Geisel der Leidenschaft
soll heiraten und ihrer Familie französisches Geld zuschanzen. Trotzdem wünscht jemand ihren Tod. Wie harmlos nehmen sich meine Missetaten aus - verglichen mit den Absichten der Clarins ... Jedenfalls ist Lady Eleanor eine ganze Menge wert.«
»Vorsicht, Pirat ...«, mahnte Brendan.
Der Franzose hob die Schultern. »Gewiss, sie ist in Eurer Gewalt. Schade ... So jung und schön, so temperamentvoll und geistreich ...«
»Und scharfzüngig. Sicher wird sie ihrem künftigen Gemahl die Hölle heiß machen.« Wallace nippte an seinem köstlichen Wein, den er sehr wohl zu würdigen wusste.
»Vergesst nicht, wir führen Krieg gegen England«, betonte Brendan, »nur deshalb reisen wir nach Frankreich. Und die Lady ist England treu ergeben, so bedingungslos, dass sie sogar aufs Schlachtfeld reitet, um ihrem König zu dienen.«
»Soll ich sie zu einem arabischen Emir schicken?«, schlug der Franzose vor. »Ich würde einen hohen Preis für sie bekommen.«
»Trotz allem, was sie von mir behauptet - ich kämpfe nicht gegen Frauen«, erklärte Wallace.
»Immerhin hat sie ihre Waffe gegen Euch erhoben«, wandte de Longueville belustigt ein.
Erstaunt über sich selbst, sprang Brendan auf und ballte die Hände. »Jetzt stehen wir uns nicht auf dem Schlachtfeld gegenüber. Was wir anstreben, ist wichtiger als das Schicksal einer Frau. Die Lady befindet sich in unserer Gewalt, König Philipp ist an ihr interessiert und wir brauchen seine Hilfe. Also werden wir sie an den französischen Hof bringen.«
»Die Emirs würden sie am Leben lassen«, murmelte der Pirat, »und gut behandeln.«
Mit ruhiger Stimme hob Wallace an zu sprechen. »Nicht einmal Ihr könnt Euch vorstellen, wie viel Blut an meinen Händen klebt, de Longueville. Was ich tat, weckt wilde Rachsucht. Das weiß Brendan. Wir müssen Lady Eleanor dem französischen König übergeben - die einzige diplomatische Möglichkeit. Wenn die Ehe auch arrangiert wurde - das ist üblich und keineswegs grausam ...«
»Aye, jeden Tag werden Erbinnen gekauft und verkauft. Aber diese Erbin soll verschwinden«, erinnerte de Longueville die beiden Schotten.
»Ich kenne ihren Verlobten«, warf Brendan ein, »und er hat sicher niemanden beauftragt, die Lady zu ermorden. Stattdessen wird er sie schützen. Ich werde ihn bitten, vorerst mit ihr in Frankreich zu bleiben und die Leute in seiner Umgebung genau zu beobachten.«
Als er die Kabine verließ, spürte er, wie ihm Williams und de Longuevilles Blicke folgten; jeder schien seinen eigenen Gedanken nachzuhängen. Er kehrte in die Kabine zurück. Offenbar hatte es lange gedauert, bis Lady Eleanor eingeschlafen war. Gewöhnlich verkroch sie sich unter der Decke. Aber diesmal musste sie sich rastlos umhergeworfen haben, denn das Bettzeug lag zerknüllt neben ihr. Wie ein rotgoldener Schleier verhüllte das Haar ihr Gesicht. Brendan hielt eine brennende Kerze in ihre Nähe. Und das war ein Fehler. Das Licht durchdrang den dünnen Leinenstoff des Nachthemds und zeichnete die Umrisse ihres wohlgeformten Körpers nach. Nicht, dass ihm die Schönheit seiner Geisel erst jetzt auffallen würde. Von Anfang an hatte er ihre Reize wahrgenommen. Doch die Zeit konnte Erinnerungen verklären. In seiner Fantasie hatte er sich keine Freiheiten erlaubt. Fast hätte sie ihn vor ein paar Jahren getötet. Betrogen und gedemütigt, hatte er sich geschworen, Rache zu üben. Jetzt war der große Augenblick gekommen. Aber seine Feindin erschien ihm zu verletzlich. Und sie war eine stolze Gegnerin, seiner ebenbürtig. Unfähig, der Versuchung zu widerstehen, stellte er die Kerze auf das norwegische Kästchen am Kopfende des Betts und strich der Lady das Haar aus dem Gesicht.
Wie weich sich ihre Haut anfühlte ... Und ihre Gestalt im Kerzenschein ...
Hastig wandte er sich ab und blies die Kerze aus. Dann stand er in der Finsternis, alle Muskeln angespannt. Sie war seine Gefangene. Was immer ihr widerfahren mochte, sie würde es verdienen.
Es gibt wichtigere Ziele, entsann er sich. Doch es fiel schwer, an hehre - und oft so hoffnungslose - Ideale zu denken, wenn das Fleisch brannte und der Körper zitterte.
Niemals hatte er Unschuldige getötet oder einen Mann von hinten angegriffen, nicht einmal im wahnwitzigen Getümmel eines Schlachtfelds, von klirrenden Schwertern umzingelt. Und er würde sich auch nicht an dieser wehrlosen Frau vergreifen.
Eine Zeit lang lauschte er ihren Atemzügen, dann ging er davon.
Eleanor erwachte, als sie plätscherndes
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