Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Geiseldrama in Dribbdebach (German Edition)

Geiseldrama in Dribbdebach (German Edition)

Titel: Geiseldrama in Dribbdebach (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Demant
Vom Netzwerk:
nämlich daß Ludger in dieser verwickelten Angelegenheit keinen einzigen Schuß abgefeuert hatte.
    Johnnys eisenharter Griff um Simon Schweitzers Knie lockerte sich allmählich.
    Selbstverständlich konnte die Außendarstellung der an dem Einsatz beteiligten Kräfte nicht konform mit der Wirklichkeit gehen, andernfalls das Volk, wie hätte es auch anders sein sollen, sich kaputt gelacht hätte, zumal ja noch ein Toter zu beklagen war.
    Dem geneigten Leser sei an dieser Stelle nun die Version präsentiert, die sich tatsächlich ereignete.
    Mit den Worten: „Alpha. Null. Korridor. Fertig. Los“, wurde von dem General die heiße Phase der Operation Panzerfaust eingeläutet. Ursprünglich sah der Plan vor, daß die vier Besten dieser Spezialeinheit sich aus dem über der Bank befindlichen zweiten Stockwerk abseilen sollten, und mit einem gezielten Tritt mit ihren mit kleinen Stahlplatten extra für diese Aktion aufgerüsteten Springerstiefeln die Fensterfront eintreten sollten, um dann sogleich die schon während des Abseilvorgangs entzündeten Rauchbomben in das Innere zu werfen. Angeführt wurde die Truppe von Oberstleutnant Kai Sender. Ganz genau. Jenes Prachtexemplar von Zehnkämpfer, das bei der Leichtathletikweltmeisterschaft 1991 in Tokio für Deutschland beinahe die Bronzemedaille ergattert hätte. Erster war damals übrigens US-Boy und Legende Dan O`Brien mit 8812 Punkten geworden.
    Obwohl der General bekannt dafür war, ein Händchen für knifflige Aufgaben zu haben, war Operation Panzerfaust schon an der ersten Hürde, der Glasfront, gescheitert. Die Theorie hatte besagt, daß nach dem Bersten der Scheibe die Schalterhalle durch die Rauchbomben eingenebelt und kurz danach das Betäubungsgas durch zwei weitere im nächsten Hausflur wartende Befreiungskämpfer in die Bank eingeleitet werden sollte. Im Handumdrehen hätte man dann den Geiselnehmer unschädlich gemacht und viele Lorbeeren eingeheimst. Doch war mal wieder alles leichter gesagt als getan.
    Alle maßgebenden Leute der Einsatzzentrale hatten am Fenster gestanden und sich das Desaster reinziehen können. Obwohl der General die Befehlsgewalt innehatte und seine Mannen per Sprechfunkgerät hätte leiten sollen, waren ihm schon nach wenigen Sekunden die Worte versiegt. Prachtexemplar Kai Sender dachte an einen Fehler im Funkgerät und hatte, nachdem das Scheitern offenkundig war, einen geordneten Rückzug angeordnet. Und diesmal war er tatsächlich einigermaßen geordnet. Nicht so wie einst der aus Stalingrad.
    Der General, der kraft Erziehung und Tradition wußte, was sich gehörte, ging daraufhin auf die Toilette und erschoß sich. Schon sein Ururgroßvater, damals noch bei Kaiser Wilhelm II. in Diensten, mit dem er auch 1918 in die Niederlande geflüchtet war, hatte sich ob jener Schmach ebenfalls nach altem Brauch erschossen. Geschadet hat es dem Familiennamen weder damals noch heute. Ganz im Gegenteil.
    Nachdem sich die erste Aufregung gelegt hatte und man mutmaßte, nun aus dem Gröbsten raus zu sein, und zudem die Filialleiterin wieder in ihre althergebrachte Apathie versunken war, robbte Ludger Trinklein zum Telefon, woraufhin Simon Schweitzer dachte, daß nun die Stunde der verbalen Vergeltung gekommen sei.
    Doch weit gefehlt. Er wurde aus diesem Malefikanten einfach nicht schlau. Alle Welt hatte damit gerechnet, daß Ludger nun ein Donnerwetter über seinen Gesprächsteilnehmer ausschüttete, doch harmlose Worte lösten sich von seinen Lippen: „Das war wohl nix.“ Und das war’s dann auch schon. Trinklein legte wieder auf.
    Herr Schweitzer spürte, wie sein marodes Herz langsam wieder in die Gänge kam. Die Geiseln blickten sich nach ihren Leidensgenossen um, ob auch alles in Ordnung sei, und der ein oder andere hoffte inständig, vorhin kein allzu klägliches Bild abgegeben zu haben. Schließlich gehörte man zur Crème de la crème der Geiseln, da ja die Pfeifen nicht mehr dabei waren. Da wollte man sich auf der Zielgeraden keine Blöße mehr geben. Und in der Tat, niemand war völlig durch den Wind, nur Kogyos Gesichtsblässe warf erneut die Frage auf, ob er für ein Unternehmen wie dieses geschaffen war.
    Der langhaarige Hardcoretraveller beäugte mißtrauisch seinen Nachbarn, Herrn Schweitzer, und betete, daß dieser keine wie auch immer geartete Bemerkung über sein schmähliches Verhalten von eben machte. Doch keine Angst, Herr Schweitzer hatte das traumatisch hätte enden könnende Kniebetatschen Johnnys schon längst wieder

Weitere Kostenlose Bücher