Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Geisterblumen

Geisterblumen

Titel: Geisterblumen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michele Jaffe
Vom Netzwerk:
ich mir mein Date. Du und Huck bezieht im Speisesaal Stellung.«
    »Wie Sie wünschen, Sir.«
    Sie formte ein Herz mit den Händen und hielt es vor die Brust. »Ich liebe ihn!« Dann ergriff sie meinen Arm. »Du kommst mit.«
    »Holzschuhtanz?«, flüsterte ich Grant über die Schulter zu.
    »Für Publicity tut sie alles«, erklärte er grinsend.
    Ich war noch dabei, das zu verdauen, als mich Coralee zu den Toiletten zerrte, deren goldene Beschriftung eher zu einer Bank gepasst hätte.
    Ein Pfeil zeigte eine mit grünem Teppich ausgelegte Treppe hinunter. »Die Treppe zum alten Pool ist unten links durch die Tür, auf der
Zutritt für Unbefugte verboten
steht. Falls du es ›vergessen‹ haben solltest.« Sie beschrieb Anführungszeichen in der Luft.
    Ich starrte sie an. »Wovon redest du?«
    Sie drückte mich gegen die Wand und flüsterte mir ins Ohr: »Hör zu, ich kenne dein Geheimnis. Du kannst also mit der Gedächtnisverlust-Story aufhören.«
    Mein Magen zog sich vor Schreck zusammen. Coralee, die Twitter-Queen, wusste, dass ich eine Hochstaplerin war. Wenn sie es jemandem sagte, würde alles herauskommen. Der Deal mit Bain und Bridgette. Wer ich wirklich war …
    Das durfte ich nicht zulassen. Das Blut rauschte mir in den Ohren. »Ach ja?«
    Sie nickte. »Natürlich. Ich weiß es schon lange. Aber keine Sorge, ich habe es damals nicht gesagt und werde es auch jetzt nicht sagen.«
    Plötzlich hatte ich das Gefühl, dass wir nicht vom selben Geheimnis redeten. »Danke. Wer hat es dir erzählt?«
    »Niemand hat es mir
erzählt
. Ich hab es einfach gemerkt. Ich beobachte Leute sehr aufmerksam. Dass er immer zufällig beim Tennistraining vorbeikam. Und er hat dir Zettel am Old Man hinterlassen.«
    »Zettel? Old Man?«
    »Ja, der große Kaktus in der Nähe der Schule.« Sie seufzte genervt. »Ich sage doch, ich weiß Bescheid. Du musst mir nichts vormachen. Es war romantisch, dass ihr es geheim halten musstet und Liza sie immer für dich abgeholt hat. Aber jetzt bekommst du eine zweite Chance.« Mein Herz setzte aus.
    »Wovon redest du?« Und doch ahnte ich schon, was sie meinte.
    »UmarmungKüsschenCiao«, rief sie und schob mich aufgeregt zur Treppe.
    Dreh dich um und lauf weg,
befahl eine Stimme in meinem Kopf.
Geh. Diesem Treffen bist du nicht gewachsen.
    Aber es ging nicht. Eine unsichtbare Hand schien mich vorwärts zu drängen.
    Das Gesicht auf dem zerkratzten Foto.
    Ich stieg die wenigen Stufen hinunter, bog links ab und fand mich vor einer Tür wieder.
Kein Eingang. Zutritt für Unbefugte verboten.
    Ich hielt inne und trat ein.
    Zuerst traf mich der Geruch, der saubere Geruch von Chlor und der weniger saubere von Schimmel. Meine Schritte hallten in dem gewaltigen, gefliesten Raum. Der Pool war leer, im Dämmerlicht der Schilder, die die Notausgänge anzeigten, erkannte ich, dass er einmal sehr elegant gewesen sein musste, mit grün-goldenen Mosaiken an einer Wand und Spiegeln an der anderen.
    Auf halbem Weg sah ich ihn. Er saß auf einem einsamen Liegestuhl, die Beine vor sich ausgestreckt, kariertes Holzfällerhemd, die Arme vor der Brust gekreuzt, nach hinten gelehnt mit der Geduld eines Menschen, der einen ganzen Tag lang warten konnte, oder ein ganzes Jahr. Ich stellte mir vor, dass er schon zigmal hier gesessen haben musste, am selben Ort, in derselben Haltung. Ich konnte mir genau vorstellen, wie Aurora auf ihn zugegangen war, genau wie ich jetzt.
    Er sprach ihren Namen laut aus, und das reichte schon. Obwohl sein Gesicht zerkratzt gewesen war, wusste ich sofort, wer er war.
    Colin Vega.

35. Kapitel
    I ch konnte verstehen, weshalb Aurora sein Gesicht so gründlich zerkratzt hatte, denn ansonsten hätte man ihm nur schwerlich böse sein können.
    Er sah so gut aus, dass es einen wie ein Schlag in den Magen traf. Er war einer jener Männer, die man schon von Weitem bemerkt und die beim Näherkommen immer attraktiver werden, bei denen man ein Kribbeln im Bauch und weiche Knie bekommt. Er sah aus wie Superman im richtigen Augenblick – nachdem er etwas Todesmutiges getan, aber noch nicht die Brille wieder aufgesetzt hat, ein bisschen rau, noch nicht ganz gezähmt.
    Vielleicht war der Superman-Eindruck aber auch falsch, denn er wirkte irgendwie gereizt, sein Kiefer war angespannt. Er war kein braver, aber auch kein ganz böser Junge. Ich konnte mir vorstellen, dass er und Aurora gemeinsam Funken gesprüht hatten.
    Colin hatte tiefliegende, braune Augen mit dichten Wimpern, hohe Wangenknochen, die

Weitere Kostenlose Bücher