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Geist Auf Abwegen-Parkinson, Asperger und Co

Geist Auf Abwegen-Parkinson, Asperger und Co

Titel: Geist Auf Abwegen-Parkinson, Asperger und Co Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douwe Draaisma
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sind seine Geburt im Jahr 1755 verzeichnet sowie seine Hochzeit mit Mary Dale im Jahr 1781 und die Geburt ihrer sechs Kinder, von denen vier das Kindesalter überlebten. Vater John Parkinson praktizierte als Apothekenbesitzer und Hausarzt am Hoxton Square 1. Mit 17 wurde James von seinem Vater in die Praxis aufgenommen. Parkinson & Son, Sur-geon, Apothecary and Man-midwife wurde achtzig Jahre lang ohne Unterbrechung von vier Generationen Parkinsons geführt.
    James Parkinsons Geburts- und Todesjahr umspannen jenen Abschnitt der englischen Geschichte, den man als Industrielle Revolution bezeichnet - eine Umwälzung, die sich in der räumlichen und sozialen Ordnung Hoxtons widerspiegelte. Als James geboren wurde, lag Hoxton noch außerhalb der nördlichen Stadttore Londons. Es war ein schattenreiches Gebiet, voller Landsitze, Obstgärten und Grünanlagen. Mit der Errichtung Dutzender Fabriken änderte sich das grundlegend. Wer sich ein Fahrzeug leisten konnte, zog weiter hinaus. Wer zu Fuß gehen musste, hatte keine andere Wahl, als sich in der Umgebung der jeweiligen Fabrik eine Unterkunft zu suchen. Innerhalb weniger Jahrzehnte errichtete man in Hoxton endlose schmale Reihen von Arbeitersiedlungen, die schon bald zu Armenvierteln verkamen. Während Vater Parkinson noch eine Mittelklassenpraxis führte, bestand die Klientel von James und Sohn vornehmlich aus Arbeitern und Armen. Gerade die >man-midwifery<, die männliche Geburtshilfe, wird sie besonders in Anspruch genommen haben: Zwischen 1801 und 1811 stieg die Einwohnerzahl Hoxtons von dreißig- auf fünfzigtausend. Letztendlich sollte Hoxton zur am dichtesten besiedelten Quadratmeile Englands werden, mit Armenhäusern und nicht weniger als drei Irrenanstalten - sie alle weit über ihre Kapazitäten belegt. In einer dieser Anstalten, Holly House, nur wenige Gehminuten von seinem Haus entfernt, war Parkinson gut dreißig Jahre lang als Arzt tätig.
    Parkinson lebte in einer Kultur der Gesellschaften. Er war Mitglied der Medical Society of London, der Medico-Chirurgical Society of London, der Society of Apothecaries und noch einer Handvoll anderer Sozietäten. Manche waren gegründet worden, um die gesellschaftlichen Interessen der Mitglieder zu vertreten, wie die Society for the Relief of Widows and Orphans of Medical Men, doch die meisten Gesellschaften erfüllten Funktionen, die heute Fachzeitschriften und Kongresse übernommen haben. Während der Zusammenkünfte wurden Vorträge gehalten, wissenschaftliche Erkenntnisse ausgetauscht und Mitteilungen anderer Gesellschaften besprochen. Parkinson war dabei äußerst aktiv und hat selbst - wenn nötig - noch fehlende Gesellschaften gegründet. Vieles, was uns heute über sein Leben bekannt ist, stammt aus den Sitzungsprotokollen und Vorträgen jener Gesellschaften.
    Im Jahresbericht 1777 der Royal Humane Society wird James Parkinson als Gewinner der >Honorary Silver Medal< aufgeführt, überreicht für die Wiederbelebung des neunundzwanzigjährigen Brian Maxey. 4 Die genauen Umstände hat Vater John Parkinson in seinen Abhandlungen beschrieben. Am frühen Abend des 28. Oktober 1777 waren sie zum Haus von Maxey gerufen worden. Er hatte sich erhängt. Als sie ankamen, war der Körper bereits kalt und leblos, die Pupillen waren geweitet und reagierten nicht auf Licht. Sie konnten keinen Puls fühlen, der Kiefer war steif. Er hatte bestimmt eine halbe Stunde am Strick gehangen, ehe man ihn gefunden hatte. Ein Nachbar hatte schon damit begonnen, ihn zur Ader zu lassen. Die Parkinsons hielten sich genau an die Instruktionen, welche die Royal Humane Society für derartige Fälle aufgestellt hatte: Man decke Mund und ein Nasenloch ab und pumpe dann mit einem Blasebalg durch das andere Nasenloch die Lungen voll. Außerdem rieben sie dabei den Körper warm. Nach einer Viertelstunde war ein schwacher Pulsschlag zu fühlen und nach eineinhalb Stunden kam Maxey zu sich. »Er empfand tiefe Reue über dieses schreckliche Verbrechen«, fügte John Parkinson dem Bericht hinzu, »und war denen äußerst dankbar, die ihn Frau und Kindern wieder zurückgegeben hatten.« 5 Scheintote wieder zum
    Leben zu erwecken, übte auf James Parkinson ein Leben lang eine große Faszination aus. Tod durch Ertrinken, Erfrieren oder Ersticken war keine Seltenheit, und bei Ärzten des - wie man heute sagen würde - ambulanten Rettungsdienstes waren Wiederbelebungstechniken ausgesprochen gefragt. 1787 berichtete Parkinson vor der Medical Society of London

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