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Geist Auf Abwegen-Parkinson, Asperger und Co

Geist Auf Abwegen-Parkinson, Asperger und Co

Titel: Geist Auf Abwegen-Parkinson, Asperger und Co Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douwe Draaisma
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Faktoren. Ein wirkliches Heilmittel wusste er allerdings nicht anzubieten, doch es sollte helfen, viel Gemüse zu essen und dem Alkohol zu entsagen.
    Ein Jahr zuvor war der erste Band von Parkinsons Hauptwerk erschienen: Organic remains of a former world (1804-1811). Heute würde man das Gebiet als Paläontologie bezeichnen, was sich jedoch erst ab 1834 durchsetzte. Parkinson selbst beschrieb sich als »Fossilisten«. 1802 war Sohn John William in die Praxis eingetreten, und womöglich hatte James dadurch mehr Zeit, Fossilien zu sammeln, zu beschreiben und zu zeichnen. Manchmal grub er sie selbst in Stein- und Tonbrüchen der Umgebung aus, doch er erwarb sie auch auf Versteigerungen. Parkinson wirkte 1807 an der Gründung der Geological Society mit, zu deren Sitzungsberichten er viel beisteuerte. Die Zeit zwischen 1790 und 1820 ist bekannt als das >Heroic Age of Geology<, zu dem Parkinson mit seinem Buch einen großen Beitrag leistete. Es enthielt rund 700 Abbildungen von Fossilien, die nahezu allesamt aus seiner eigenen Sammlung stammten. Die meisten hatte Parkinson selbst gezeichnet. Das Studium der Fossilien (>medals of creation<) war eng mit der Frage nach dem Alter der Erde und dem Verlauf der Schöpfung verbunden. Für den gläubigen Parkinson stand außer Zweifel, dass der Fund von versteinerten Seetieren und Muscheln auf Berggipfeln oder weit im Landesinneren mit der Sintflut zu erklären war. Dass manche fossile Pflanzen und Tiere mittlerweile verschwunden waren und Fossilien wirklich >Reste einer vergangenen Welt< darstellten, bewies seiner Ansicht nach, dass die Erde viel älter war, als eine Schöpfung in sechs Tagen nahelegte. Diese >Tage< mussten also bildlich verstanden werden, als »Zeitalter unbestimmten Umfangs«. 9
    Organic remains begründete Parkinsons Ruf. Noch im Jahr 1850 nahm Manteil Parkinsons Zeichnungen in sein eigenes geologisches Standardwerk auf. Mit seiner Auffassung, marine Fossilien auf Berggipfeln seien ein Hinweis auf die Sintflut und die Schöpfungstage dürfe man nicht wörtlich verstehen, stand Parkinson in einer langen und frommen Tradition, wenn auch als einer der Letzten. Nach ihm begann die >moderne< Geologie. Organic remains, dreibändig, noch bis 1833 in neuen Auflagen erschienen, bildete den Abschluss einer Ära. An essay on the Shaking Palsy aus dem Jahr 1817, unscheinbar neben dem großen geologischen Werk, markiert den Beginn.
    AN ESSAY ON THE SHAKING PALSY
    Parkinson leitet seinen Essay mit einer Entschuldigung ein: Die von ihm beschriebene Krankheit sei noch nicht experimentell untersucht und anatomische Befunde seien ebenso wenig vorhanden. 10 Mehr als Vermutungen könne er zu diesem Zeitpunkt nicht präsentieren. Aber das Leiden sei so ernst und die Folgen für den Patienten so eingreifend, dass er nicht länger warten könne. Vielleicht könne der Essay gerade Anatomen zu Untersuchungen anregen, denn schließlich hätten diese »Freunde der Menschheit und der medizinischen Wissenschaft« bereits so vieles ans Licht gebracht, was die Gesundheit bedrohe und das Leben verkürze. 11 Nach diesem Aufruf stellt Parkinson in fünf kurzen Kapiteln die Krankheit vor. Er definiert sie und beschreibt ihren Verlauf, er erläutert die Symptome und zeigt Krankheiten auf, die mit ihr verwechselt werden könnten, er nennt eventuelle Ursachen und gibt einen Ausblick auf eine mögliche Behandlung.
    Parkinson definiert die >shaking palsy< als »unwillkürliche, zitternde Bewegung mit verminderter Muskelkraft in Körperteilen, die sich nicht in Bewegung befinden, und sogar in Körperteilen, die gestützt werden; mit einer Neigung, den Rumpf vorzubeugen und vom Gehen in einen Laufschritt überzugehen: Die Sinnesorgane und geistigen Fähigkeiten sind unbeeinträchtigt.« 12 Der erste Fall, den Parkinson zu Gesicht bekommen hatte, lag einige Jahre zurück, was ihm die Gelegenheit geboten hatte, die Symptome über einen längeren Zeitraum hinweg zu beobachten. Es handelte sich um einen Gärtner um die fünfzig, der ein »Leben von bemerkenswerter Mäßigung und Enthaltsamkeit geführt« hatte. 13 Der Tremor hatte in der linken Hand angefangen, was der Gärtner selbst einer Überbeanspruchung des Arms zugeschrieben hatte. Eine andere Ursache hatte er nicht angeben können. Der zweite Patient war etwas älter, 62 Jahre, ein ehemaliger Gerichtsbote, der bereits zehn Jahre an der Krankheit litt. Er zitterte an allen Gliedmaßen, konnte kaum sprechen und drohte beim Gehen stets vornüber zu

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