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Geisterblumen

Geisterblumen

Titel: Geisterblumen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michele Jaffe
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sagen.«
    Ich riskierte einen Blick zu Bain und Bridgette. Bridgette betrachtet ihre Fingernägel, doch Bain schaute mich an. Erst als er mir zuzwinkerte, bemerkte ich, dass ich die ganze Zeit über die Luft angehalten hatte.

18. Kapitel
    O bwohl es gut gelaufen war, waren meine Nerven ziemlich angespannt, und ich musste mich sehr konzentrieren, um Onkel Thom zuzuhören, als wir in seinem roten Jaguar Baujahr 1962 losfuhren.
    Er schaltete sanft, als müsste er ein nervöses Pferd beruhigen, und sagte seufzend: »Deine Großmutter hätte zum Theater gehen sollen. Sie liebt die große Inszenierung.«
    »Es scheint dir nichts auszumachen.«
    Er lachte. »Es geht doch bloß um Geld.« So etwas konnte nur jemand sagen, der eine Menge davon hatte. Vielleicht stimmten die Gerüchte nicht, nach denen Tante Claire ihr Vermögen verloren hatte. »Du erinnerst dich also an gar nichts?«
    »Nein, wirklich nicht.«
    Er grinste. »Muss komisch sein.«
    »Ja, das ist es.«
    Als wir die gewundene Straße vom Anwesen der Silvertons hinunterfuhren, kamen wir an anderen großen Häusern vorbei, gewaltigen Bauwerken aus Stahl und Fels und Glas, die aus dem ebenen Boden aufragten. Sie sahen nicht aus wie Häuser, in denen man lebte, eher wie Andachtsstätten, Monolithe einer seltsamen Religion, die von Jüngern in Cargo-Shorts, Sportsonnenbrillen und pastellfarbenen Polohemden mit aufgestickten Logos wie Bobs Pool, Sonora-Wüsten Landschaftsarchitekt oder Hollywood Heimkinos sorgfältig gepflegt wurden. Ich stellte mir vor, dass Aurora mit Mädchen befreundet gewesen war, die in solchen Häusern wohnten, dass sie durch Flure gegangen war, in denen die Beleuchtung ihre Anwesenheit automatisch erkannte, und in Heimkinos mit schwarzen Ledersesseln gesessen hatte, in denen sie sich Filme angeschaut, angesagte Pop-Tarts gegessen und Wodka getrunken hatte.
    Onkel Thom summte vor sich hin und klopfte mit einem Finger aufs Lenkrad, als würde er die Fahrt genießen. »Ich habe versucht, der Polizei diese Befragung auszureden, aber sie wollten deine Aussage sofort aufnehmen.«
    »Schon gut, ich möchte es lieber hinter mich bringen.« Ich hatte mein Leben lang Geschichten erzählt; ich wusste, was ich tat. Doch als wir uns der Polizeiwache näherten, wurde ich trotzdem nervös.
    Aus irgendeinem Grund schien sich Onkel Thom über alles, was ich sagte, zu amüsieren. »Das kann ich verstehen.« Er lachte kurz auf. »Falls sie irgendwelche Fragen stellen, die nicht zur Sache gehören, werde ich Einspruch erheben, aber du kannst auch einfach die Aussage verweigern.«
    Das erregte meine Aufmerksamkeit. »Welche Fragen, die nicht zur Sache gehören?«
    »Familienangelegenheiten. Gerade jetzt, da sich Bridger um einen Sitz im Kongress bewirbt, gibt es viele Leute, die gern schmutzige Wäsche waschen wollen.«
    »Gibt es denn schmutzige Wäsche?«
    Er lachte wieder und schaltete in den zweiten Gang zurück. »Du bist witziger als die alte Aurora«, sagte er und fügte mit einem Augenzwinkern hinzu: »Darauf solltest du achten. Die Leute könnten misstrauisch werden.«
    Ich erstarrte. Er hatte mir praktisch gesagt, dass er mich für eine Hochstaplerin hielt. Am liebsten hätte ich die Tür aufgerissen und wäre weggelaufen.
    Sei kein Idiot
, sagte eine Stimme in meinem Kopf, die mehr nach Aurora
als nach mir klang.
Er weiß gar nichts, sonst hätte er dich längst hochgehen lassen. Mach ihm Druck. Dann zieht er den Schwanz ein.
    »Wie meinst du das?«
    Seine Belustigung wankte einen kurzen Augenblick. »Nun, äh, die Polizei versteht manchmal keinen Spaß.« Er stotterte ein bisschen. »Bei denen würde ich geradeheraus sein.«
    Bevor ich antworten konnte, bogen wir auf den Parkplatz der Polizeiwache, auf dem nur Streifenwagen zu sehen waren. Die geflieste Eingangshalle war verlassen, als wir sie wenig später betraten. Es herrschte eine träge Atmosphäre, und ich fragte mich, ob es daran lag, dass heute Samstag war oder ob in Tucson kaum Verbrechen geschahen.
    Detective Ainslie trug eine dunkle Nadelstreifenhose und eine rostbraune Uniformbluse mit kurzen Ärmeln. Sie bot uns Kaffee in Styroporbechern an, die mit einem aztekischen Motiv bedruckt waren, und führte uns in ein Besprechungszimmer. Dort saß schon jemand, eine still wirkende Afroamerikanerin mit kurzem Kraushaar. Ihr vernünftiger Haarschnitt, die Brosche in Form eines Skarabäus und das graue Twinset wiesen sie als Psychotherapeutin aus, und ich war nicht überrascht, als sie sich als

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