Geister-Dämmerung
mit jedem Schatten noch weiter auf. Diesmal war er der große Sieger, und ich hatte das Nachsehen.
Das Wissen, keinen Ausweg mehr zu finden, umkrallte mich wie eine gewaltige kalte Hand. Ich hatte, wenn man die äußeren Dinge in Betracht zog, schon in schlimmeren Situationen gesteckt. Da war ich stets direkt bedroht worden. Hier lauerte die Bedrohung noch. Sie war die Welt an sich, die immer mehr verging, denn die Götterdämmerung konnte nur der stoppen, der sie ins Leben gerufen hatte. Doch der Spuk wollte den Sieg.
Der Seher hatte einmal zugeschaut, jetzt würde er sehen, wie ich mich auf mein Ende vorbereitete.
Sollte ich mich verkriechen? Vielleicht fand ich irgendeine Bodenspalte, in die ich hineinpasste, um dort so lange zu warten, bis mich das Feuer erreichte.
Zuvor konnte ich aber auch meine Beretta nehmen und mir eine Kugel in den Schädel jagen. Dazu fehlte mir der Mut.
Das Heulen wurde lauter.
Immer mehr Monster glitten aus den Tiefen des Pandämoniums herbei. Sie jagten so nahe an mir vorbei, dass ich nach ihnen hätte greifen können. Und sie waren noch schneller geworden.
Das hatte seinen Grund.
Ich war in den letzten Sekunden zu sehr mit mir selbst beschäftigt gewesen, deshalb hatte ich die Feuerwand zeitweise aus den Augen verloren. Dies rächte sich nun.
Die Wand, die bisher immer vor mir gestanden hatte, nahm eine andere Form an. Sie wurde zu einem Kreis. Einem Kreis aus Feuer. Die letzten total verängstigten Monstren wurden aus ihren Verstecken hervorgezerrt und in die Vernichtung getrieben. Die Geisterdämmerung hatte das Finale erreicht.
Nur ich lebte noch, aber mich wollte der Spuk als letzten vernichten, um seinen Triumph auszukosten. Hier regierte er, hier zerstörte er. Es hatte auch keinen Sinn mehr, den Versuch eines Fortlaufens zu starten. Ich konnte stehen bleiben, wo ich war, und auf mein nahes Ende warten. Die Feuerwand schob sich seitlich und hinter mir mit einer beängstigenden Geschwindigkeit zusammen, um vernichten zu können. Und so wartete ich.
Meine Kehle war trocken, das Herz klopfte rasend. Mit jedem Schlag drang mehr Schweiß aus meinen Poren, und meine Knie wurden weich und zitterten.
Noch hatte ich die Todesangst zurückdrängen können, aber sie würde kommen und mich mit einer Urgewalt packen. So stark war kein Mensch, um sich dagegen anstemmen zu können.
Noch immer schaute ich mich um. Es war mir einfach gegeben, so zu reagieren. Immer wieder suchte ich nach Auswegen aus ausweglosen Lagen, doch diesmal sah ich nichts. Es gab keinen Weg durch die Flammen.
Und wieder einmal schaute ich nach vorn.
Da sah ich etwas im Feuer. Wie zum Hohn war dort ein Würfel entstanden. Er leuchtete dunkler als das Feuer und war sehr deutlich zu erkennen.
Ich lachte hart auf, dann warf ich meine Worte dem Würfel entgegen.
»Ich weiß es, Spuk. Verdammt, ich weiß genau, dass du dabei sein willst, wenn ich sterbe. Ja, ich weiß es, und du wirst mit dem größten Vergnügen zusehen, wie mich dein Feuer zu einem Schatten zerreißt. Aber es wird andere geben, die meinen Tod rächen, das schwöre ich dir. Du kannst mich töten, aber das Schicksal und den Lauf der Welt nicht aufhalten. Das Böse wird nicht siegen. Das darf nicht sein. Die Menschen haben bisher alles überlebt, auch wenn sie Opfer bringen mussten. Und sie werden auch dich überleben, das kann ich dir versprechen, Spuk…«
»Nicht der Spuk, John, deine Rettung, deine Hilfe…«
Ich hörte die Stimme und schwieg. Wieder hatte der Seher sich eingeschaltet. »Wieso?« rief ich.
»Der Würfel ist deine Hilfe. Du musst auf ihn zugehen. Schreite in die Flammenwand hinein, Geisterjäger. Es ist tatsächlich die einzige Möglichkeit, die dir bleibt. Und beeile dich, die Geisterdämmerung ist in wenigen Augenblicken zu Ende…«
Da war die Stimme wieder weg. Ich aber folgte ihrem Rat und schritt auf die gewaltige Flammenwand zu…
Mein Blick war natürlich auf sie gerichtet, aber der Würfel nahm mein größtes Interesse in Anspruch. Der Seher hatte von einer Hilfe gesprochen, und erst jetzt dachte ich daran, dass es noch einen zweiten Würfel gab. Der lag in den Panzerschränken des Yard. Oder etwa nicht?
Ich schritt auf ihn zu. Das heißt, ich näherte mich zunächst einmal der Flammenwand und konnte feststellen, dass sie nicht mehr in Bewegung war, sondern stillstand.
War das schon die Hoffnung?
Ich glaubte daran und setzte meine Schritte weiter. Starr war der Blick auf den Würfel gerichtet, und plötzlich
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