habe ich gedacht, ruhst irgendwo, wo du keinen störst. Muss wohl eingeschlafen sein. Man wird nicht jünger.“ Das verstanden sie.
    Beide lächelten mich mit elfenbeinernen Drittzähnen an, wie man Massenmörder anlächelt, die sich für eine unsichere Friedlichkeit entschieden haben. Dann winkten sie und spazierten schnell weiter. Fremde Menschen, die im Auto schlafen, lässt man gemeinhin in Ruhe. Ich war den beiden dankbar, dass sie mich weckten. Ein Cop hätte erst mal meine Personaldaten in seinen Bordcomputer eingegeben. Worauf ich trotz der Versicherung des Mönches und seines Fälscherfreundes nicht scharf war.
     
    Ich fuhr zurück zum Freeway und suchte mir ein Denny´s Restaurant, wo ich frühstücken konnte. Zum Glück musste ich nur fünf Minuten fahren. Denn nicht nur der Magen meldet freudig den neuen Tag, Darm und Blase tun´s noch viel drängender.
    Gesättigt und entleert fuhr ich weiter. Mir blieben noch fast acht Stunden bis zu meiner Verabredung mit Rick am Ventura Boulevard. Und die Central Library macht nie dicht. Womit schon klar wäre, wo und wie ich meine Zeit verbringen würde.
    Vor fast dreißig Jahren hat mal ein Verrückter die alte Los Angeles Stadtbibliothek angezündet, weil er der Meinung war, das sei der Sitz des Teufels. Die drei obersten Stockwerke wurden in Mitleidenschaft gezogen, und viele der fünfzigjährigen Statuen und Wandgemälde gingen in Rauch auf. Doch dann erinnerte sich einer der tonangebenden Politiker der Millionenstadt an die herrlichen Nachmittage, die er als Kind dort verbrachte, und wurde zum Kulturlobbyisten. Das Resultat der Wühlarbeit ist ein original wiederaufgebauter Mittelteil und zwei neue Flügel, die unter- und oberirdisch auf acht Stockwerken Lesestoff bieten.
     
    Ich stellte den Cadillac im Parkhaus an der Hill Street ab und ging um die Ecke zum Bibliothekseingang in der Fifth Street. Kartografie suchte ich, fand sie im zweiten Stock des Mittelbaues, und begann die Suche nach Ölfeldern in Santa Paula. Was nicht schwierig war. Ölfirmen müssen seit Beginn der kommerziellen Exploration genaue Bohrkarten erstellen, und sie sind gehalten, geologische Aufzeichnungen anzufertigen und der Öffentlichkeit zugänglich zu machen.
    Sämtliche Unterlagen waren da. Fein nach Ortschaften geordnet, geografisch, vom südlichsten Kalifornien scheibchenweise bis in den Norden. Riesige, muffige alte Karten, übermannsgroße Folianten, und

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