Geisel der Leidenschaft
loswerden!«
»Unsinn, sie mochte ihn. Begreifst du das nicht?«
»Die Ärzte haben festgestellt, dass er vergiftet wurde. Begreifst du das nicht? Bist du blind und taub? Natürlich hat sie's getan. Eine andere Erklärung gibt's nicht.«
»Vielleicht hat er was Verdorbenes gegessen ...«, begann Corbin.
»Oder hast du ihn ermordet, Alfred?«, unterbrach sie ihren Gemahl.
»Großer Gott, nein!«, rief Alfred entrüstet.
»Von einem natürlichen Tod des Comte würde Eleanor profitieren. Und du von Eleanors Tod, Alfred.«
»Das höre ich mir nicht an!«, stieß er hervor und schlug mit der Faust auf den Tisch. »Ich kämpfe auf dem Schlachtfeld. Ein langsam wirkendes Gift - das wäre die tückische Methode einer Frau.«
»Genau, Alfred«, bestätigte Isobel in sanftem Ton.
»So etwas würde Eleanor niemals tun.«
»Nicht einmal, wenn sie verzweifelt wäre?«
»Warum sollte sie verzweifelt sein?«
»Weil sie ein Kind erwartet.«
Verwundert stand Corbin auf. »Für beide wäre ein Kind das höchste Glück gewesen.«
»Und wenn das Kind nicht von Alain de Lacville stammt?«
»Was willst du damit andeuten, Isobel?«, fragte Corbin nach einer kurzen Pause.
»Gewiss, ihr beide liebt eure Kusine und traut ihr nichts Böses zu. Aber die Franzosen haben interessante Gerüchte ausgestreut. Angeblich hat sich Eleanor mit Graham eingelassen - dem Mann, der ihr Schiff den Piraten entriss, dem Wolf der schottischen Wälder, der auf der alten Römerstraße nach Norden alle englischen Truppen überfällt. Sogar Philipp von Frankreich erkannte, was vorging, und ermahnte Eure Kusine.«
»Lauter Lügen!«, entgegnete Alfred.
»So viel ich weiß, hat sie nie mit ihrem Mann geschlafen. Die beiden bewohnten getrennte Zimmer.«
»Was in aristokratischen Kreisen üblich ist«, warf Corbin ein. »Auch wir beide hielten uns jahrelang an diesen Brauch, meine Liebe. Wäre das ein Verbrechen, hätten wir längst unsere Köpfe verloren.«
»Der Comte war zeugungsunfähig.«
»Oh?« Corbin schenkte sich Ale ein. »Hat er dich darüber informiert?«
»So etwas spürt eine Frau.«
»Und du glaubst, deshalb hätte meine Kusine ihn getötet?«
»Bald hätte er ihren Zustand bemerkt.«
»Warum bist du so sicher, dass sie ein Kind erwartet?«
Lächelnd wiederholte sie: »So etwas spürt eine Frau.«
»Jedenfalls werde ich sie nach London begleiten und ihr vor Gericht zur Seite stehen.«
»Wie du willst. Damit wirst du deinem Bruder empfindlich schaden.«
Alfred sank in den Stuhl am Kopfende der Tafel. Stöhnend presste er seine Hände an die Schläfen. »Das riskieren wir, Isobel. O Gott, das alles macht mich ganz krank!«
»Vielleicht hast du was Verdorbenes gegessen«, meinte sie höhnisch.
»Da meine Kusine in ihrem Zimmer gefangen gehalten wird, kann sie mich wohl kaum vergiftet haben, oder?«
Nun hatte Brendan genug gehört. Er wollte die Halle verlassen, aber da entdeckte ihn Isobel und eilte zu ihm.
»Vater!«
Sollte er weitergehen und vorgeben, er hätte sie nicht gehört? Aber damit würde er womöglich Verdacht erregen. Also blieb er stehen.
Tugendhaft faltete sie die Hände vor der Brust. »Hat die Lady Euch ihre Sünden gebeichtet, Vater?«
»Nein, Madam, sie beteuert ihre Unschuld. Natürlich werde ich weiterhin für ihre Seele beten, wenn sie nach London reist.«
Nun gesellte sich Corbin hinzu. »Vielleicht ist sie unschuldig.«
»Nur Gott kennt die Wahrheit, mein Sohn«, erwiderte Brendan, den Kopf gesenkt.
»Ich werde sie begleiten und die Wahrheit beweisen.«
Eine Zeit lang zögerte Brendan und fragte sich, ob der Mann das Leben seiner Kusine tatsächlich retten wollte. Wie auch immer - er musste irgendwie verhindern, dass Corbin of Clarin nach London aufbrach. Wäre er gezwungen, Eleanors Vetter zu töten, würde sie ihm niemals verzeihen.
»Möglicherweise wäre es besser, Ihr würdet den Rat Eurer Gemahlin befolgen und hier bleiben, Sir.«
»Sogar Ihr, ein Mann Gottes, stellt Euch gegen meine Kusine!«
»Man wird ihr einen Prozess machen, wie es das englische Gesetz erfordert.«
»Aber alle Indizien sprechen gegen sie!«, rief Alfred, der immer noch am Tisch saß, mit müder Stimme. »Dür-fen wir Euch Wein oder Ale anbieten, Vater?«, fügte er hinzu, als er sich an die Gebote der Gastfreundschaft erinnerte.
Brendan fühlte sich versucht, in einer Unterhaltung mit den Clarins zu erproben, ob er die Priesterrolle gut genug spielte. Doch dann beschloss er, in diesem Haus nichts zu essen oder
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