Geisterblumen
hindeuten. Hat Liza so etwas jemals erwähnt? Hat sie mit ihrem Vater oder ihren Schwestern gestritten?«
»Nein«, antwortete ich. »Nicht, dass ich wüsste.«
»Du hast dein Handy auf der Party gelassen. Als man es fand, waren alle Nachrichten gelöscht worden. Machst du so etwas öfter?«
»Kann sein.« Ich dachte daran, wie steril Auroras Zimmer wirkte – und an den Fotostreifen, den sie in der Schublade versteckt hatte –, und erkannte plötzlich den Grund. »Ich wollte nicht, dass meine Großmutter sie liest.«
»Würde sie so etwas tun?«
»Ich glaube schon. Dachte ich jedenfalls.«
»An dem Tag hast du im Einkaufszentrum mehr als« – Detective Ainslie warf einen Blick in ihre Aktenmappe – » 750 Dollar ausgegeben. Du hast das Geld im Laufe der vorangegangenen Woche abgehoben, bis nur noch dreiundzwanzig Dollar auf deinem Konto waren. Hast du so etwas öfter gemacht?«
»Ich kann mich nicht erinnern.« Ich holte tief Luft und glaubte wieder, Jasmin zu riechen. Meine Anspannung wuchs, bis mir klar wurde, dass es vermutlich Onkel Thoms Aftershave war.
»Wohin seid du und Liza nach der Party gegangen?«
»Ich kann mich nicht erinnern.«
»War es deine oder ihre Idee, zum Three-Lovers-Point zu fahren?«
Onkel Thom räusperte sich. »Verzeihung. Sie haben einen Zeugen, der ein Mädchen – ein einzelnes Mädchen – in ein weißes Auto steigen sah, das in diese Richtung fuhr. Was bedeutet …«
»Er hat ein Mädchen gesehen«, warf Detective Ainslie ein. »Er war sich nicht sicher, ob es wirklich nur eins war.«
»… was bedeutet«, fuhr Onkel Thom mit leichter Schadenfreude fort, »es gibt keinen Beweis dafür, dass meine Nichte dort gewesen ist.«
»Ich glaube doch«, entgegnete Detective Ainslie und holte etwas aus einem Karton, der neben ihr auf dem Boden stand. »Dieser Knopf wurde an der Stelle gefunden, an der Liza gesprungen ist.« Sie schob mir eine kleine Plastiktüte hin. »Er stammt vom Trenchcoat Ihrer Nichte. Wie Sie auf den Tatortfotos sehen, wurde dort aber kein Trenchcoat gefunden.«
Ich schaute zu ihr statt auf den Knopf. »Woher wissen Sie, dass er von meinem Trenchcoat stammt?«
Die Ermittlerin deutete auf die Quittung, die sie mir vorhin gezeigt und die ich unterschrieben hatte. »Du hast ihn an diesem Tag im Einkaufszentrum gekauft.«
Onkel Thom warf die Hände in die Luft. »Vor zwei Jahren war es die Uhr. Jetzt ist es ein Knopf. Das ist wirklich absurd. Diesen Trenchcoat dürfte es unzählige Male geben.«
Die Uhr
? Ich hätte gern gewusst, was das nun wieder hieß, doch
stattdessen purzelten die Wörter in meinem Kopf wild durcheinander und lenkten mich ab.
Etwas anderes … das dir nachgeht.
Es war wie bei einer schlechten Telefonverbindung oder einem Radiosender, der nicht richtig eingestellt ist. Als spräche jemand in meinem Kopf.
»Sie hatten die Mäntel erst an jenem Tag hereinbekommen«, erklärte Detective Ainslie. »Und Ihre Nichte ist die Einzige, die einen gekauft hat. Sie waren noch nicht einmal im Laden ausgestellt.«
»Es gibt andere Läden in anderen Staaten. Das ist kein Beweis. Außerdem wurde die Leiche erst am nächsten Tag gefunden. Der Knopf hätte jemand anderem gehören können, der ebenfalls dort war. Oder jemand hätte ihn hinlegen können, um den Verdacht auf die Familie zu lenken.«
Mir fiel auf, dass er das Wort »Familie« genauso aussprach wie Bain und Bridgette, und ich fragte mich, wie lange es dauerte, bis man indoktriniert war. Würde ich es bald auf die gleiche Weise aussprechen?
»Bist du dir sicher, dass du nicht dort warst?«, wollte die Ermittlerin wissen.
Ich betastete den Knopf in der Tüte. Er war aus Altgold und so geschliffen, dass er aussah wie die Fassung für einen Edelstein. In der Mitte befand sich ein Herz aus Kristall. Er war kitschig, aber mit hohem Wiedererkennungswert. »Nein, ich bin mir gar nicht sicher.«
Mir wurde klar, dass Detective Ainslie und Dr. Jackson mich beobachteten, aber nicht, als wären sie neugierig auf meine Erinnerungen, sondern als verdächtigten sie mich der Lüge. »Ich verstehe das nicht. Sie hat Selbstmord begangen. Weshalb die ganzen Fragen?«
Die Ermittlerin kehrte die Handflächen nach außen. »Du hast dein Handy zurückgelassen. Alle Nachrichten gelöscht. Dein Bankkonto geplündert. Da fragen wir uns schon, ob es eine Art Selbstmordpakt war. Ob sie es durchgezogen hat und du nicht.«
»Oh, mein Gott«, sagte ich und nahm rasch die Hand vom Knopf. »Ich … nein, das
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