Geisel der Leidenschaft
behaupten - war nach Rom verbannt und in päpstliche Obhut übergeben worden. Jetzt lebte er glücklich und zufrieden in Paris, während tapfere Schotten für ihn kämpften. »Und was diesen jungen Heißsporn betrifft, der Alain de Lacvilles Braut vor dem Piraten gerettet hat - selbstverständlich werden wir ihn angemessen belohnen.«
»Sehr wohl, Sire«, antwortete Breslieu und verneigte sich.
Nachdem der Comte das Schlafgemach verlassen hatte, setzte sich Philipp wieder an den Tisch. Lächelnd griff er nach seinem Weinkelch und nippte daran. Dieser edle, allerdings noch sehr junge Tropfen stammte aus den Ländereien des verbannten schottischen Königs.
Hoffentlich würde Edward von der bevorstehenden
Begegnung erfahren. Darüber würde er sich gewaltig ärgern. Aber was soll ich tun?, überlegte Philipp spöttisch. Immerhin geleiten die Schotten eine englische Aristokratin in die Arme ihres französischen Bräutigams. Dafür muss sogar Edward Verständnis aufbringen ...
Philipp lachte lauthals. Vielleicht würde der englische König vor lauter Wut einen Herzanfall erleiden.
Wie Eleanor zugeben musste, wurde sie von ihren Feinden erstaunlich gut behandelt.
Am nächsten Morgen klopfte Helene an die Schlafzimmertür. »Seid Ihr wach, Countess?« Eleanor blinzelte verwirrt und kroch noch tiefer unter die Pelzdecke. Da sie schwieg, trat Helene nicht ein. Stattdessen rief sie: »Ich dachte, vielleicht möchtet Ihr Calais besichtigen.«
»Wie bitte?«
»Inzwischen wurde der König über Eure Ankunft in Kenntnis gesetzt. Wir vermuten, dass er eine Eskorte hierher schicken wird. Bis dahin solltet Ihr Euch die Zeit möglichst angenehm vertreiben. Natürlich lassen wir Euch nicht allein durch die Stadt wandern. Da würden Euch zu viele Schurken auflauern. Aber wenn Ihr einen Spaziergang mit einer angemessenen Begleitung unternehmen wollt ...«
»Sehr gern - ich muss mich nur waschen und anziehen.«
»Gewiss, ich bringe Euch frisches Wasser und lasse Euer Gepäck herauftragen.«
Eleanor lauschte den Schritten, die sich rasch entfernten. Wehmütig erinnerte sie sich an die letzte Nacht. Was geschehen war, hatte sie sich inbrünstig gewünscht. Mit gutem Grund, denn sie wusste, wie ihr Leben fortan verlaufen würde. Sie wollte Alain eine gute Frau sein und Clarin zu neuem Wohlstand verhelfen. Um ihre Pflicht zu erfüllen, würde sie ihr persönliches Glück opfern. Deshalb brauchte sie eine Erinnerung, die ihre innere Leere füllen konnte.
Und jetzt? Ihr Herz schmerzte und jubelte zugleich. Welch eine Nacht ... Sie glaubte immer noch, Brendans Küsse zu spüren, seine Stimme, sein zärtliches Flüstern zu hören. Seine Hitze zu fühlen, die Kraft seiner Arme ...
Aber diese Erinnerung würde sie nicht beglücken, sondern verfolgen.
»Wasser!« Eine Schüssel und einen Krug in den Händen, kam Helene ins Zimmer. »Nehmt Euch nur Zeit.« Lächelnd nickte sie der Countess zu. »Hier ist Euer Gepäck.«
Eleanor zog die Pelzdecke bis ans Kinn, als junge Männer, die sie nie zuvor gesehen hatte, die schweren Truhen hereinschleppten.
Leise fiel die Tür hinter Helene und ihren Gehilfen ins Schloss. Eleanor stand auf und fröstelte in der kühlen Morgenluft. Über ihren nackten Körper zog sich eine Gänsehaut. Hastig spritzte sie sich kaltes Wasser ins Gesicht und bemühte sich, die unsinnige Sehnsucht nach Brendan zu bezähmen. Denk an die grausame Wirklichkeit, ermahnte sie sich. Er war ein Gesetzloser, ein Feind ihres Königs, einer der verhassten Schotten. Sein ganzes Leben würde er vergeuden, um Wallace zu folgen. Und wahrscheinlich würde man ihm genauso den Kopf abschlagen wie seinem grandiosen Helden. Mit diesem Mann hatte sie nichts gemein. Sie lebten in verschiedenen Welten. Außerdem verabscheute sie ihn immer noch. Er hatte ihr einen üblen Streich gespielt und sie gnadenlos ausgelacht, zusammen mit seinen Helfershelfern.
Und diesem Schurken hatte sie sich an den Hals geworfen.
Entschlossen straffte sie die Schultern. Ihr Stolz würde sie retten. Bald bin ich mit Alain vereint, dachte sie, und diese Nacht wird einer fernen Vergangenheit angehören.
Kurz nachdem sie sich angezogen hatte, klopfte es an der Tür. »Lady Eleanor?«
»Ja, ich bin fertig.« Elenaor hatte ein schlichtes blaues Kleid mit einem grauen Unterkleid gewählt. Ihre pelzbesetzten Umhänge packte sie nicht aus. Stattdessen hüllte sie sich in einfache flämische Wolle.
Helene öffnete die Tür, ganz ähnlich gekleidet. »Kommt mit,
Weitere Kostenlose Bücher