Geist und Kosmos: Warum die materialistische neodarwinistische Konzeption der Natur so gut wie sicher falsch ist (German Edition)
moralische Wahrheiten gibt . Eine positive Stützung für den Realismus kann es nur geben, wenn sich das evaluative und moralische Denken beim Zustandebringen von Ergebnissen als förderlich erweist, darunter auch bei der Berichtigung von Überzeugungen, die einst weit verbreitet waren, und bei der Entwicklungvon neuen und verbesserten Methoden und Argumenten im Laufe der Zeit. Die realistische Interpretation dessen, was wir tun, indem wir über diese Dinge nachdenken, kann nur dann überzeugend sein, wenn sie eine bessere Darstellung ist als die subjektivistische oder sozialkonstruktivistische Alternative. Und das wird stets eine Frage des Vergleichs und eine Angelegenheit der Urteilskraft sein, so wie bei jedem anderen Bereich, sei es die Mathematik oder die Naturwissenschaft, die Geschichte oder die Ästhetik.
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All dies ist ein Präludium zu einer umfassenderen Frage: Welche Implikationen haben die verschiedenen Konzeptionen des Werts für die Naturordnung? Mein Beharren darauf, dass der Werterealismus kein metaphysisches Postulat zusätzlicher Entitäten oder Eigenschaften ist, könnte den Gedanken nahelegen, dass der Realismus keinerlei Implikationen für die Naturordnung hat. Das ist allerdings nicht der Fall. Im Grundsatz stimme ich Sharon Streets Standpunkt zu, wonach der moralische Realismus mit einer darwinistischen Darstellung des evolutionären Einflusses auf unsere Fähigkeiten zu moralischem und evaluativem Urteilen unvereinbar ist. [5] Street ist derMeinung, eine darwinistische Darstellung werde von der zeitgenössischen Wissenschaft stark gestützt, weshalb sie den Schluss zieht, dass der moralische Realismus falsch ist. Ich folge derselben Schlussfolgerung in die gegenteilige Richtung: Da der moralische Realismus richtig ist, muss eine darwinistische Darstellung der Motive, die unserer moralischen Urteilskraft zugrunde liegen, trotz des dafür sprechenden wissenschaftlichen Konsenses falsch sein.
Aber die Implikationen beschränken sich nicht darauf, sondern sind viel umfangreicher. Da wir alle offenkundig Erzeugnisse der Evolution sind und letztlich eines kosmischen Prozesses, der als Erstes zur Entwicklung einzelliger Organismen und dann zu bewussten Akteuren führte, bevor er schließlich intelligente Wesen hervorbrachte, die zu Werturteilen fähig sind, muss die Konzeption der Naturordnung, die diesen Prozess möglich machte, erweitert werden. Eine angemessene Konzeption des Kosmos muss mit ihren Mitteln erklären können, wie er zur Entstehung von Wesen führen konnte, die fähig sind, erfolgreich darüber nachzudenken, was gut und schlecht, richtig und falsch ist, und die moralische und evaluative Wahrheiten entdecken können, die nicht von ihren eigenen Überzeugungen abhängen. Dies entspricht den zuvor verteidigten Implikationen der Existenz von Bewusstsein und Kognition für die Naturordnung, geht aber weiter.
Dieser seltsame Streit, in dem zwischen verschiedenen Kategorien hin- und hergesprungen wird, verlangt einenKommentar. Die Argumentation von Street stützt sich auf einen empirisch wissenschaftlichen Anspruch, um eine philosophische Position in der Metaethik zu widerlegen. Ich stütze mich, was noch merkwürdiger ist, auf einen philosophischen Anspruch, um eine wissenschaftliche Theorie zu widerlegen, die durch empirische Belege gestützt wird. Gleichwohl denke ich nicht, dass die Denkbewegung in einem der beiden Fälle unangebracht ist. Werturteile und moralisches Denken gehören zum menschlichen Leben und sind deshalb Teil der Tatsachenbelege für das, wozu Menschen fähig sind. Die Interpretation von Fähigkeiten wie diesen ist für die Aufgabe, die beste wissenschaftliche oder kosmologische Erklärung dafür zu finden, was wir sind und wie wir entstanden, unweigerlich von Bedeutung. Was als eine gute Erklärung gilt, hängt stark von einem Verständnis dessen ab, was überhaupt erklärt werden soll.
Ich möchte mit einer Skizze der Argumentation von Street beginnen, wonach der moralische Realismus mit dem Darwinismus unvereinbar ist. Dargelegt wird diese Argumentation in ihrem Aufsatz »A Darwinian Dilemma for Realist Theories of Value«, [6] der recht kompliziert ist und nicht nur auf eine Form des Realismus eingeht. Die Argumentation gilt jedoch ausdrücklich für etwas, was sie nichtnaturalistische Versionen des Werterealismus nennt, denen zufolge evaluative Tatsachen oder Wahrheiten nicht auf irgendwie geartete natürliche Tatsachen zurückführbar sind und nicht
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