Geisel der Leidenschaft
an.
»Außerdem erwarten sie ein viel größeres Kontingent«, gab Brendan zu bedenken. »Aber ich habe keine bessere Idee. Behaupten wir, Lord Gilly sei erkrankt. Ich bin Sir Humphry Sayers, der seine Stelle einnimmt. Nachdem wir letzte Woche mehrmals von wilden Schotten angegriffen wurden, haben wir den Großteil unserer Kameraden verloren. Vermutlich wird der Feind die meisten unserer englischen Festungen erobern.«
»Wer kennt dich auf Clarin?«, fragte Liam.
»Natürlich Eleanor. Sonst nur ihre Zofe ...«, fügte er hoffnungsvoll hinzu. Dann schüttelte er den Kopf. »Comte de Lacvilles Gefolge wird mich wieder erkennen.«
»Unter den Umhängen tragen wir Kettenhemden«, schlug Liam vor. »Und wir klappen die Visiere unserer Helme hinunter.«
»Am besten greifen wir den Grafschaftsrichter und seine Männer einfach an«, meldete sich Eric zu Wort. »Wenn wir sie überrumpeln, müsste es gelingen.«
Wenige Minuten, nachdem sie sich wieder auf die Pferde geschwungen hatten, hörte Brendan Hufschläge und hob warnend eine Hand. Blitzschnell verschwanden sie zwischen den Bäumen am Straßenrand. Brendan stieg ab und legte eine Hand auf die Nüstern seines Hengstes, damit er nicht den Kopf schüttelte und die Blätter ringsum verräterisch rascheln ließ. Verwundert musterte er ein einsames Pferd, das die Straße entlangtrottete. Der Reiter schien eine Gefahr zu wittern, denn er zügelte das Tier, dann kehrte er um.
Da Brendan verhindern musste, dass er die Männer des Dukes vor einem möglichen Angriff auf Schloss Clarin warnte, sprang er in den Sattel und folgte ihm. Bald stellte er zwei erstaunliche Tatsachen fest. Vor dem Reiter saß eine junge Frau im Sattel. Und - es war Gregory. Als er sich umdrehte, erkannte er den Verfolger.
»Gott sei Dank, Sir Brendan!«, rief er und beide zügelten ihre Pferde. »Ich hielt Euch für einen Engländer, der uns töten würde! Oh, Sir Brendan, Ihr ahnt nicht, was geschehen ist...«
»Ich weiß es, mein Junge.«
»Man behauptet, Lady Eleanor habe ihren Mann vergiftet. Sie soll hingerichtet werden. Wir müssen irgendetwas tun!«
»Aye, Gregory.«
»Ich konnte heimlich mit ihr sprechen. Und da sagte sie mir, Ihr dürftet auf keinen Fall nach Clarin kommen, Sir Brendan, sonst würdet Ihr sterben ...« Verblüfft unterbrach sich der junge Mann. »Wieso wisst Ihr Bescheid?«
»Wir trafen einen englischen Trupp, eine Eskorte, die Lady Eleanor nach Süden bringen sollte.«
Inzwischen war Eric herangeritten. »Verlassen wir die Straße und hören wir uns an, was Gregory zu berichten hat.«
Wenig später saßen sie im Kreis um ein kleines Lagerfeuer und verspeisten den Proviant, den Molly -Gregorys hübsche junge Schwester - eingepackt hatte.
»Natürlich ist die Lady wütend«, erklärte Gregory. »Sie darf ihr Zimmer nicht verlassen. In den letzten Tagen ließ man nicht einmal ihre Vettern zu ihr. Ich machte mich überall im Schloss zu schaffen und belauschte mehrere Gespräche.«
»Hat man keinen Verdacht gegen Euch geschöpft?«, fragte Brendan.
»Nein. Ich habe viele Freunde auf Clarin, die mir bereitwillig halfen.«
»Warum hat Fitzgerald eine so große Eskorte angefordert? Befürchtet er, die Dorfbewohner würden versuchen, Lady Eleanors Abreise zu verhindern?«
»Aye, das wäre möglich.«
»Und ihre Familie?«
»Alfred leidet stumm, und Corbin verkündet leidenschaftlich, man müsse etwas unternehmen.«
»Wie verhalten sich die Franzosen, die de Lacville begleitet haben?«, erkundigte sich Eric.
»Allem Anschein nach zweifeln sie an Lady Eleanors Schuld.«
»Also müssten wir nur die Männer des Grafschaftsrichters bekämpfen«, meinte Brendan.
»Vermutlich versuchen die Wachtposten der Clarins den Eindruck zu erwecken, sie würden auf der Seite der Engländer stehen.«
»Wenn wir in Lord Gillys Farben durchs Tor reiten, wird man uns zunächst nicht aufhalten«, betonte de Longueville.
»Und ich?«, fragte Gregory.
»Ihr bringt Molly nach Norden«, entschied Brendan.
»Nein, Ihr braucht mich, Sir.«
Seufzend verdrehte Eric die Augen. »Wozu denn, mein Junge?«
»Nun, ich kenne mich im Schloss aus. Zum Beispiel könnte ich Euch zu den unterirdischen Gängen der Abwasseranlagen führen - falls wir fliehen müssen.«
»Denkt doch an Eure Schwester!«, mahnte Brendan.
»Sorgt Euch nicht um mich, Sir«, bat Molly »Ich warte hier in den Wäldern. Davor fürchte ich mich nicht. Gregory sollte vorausreiten und mit der Lady sprechen, damit sie nicht
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