Geisel der Leidenschaft
seine Aktivitäten auf Carrick im Südwesten des Landes. Dort war er den englischen Angriffen häufiger ausgesetzt gewesen als Comyn, der andere schottische Thronanwärter, dessen Ländereien im Norden lagen. Aus diesem Grund hatte sich Bruce vermutlich auf Edwards Seite geschlagen. Bei den Schotten meldete er sich nur noch selten.
»Vor kurzem wurde ein Waffenstillstand zwischen England und Schottland geschlossen«, verkündete Wallace, als Brendan neben ihn trat. »Das verdanken wir dem französischen König.«
»Wird sich Edward daran halten?«
William Wallace zuckte die Achseln. »Vorerst. Letztes Jahr und im Jahr davor trommelte er ein riesiges Heer zusammen, das im Norden großen Schaden anrichtete. Dann wurde er vom Wetter und von der Erklärung des Papstes behindert, Schottland sei eine unabhängige Nation und müsse nur dem Heiligen Stuhl die Treue halten. Außerdem wollten Edwards Freiherren einen längeren Feudaldienst leisten als die vorgeschriebenen zwei Monate und deshalb rannten ihm die Fußsoldaten scharenweise davon. Nun braucht Edward Zeit, um neue Truppen zu sammeln, mit dem Papst zu streiten und Geld aufzubringen, ehe er uns wieder bekämpfen kann. Also hat uns der gute König Philipp geholfen, unsere eigenen Truppen zu stärken.«
»Darüber scheinst du dich allem Anschein nach nicht zu freuen«, meinte Brendan.
»Doch. Aber dadurch finden die schottischen Freiherren wieder Zeit und Muße für ihre kleinen Fehden. Und im Grenzgebiet werden die Kämpfe wohl kaum ein Ende nehmen.«
Im Hof hatten sich mehrere Schotten versammelt, die nach Hause reiten wollten, und Wallace riet ihnen dazu. Es war höchste Zeit für die Frühlingspflanzung. Zudem mussten sie sich endlich wieder um ihre Familien kümmern. Aber zahlreiche Männer erklärten, sie würden bei Wallace bleiben und ihn begleiten, wohin immer sein Weg führen mochte. Andere würden die Festungen Schottlands im Namen des Verwalters John Soulis bewachen, der immer noch das Kommando für den schottischen König führte, während John Baliol sein Leben im französischen Exil genoss.
Ebenso wie Wallace erkannte auch Brendan, dass die Kämpfe nur vorübergehend abflauen würden. Der Krieg war keineswegs beendet.
»Was wirst du tun?«, fragte William.
»Zunächst will ich die Folgen meiner Auseinandersetzung mit Fitzgerald abwarten.«
»Die Engländer werden sicher behaupten, du hättest die Countess of Clarin entführt. Am besten bleibst du vorerst hier. Inzwischen ist Comyn auf seine eigenen Ländereien zurückgekehrt. Dort wird ihn die Nachricht von der Waffenruhe bald erreichen. Die schottische Verwaltung würde dir dieses Schloss zum Lohn für deine Heldentaten übereignen, und du könntest es ausbauen, die Felder bestellen ...«
»Also schenkst du mir eine Festung?«, fragte Brendan lächelnd.
»Dazu bin ich nicht befugt. Aber da du dem Land hervorragende Dienste geleistet hast, sollte Soulis dich belohnen.«
»Und was wirst du tun, William?«
»Ich gehe nach Norden. Während die Engländer neue Kräfte sammeln, möchte ich mich ausruhen und wenigstens für kurze Zeit ein friedliches Leben führen.«
»Natürlich bin ich stets bereit ...«
»... mir auf alle Schlachtfelder zu folgen, ich weiß.« Wallace legte einen Arm um Brendans Schultern. »Dafür danke ich dir.«
»Wann reist du ab?«
»In ein paar Tagen. Heute Abend wird noch einmal gefeiert, mit glücklichen Pächtern, die aus den Hügeln herabgekommen sind, um ihre Felder wieder zu übernehmen. Der Frühling eignet sich ganz besonders für einen Waffenstillstand.«
Während Wallace davonschlenderte, bemerkte Corbin, der hinter Brendan stand und zugehört hatte: »Also seid Ihr innerhalb weniger Minuten zum Landbesitzer avanciert, Sir.«
»So schnell nun auch wieder nicht. Es gibt einen schottischen König. In seinem Namen sorgt die Verwaltung dafür, dass alles mit rechten Dingen zugeht.«
»Ah, der König ... Sicher wird er sich freuen, wenn er hört, dass er immer noch ein Königreich besitzt.« Zögernd fügte Corbin hinzu: »Nachdem ein Waffenstillstand vereinbart wurde, kann ich wohl ungefährdet nach Hause reiten.«
»Natürlich, Ihr seid ein freier Mann«, versicherte Brendan und eilte zum Stall. In seinem Schädel dröhnte es immer noch, und ein Morgenritt würde ihn erfrischen, den Nebel aus seinem Gehirn verscheuchen. Eine Waffenruhe - das klang verheißungsvoll. Ein Stück Land, eine Festung. Mochte Hebert auch ein elender Schurke sein, er hatte
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