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Geist und Kosmos: Warum die materialistische neodarwinistische Konzeption der Natur so gut wie sicher falsch ist (German Edition)

Geist und Kosmos: Warum die materialistische neodarwinistische Konzeption der Natur so gut wie sicher falsch ist (German Edition)

Titel: Geist und Kosmos: Warum die materialistische neodarwinistische Konzeption der Natur so gut wie sicher falsch ist (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Nagel
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Dispositionen betrachten können, wird irgendeine andere Erklärung dafür benötigt, um was es sich bei diesen Fähigkeiten handelt.
    So wie sich das Bewusstsein nicht als eine bloße Erweiterung oder Komplikation der physikalischen Evolution erklären lässt, so lässt sich die Vernunft nicht als eine bloße Erweiterung oder Komplikation des Bewusstseins erklären. Um unsere Rationalität zu erklären, wird zusätzlich zu dem, was nötig ist, um unser Bewusstsein und dessen offenkundig anpassungsförderliche Formen zu erklären, noch etwas erforderlich sein – etwas auf eineranderen Ebene. Die Vernunft kann uns über die Erscheinungen hinausführen, weil sie ganz allgemeine Gültigkeit besitzt anstatt nur lokal begrenzte Nützlichkeit. Wenn wir über sie verfügen, erkennen wir, dass sie von einer Theorie ihrer evolutionsbedingten Herkunft weder bestätigt noch untergraben werden kann und auch nicht durch irgendeine andere Außenansicht ihrer selbst. Wir können uns nicht von ihr distanzieren. Das war die Erkenntnis von Descartes.
    Wenn so etwas wie Vernunft auf dem Menü der Evolution auftauchte, könnte es seinen anpassungsförderlichen Wert lokal bewiesen haben. Dann könnte es mit Hilfe kultureller Verwendung und Entwicklung zu seiner derzeitigen Position kritischer Autorität aufgestiegen sein, indem es die älteren Stimmen von Wahrnehmung, Instinkt und Intuition korrigierte und überstimmte und selbst keiner Korrektur durch irgendetwas sonst unterworfen war. Die tiefe Verwurzelung und schlussendliche Souveränität über ältere Instinkte ist begreiflich – allerdings nur dann, wenn wir verstehen, wie so etwas überhaupt existieren kann.

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    Das ist ein zweites Problem: Was für ein Vermögen ermöglicht es uns, aus der Welt der Erscheinungen, die uns durch unsere präreflexiven angeborenen Dispositionen nahegebracht wird, in die Welt objektiver Realität zu entkommen? Und was müssen wir, einmal abgesehen vom Bewusstsein, der biologischen Geschichte hinzufügen, damit ein solches Vermögen verstehbar wird?
    Das Unverwechselbare an der Vernunft ist, dass sie unsdirekt mit der Wahrheit verbindet. Die Wahrnehmung verbindet uns nur indirekt mit der Wahrheit. Wenn ich einen Baum sehe, sehe ich ihn, weil er dort steht, aber nicht nur, weil er dort steht. Die Wahrnehmung ist keine Form der Erkenntnis: Ich erfasse das Vorhandensein des Baums nicht unmittelbar, obwohl es zunächst anscheinend so ist. Ich bin mir des Baums vielmehr deshalb bewusst, weil der Baum aufgrund der Beschaffenheit meines visuellen Systems eine geistige Wirkung in mir verursacht, wobei wir vermuten können, dass mein visuelles System von der natürlichen Auslese geprägt wurde, um in dieser Weise auf Licht zu reagieren, das von physikalischen Objekten zurückgeworfen wird. Ein solches System befähigt mich, zusammen mit weiteren perzeptiven und motivationalen Dispositionen, in der Welt zu überleben. Deshalb ist es nur in einem komplizierten und indirekten Sinne so, dass ich dann, wenn ich einen Baum sehe, ihn sehe, weil er da steht.
    Doch nehmen wir einmal an, ich stelle einen Widerspruch fest zwischen meinen Überzeugungen und »sehe«, dass ich mindestens eine von ihnen aufgeben muss. (Ich fahre am frühen Morgen nach Süden, und die Sonne geht rechts von mir auf.) In diesem Fall erkenne ich, dass die widersprüchlichen Überzeugungen nicht alle wahr sein können, und ich erkenne es einfach, weil es der Fall ist. Ich begreife es direkt. Es ist nicht angemessen zu sagen, dass ich mit einem Widerspruch konfrontiert bin und die dringende Notwendigkeit verspüre, meine Überzeugungen zu ändern, um ihm zu entkommen, was sich mit dem Umstand erklären lässt, dass die Vermeidung von Widersprüchen ebenso wie das Ausweichen vor Schlangen und Abgründen die Fitness meiner Ahnen steigerte. Daswürde eine indirekte Erklärung dafür sein, weshalb die Unmöglichkeit des Widerspruchs meine Überzeugung erklärt, dass es nicht wahr sein kann. Aber selbst dann, wenn einige unserer Vorfahren Opfer bloß logischer Phobien und Instinkte waren, sind wir längst darüber hinausgegangen: Wir verwerfen einen Widerspruch schon deshalb, weil wir die Unmöglichkeit sehen, und wir akzeptieren eine logische Implikation schon deshalb, weil wir sehen, dass sie notwendigerweise wahr ist.
    Bei der gewöhnlichen Wahrnehmung sind wir wie Mechanismen, die einem (grob) wahrheitserhaltenden Algorithmus gehorchen. Wenn wir aber die Vernunft gebrauchen, gleichen wir einem

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