Geisel der Leidenschaft
Brendan ...«
»Sir Brendan«, verbesserte er sie. »Ein Laird bin ich nicht.«
»Doch, der Laird dieses Schlosses - das hat Sir William Wallace verkündet. Da drüben ...« Sie zeigte zur ersten Tür auf der linken Seite des Flurs. »Dort findet Ihr Euer Herrschaftsgemach. Hoffentlich gefällt es Euch. Ein schönes großes Zimmer.« Verächtlich hob sie die Brauen. »Wie ein König wollte Lord Hebert hier herrschen. Und so hat er sich einen Palast gebaut.«
»Danke ...«
»Ich heiße Joanna, Sir.«
»Also, dann vielen Dank, Joanna. Ich brauche Papier, Tinte, einen Federkiel ...«
»Das alles findet Ihr in Heberts Schreibtisch, Sir.«
Er nickte ihr zu, betrat das Herrschaftsgemach und sah sich um. In der Tat, ein überdimensionaler Raum. Im breiten Bett würden vier Männer Platz finden, sogar kräftig gebaute Krieger wie Wallace. Von bestickten Vorhängen umgeben, stand es auf einem Podest am anderen Ende des Zimmers. An der Westseite befand sich ein breiter Kamin, vor den Fenstern an der Nordseite ein reich geschnitzter Schreibtisch aus Eichenholz. Auch an den Fenstern prangten bestickte Vorhänge in leuchtendem Karmesinrot und Dunkelblau, von silbernen Schnüren zusammengehalten. An der Ostseite entdeckte Brendan einen wuchtigen Schrank und eine Truhe.
Vorerst setzte er sich nicht an den Schreibtisch. Stattdessen schlenderte er zu den Fenstern und sah, dass sie zu den Zinnen im Norden hinausgingen und eine weit reichende Aussicht auf die Straße boten, die von Süden her zur Festung führte. Falls der Schlossherr nicht von seinen Wachen gewarnt wurde, würde er dennoch rechtzeitig sehen, wer aus südlicher Richtung heranritt. Außerdem überblickte er die dichten Wälder des Grenzgebiets, wo die Schotten ihren Feinden auflauerten. Gut geplant, dachte Brendan. Offenbar hatte Lord Hebert die >Wilden< gefürchtet, deren Land er regieren wollte.
Zu Probe streckte er sich auf dem großen Bett aus. Eine weiche und trotzdem feste Matratze, ein angenehmes Lager für einen Mann, der zu oft auf dem harten Waldboden geschlafen hatte.
Schon jetzt, nach so kurzer Zeit, fühlte er sich in der Festung heimisch. Zweifellos würde ihm die schottische Verwaltung das Land übereignen. Hier brauchte man einen Krieger - eine Bedingung, die Brendan Graham erfüllte.
Er stand auf, und als er zum Kamin wanderte, entdeckte er einen Torbogen, von einem dunklen Vorhang verhüllt. Dahinter lag ein zweiter Raum mit einem kleineren Bett und zierlicheren Möbeln - offenbar das Zimmer der Schlossherrin. Hier war der Kamin mit Drachenköpfen aus Messing geschmückt. Die geschnitzte Badewanne verzierten nordische Götter - Thor, der Blitz und Donner zur Erde sandte, und Odin, der Herrscher, der in einem Wagen, von Drachen gezogen, über den Himmel raste. Jetzt wäre ein Bad angenehm, dachte Brendan, nachdem er die Nacht zwischen seinen betrunkenen Gefährten und den Hunden am Boden der Halle verbracht hatte.
Aber zuerst wollte er den Brief an Bruce schreiben. Er nahm am Schreibtisch Platz, legte einen Pergamentbogen zurecht und stellte das Tintenfass daneben. Dann ergriff er einen Federkiel.
Nachdem er den Brief beendet hatte, rollte er ihn zusammen. Nach kurzem Zögern entzündete er eine Kerze. Ein solches Dokument hatte er nie zuvor versiegelt. Aber er trug einen Ring, das Geschenk seines Vaters, verziert mit einem G und einem ziselierten Raubvogel. Vorsichtig schmolz er das Siegelwachs und drückte die Insignien seines Rings hinein.
Als er in die Halle zurückkehrte, saßen nur noch Eric und Griffin am Tisch.
Brendan übergab dem jungen Mann seinen Brief, und Griffin versprach, ihn de Bruce persönlich auszuhändigen. »Sicher wird er sich über das Geschenk freuen, das Ihr ihm schickt.«
»Aye?« Brendan wandte sich verwundert zu Eric. Offenbar hatte der Norweger dem Boten ein Geschenk im Namen seines Vetters anvertraut. »Es ist spät geworden, Sir. Wenn Ihr hier übernachten wollt...«
»Nein, ich breche sofort auf«, erklärte Griffin und nahm einen Lederbeutel vom Tisch. »Für unterwegs habe ich genug Proviant, gute schottische Hausmannskost. Gott segne Euch, Sir Brendan, Sir Eric - und Schottland!«
Die beiden Vettern begleiteten ihn in den Hof. Dort wurde er bereits von einem Stallknecht erwartet, der ein Pferd am Zügel hielt. Griffin schwang sich in den Sattel und ritt zum Tor hinaus. Bis die Sonne unterging, würde es offen stehen. An diesem Tag drohte der Festung keine Gefahr.
»Nachdem er gehört hatte, dass er
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