Geist und Kosmos: Warum die materialistische neodarwinistische Konzeption der Natur so gut wie sicher falsch ist (German Edition)
Antirealismus in Bezug auf die Naturwissenschaft, wäre das geradezu befremdlich bis zum Punkt der Ungereimtheit.
Wenn wir die Annahme des Realismus gelten lassen, besteht die größte Aussicht auf eine naturalistische Antwort für das erste Problem darin, dass die Evolutionstheorie und insbesondere die Evolutionspsychologie tatsächlich in der Lage sind, eine glaubwürdige Darstellung für den Erfolg unserer kognitiven Fähigkeiten zu geben. Dies ist das Ziel der naturalisierten Epistemologie für das Tatsachenwissen. Man will erklären, wie angeborene mentale Fähigkeiten, die wegen ihres unmittelbaren Anpassungswerts selektiert wurden, vermittelst einer erweiterten kulturellen Evolutionsgeschichte ebenfalls in der Lage sind, wahre Theorien über eine von Gesetzen beherrschteNaturordnung hervorzubringen, für deren Verständnis anfangs kein Anpassungsdruck bestand. Die evolutionstheoretische Erklärung müsste indirekt sein, weil das wissenschaftliche Wissen bei der Auslese der Fähigkeiten, die das Wissen hervorbrachten, keine Rolle spielte.
Die perfekte Geschichte würde ungefähr so verlaufen. Selbst in der Wildnis sind es nicht bloß Wahrnehmung und funktionierende Konditionierung, die einen Wert für das Überleben haben. Die Fähigkeit, Erfahrung zu verallgemeinern und diese Verallgemeinerungen oder allgemeinen Erwartungen der Bestätigung oder Widerlegung durch nachfolgende Erfahrung auszusetzen, ist ebenfalls anpassungsförderlich. Genauso verhält es sich mit einer grundlegenden Bereitschaft, logische Folgerichtigkeit bei Überzeugungen aufrechtzuerhalten, indem man Überzeugungen ändert, wenn Unstimmigkeiten auftauchen. Ein weiterer, sehr wichtiger Schritt würde die Fähigkeit sein, individuelle Eindrücke nicht nur aufgrund eigener gegenteiliger Eindrücke, sondern auch aufgrund der Wahrnehmungen anderer zu korrigieren. Das erfordert die Anerkennung anderer geistbegabter Wesen, eine Befähigung mit offenkundig anpassungsförderlichem Potenzial. Die Leistung dieser Fähigkeiten kann mit Hilfe der Sprache immens ausgeweitet und überlegt ausgeübt werden, wobei die Sprache außerdem erlaubt, Wissen kollektiv hervorzubringen, anzusammeln und weiterzugeben. Mit der Sprache können wir alternative Möglichkeiten im Gedächtnis behalten und mit anderen teilen sowie auf der Grundlage ihrer Vereinbarkeit oder Unvereinbarkeit mit weiteren Beobachtungen zwischen ihnen entscheiden. Komplizierte wissenschaftliche Theorien, die empirische Vorhersagen enthalten, sind deshalb Erweiterungen der höchst anpassungsförderlichen Fähigkeit, aus Erfahrung zu lernen – aus unserer eigenen und der von anderen.
Diese Geschichte hängt stark von der Vermutung ab, dass es einen biologischen Ursprung gibt für die Fähigkeit zur nichtperzeptiven Repräsentation durch eine Sprache, die zu der Befähigung führt, logisch anspruchsvolle, abstrakte Strukturen zu erfassen. Es ist nicht einfach zu sagen, wie man entscheiden könnte, ob dies eine Erscheinungsform von Befähigungen sein könnte, die im prähistorischen Alltag einen Wert für das Überleben besaßen. In Anbetracht des mathematischen Niveaus in modernen physikalischen Theorien erscheint das höchst unwahrscheinlich; aber vielleicht könnte die Behauptung verteidigt werden.
Es ist sogar möglich, eine entsprechende perfekte Geschichte über die Vereinbarkeit von Evolutionstheorie und moralischem Realismus zu erzählen. Ich denke dabei nicht an die bekannte Berufung auf die Soziobiologie, mit ihrer im Kern nepotistischen Interpretation angeborener altruistischer Dispositionen. Ich denke nicht einmal an die Erklärung der Kooperationsbereitschaft bei sozialen Lebewesen, die diese auf die Auslese ganzer Gruppen zurückführt. [2] Ich denke vielmehr an die Entdeckung allgemeiner Prinzipien des Werts durch solche rationalen Mittel, die denen entsprechen, die anderswo genutzt werden. Ausgehend von einem Verständnis angeborener Wünsche und Abneigungen als unmittelbaren Werteindrücken – als Eindrücken von dem, was für uns oder unsere Nachkommen gut oder schlecht ist – kann die Entdeckung einesgrößeren, prinzipiengeleiteten normativen Bereichs, eines Bereichs praktischer Vernunft, in dem diese unmittelbar ersichtlichen Werte angesiedelt sind, wiederum durch die Fähigkeit zur Verallgemeinerung und die Bereitschaft, Widersprüchlichkeit zu vermeiden, vor sich gehen.
Die Verallgemeinerung würde zur Erkenntnis von Werten in möglichen künftigen Erfahrungen, in den
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