Geisterbahn
hielt er dagegen.
»Ein paarmal schon. Und mehr als einmal ist nicht nötig.«
»Wenn du versuchst, mich vor Gericht festzunageln oder so, werde ich fünf oder sechs Freunde auftreiben, die schwören, daß sie in den letzten paar Monaten in deinem Höschen waren.«
»In meinem ganzen Leben hat es außer Eddie und dann dir keinen anderen gegeben! «
»Vor Gericht steht dann dein Wort gegen ihres.«
»Sie würden einen Meineid leisten.«
»Ich habe Kumpels, die alles tun würden, um mir zu helfen.«
»Sogar, meinen Ruf zu zerstören?«
»Was für einen Ruf?« fragte er höhnisch.
Amy wurde schlecht. Es war hoffnungslos. Sie konnte ihn nicht zwingen, das Richtige zu tun. Sie war auf sich allein gestellt. »Bring mich nach Hause«, sagte sie. »Gern«, sagte er. Die Fahrt zurück in die Stadt dauerte eine halbe Stunde. Während dieser Zeit sprach keiner von ihnen ein Wort. Das Haus der Harpers lag an der Maple Lane, in einem ordentlichen Mittelklasseviertel mit gepflegten Rasenflächen und Sträuchern, frischer Farbe und Doppelgaragen. Die Harpers wohnten in einem zweistöckigen Haus im Neokolonialstil, weiß mit grünen Schlagläden vor den Fenstern. Unten im Wohnzimmer brannte Licht.
»Wir werden uns wahrscheinlich während der letzten Prüfungswoche in der Schule sehen«, sagte Amy, als Jerry den Chevy an den Bordstein lenkte und vor dem Haus bremste. »Und auch in zwei Wochen bei der Abschlußfeier.
Aber das ist wohl das letzte Mal, daß wir miteinander sprechen.«
»Darauf kannst du dich verlassen«, sagte er kalt.
»Deshalb möchte ich nicht die Gelegenheit verpassen, dir zu sagen, was für ein verdammtes Arschloch zu bist«, sagte sie so ruhig, wie es ihr möglich war.
Er starrte sie an, sagte aber nichts.
»Du bist ein unreifer kleiner Junge, Jerry. Du bist kein Mann und wirst wahrscheinlich nie einer sein.«
Er antwortete nicht. Sie standen unter einer Straßenlampe, und sie konnte deutlich sein Gesicht sehen: Es war ausdruckslos.
Sie war von seiner Weigerung erzürnt, auf ihre Worte zu reagieren. Sie wollte mit dem Wissen gehen, daß sie ihn so schlimm verletzt hatte, wie er sie mit dem Kommentar über ihren Ruf verletzt hatte. Aber sie verstand sich nicht besonders gut darauf, Schmähungen vorzubringen. Sie hatte keine Begabung zum Streiten. Normalerweise zog sie den Wahlspruch Leben und leben lassen vor, aber in diesem Fall hatte Jerry ihr ein so großes Unrecht zugefügt, daß sie den für sie völlig untypischen Drang verspürte, sich zu rächen. Sie wappnete sich für einen letzten Versuch, ihm einen Stich zu versetzen.
»Ich will dir noch eins sagen, eigentlich nur, um deiner nächsten Freundin einen Gefallen zu tun«, fuhr Amy fort.
»Du bist in einer weiteren Hinsicht wie ein kleiner Junge, Jerry. Du bumst wie ein kleiner Junge. Du bist auch in dieser Hinsicht unreif. Ich hatte gehofft, daß du mal besser wirst, aber das ist nicht eingetreten. Weißt du, wie oft es dir gelungen ist, mich zum Kommen zu bringen? Dreimal. An all diesen Abenden, an denen wir miteinander geschlafen haben, bin ich nur dreimal zum Höhepunkt gekommen.
Du bist unbeholfen, grob und kommst viel zu schnell. Ein richtiger Rammler. Tu deiner nächsten Freundin einen Gefallen und lies wenigstens mal ein paar Bücher über Sex.
Eddie Talbot war gar nicht so toll, aber im Vergleich zu ihm bist du wirklich lausig im Bett.«
Während sie sprach, sah sie, daß sein Gesicht sich verfinsterte und verkrampfte, und wußte, daß sie endlich zu ihm vorgedrungen war. Mit einem widerwärtigen Gefühl des Triumphs öffnete sie die Beifahrertür und wollte aussteigen.
Er packte ihr Handgelenk und zog sie in den Wagen zurück. »Weißt du, was du bist? Du bist ein Schwein, das bist du.«
»Laß mich los«, sagte sie scharf und versuchte, sich von ihm loszureißen. »Wenn du mich nicht losläßt, erzähle ich dir vielleicht, wie elend klein das Ding zwischen deinen Beinen im Vergleich zu dem Eddie Talbots ist, und das willst du bestimmt nicht hören.«
Sie vernahm ihre Worte, und ihr gefiel nicht, wie hart und schlampig sie klang; doch gleichzeitig empfand sie eine wilde, primitive Freude über den Schock, der auf seinem Gesicht zu sehen war.
Im letzten halben Jahr hatte sie mehrmals seine sexuelle Unsicherheit gespürt, und jetzt hatte sie diese Unsicherheit ausgenutzt. Er war wütend. Er ließ ihr Handgelenk nicht einfach los, er stieß es von sich, als hätte er plötzlich gemerkt, daß er eine Schlange
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