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Geisterblumen

Geisterblumen

Titel: Geisterblumen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michele Jaffe
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Traum, kein Albtraum, aus dem sie aufwachen kann. Die Schritte, die sie hinter sich hört, sind diesmal echt. Ihr Hals schmerzt wirklich, jeder Muskel in ihrem Körper brennt, und jeder Atemzug versengt ihre Luftröhre. Doch sie kann nicht stehen bleiben.
    Während sie läuft, tauchen Bruchstücke dessen auf, was am Abend passiert ist, greifen nach ihr, wollen sie aufhalten, fangen. Das Einkaufszentrum. Dann die Party. Das Badezimmer. Die SMS . Der Streit.
    Sie öffnet die Augen und sieht das Mädchen mit den großen, beinahe blicklosen Augen, das neben ihr auf dem Schotter liegt. Das Mädchen sagt: »Geh. Sie wollen mich, nicht dich.«
    Sie hört ihre eigene Stimme, die verspricht zurückzukommen. »Ich hole Hilfe. Ich lasse dich nicht allein.«
    Ihre Brust hebt sich mit einem Schluchzen, das sich in ihrer Kehle fängt, als der Strahl einer Taschenlampe vor ihr auf den Weg fällt. Sie haben sie gefunden, sie kommen näher, sie …
    Sie rennt vom Licht der Taschenlampe weg, taucht in völlige Dunkelheit. Ihre Augen haben keine Chance sich anzupassen, sie läuft blindlings dorthin, wo sie den Weg vermutet. Bevor sie ihn erreicht, stolpert sie über einen Stein, fliegt der Länge nach über den Weg und einen Abgrund hinunter.
    Sie streckt vergeblich die Hände aus, um sich zu bremsen, holpert den staubigen Steilhang hinunter, bis ihr Rücken auf etwas Hartes prallt. Sie reißt vor Schmerz und Schock die Augen auf. Sie tastet mit einer Hand umher und entdeckt, dass sie auf einem Vorsprung aus festgetretener Erde liegt, der sich zwischen den Ästen eines vertrockneten Baums gebildet hat. Über sich sieht sie den Strahl der Taschenlampe.
    Das Licht bewegt sich im Zickzack die Wand hinunter, die sie eben hinabgestürzt ist, und kommt mit jedem Mal näher. Es hält knapp vor ihr an, so nah, dass es sich im pinken Fingernagel ihres kleinen Fingers spiegelt. Nichts passiert. Haben sie sie wirklich nicht gesehen?
    Über ihr bewegen sich die Schritte eines einzelnen Menschen am Rand der Schlucht entlang, in die sie gestürzt ist, während der Strahl in weitem Bogen über die Umgebung schwenkt. Ein Steinchen fällt herunter und landet auf ihrem Gesicht. Als sie es wegwischen will, gleitet etwas Kaltes über ihr Handgelenk.
    Sie unterdrückt einen Schrei und liegt wie versteinert da; ihr Herz rast so schnell, dass sie die Schritte über sich nicht mehr hören kann, bis sie begreift, dass das Ding an ihrem Handgelenk nur die Kette ihres Freundschaftsanhängers ist. Sie muss beim Sturz zerrissen sein. Lautlos schließt sie die Finger darum und tastet nach der Tasche ihres Rocks. Sie schiebt die zerrissene Kette zu den zwanzig Dollar, die sie immer für Notfälle dabeihat.
    Jetzt bleiben die Schritte stehen, und der Strahl der Taschenlampe verharrt knapp einen Meter oberhalb ihres Kopfes, als würde derjenige nun ganz stillstehen und lauschen. Sie hält die Luft an, lauscht, hört nichts.
    Von oben flüstert eine Stimme ihren Namen, eine Stimme, die ihr bekannt vorkommt. »Komm raus, ich will dir doch nur helfen.« Es klingt aufrichtig und nett. Aber sie weiß, dass es gelogen ist. Dieselbe Stimme hat sie gehört, bevor alles schwarz wurde. Die Stimme, die gesagt hat: »Du Vollidiot, warum hast du dich umgezogen?«
    Das Licht beschreibt einen weiteren Bogen, streift diesmal ihren Arm, und sie
denkt:
Das war’s.
Doch dann kehrt der Lichtstrahl wie ein gut erzogener Hund zu der Person zurück, die die Taschenlampe hält, und beleuchtet für einen kurzen Moment die Spitzen dunkelblauer Stoffturnschuhe, bevor diese sich weiterbewegen.
    »Ich muss Hilfe holen; ich hab es versprochen«, denkt sie, als der Ast unter ihr nachgibt und sie kopfüber in tiefe Dunkelheit stürzt.

47. Kapitel
    G rant wirkte etwas überrascht, als ich so stürmisch in sein Auto sprang.
    »Alles klar?«
    »Ja. Ich freue mich nur … dich zu sehen.«
    Er musterte mich. »Ich dachte, wir könnten vielleicht zu mir fahren, aber …«
    »Na los«, sagte ich enthusiastisch. Bridgette winkte wie eine Wilde. »Ich möchte gerne sehen, wo du wohnst.«
    Die Fahrt zu dem Wohnwagen, den Grant sich mit seinem Bruder teilte – »wir bezeichnen es gerne als Wohnwagen-Anwesen« –, dauerte nur fünfunddreißig Minuten, aber die Landschaft und die Luft veränderten sich so dramatisch, dass es ebenso gut fünfunddreißig Stunden hätten sein können. Nach zehn Minuten hatten wir Tucson hinter uns gelassen und befanden uns in einer flachen, goldenen Wüste.
    Wir verließen

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