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Geisterblumen

Geisterblumen

Titel: Geisterblumen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michele Jaffe
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Erklärung konnte ich ihm liefern? Plötzlich kam mir alles schäbig vor – die Viertelmillion Dollar, der Wunsch, nicht allein zu sein, der Drang, die Wahrheit herauszufinden.
    Es war, als könnte er meine Gedanken lesen. »Du hast recht. Sag nichts. Es gibt keinen vernünftigen Grund.«
    »Es war die Idee von Bain und Bridgette. Sie können es bestätigen.« Aus irgendeinem Grund war es mir wichtig, in seinen Augen nicht ganz so schlecht dazustehen.
    »Das ist unmöglich. Warum sollten sie so etwas machen?«
    »Für Geld. Aurora sollte Geld bekommen …«
    »An ihrem achtzehnten Geburtstag. Also bekommst du es und gibst es ihnen, und was dann?«
    »Ich erhalte einen kleinen Teil davon und gehe weg von hier.«
    »Aber sie hätten dich nicht gebraucht. Sie hätten es gemäß Altheas Testament ohnehin bekommen. Nach ihrem Tod fällt es an sie.« Er hielt inne, und ich hörte förmlich, wie sein Gehirn arbeitete. »Aber niemand weiß mit Sicherheit, dass sie tot ist, oder? Natürlich. Sie brauchen eine Identifizierung.«
    »Was?« Mir gefiel sein Tonfall nicht und seine finstere, geradezu böse Miene.
    »Eine tote Aurora nützt ihnen ebenso sehr wie eine lebendige. Sogar mehr. Eine verkohlte Aurora wäre besonders gut, dann müssten sie sich keine Sorgen wegen der DNA machen.« Er schien mein wachsendes Unbehagen zu genießen. »Du hast vermutlich schon bemerkt, wie erfindungsreich die beiden sind. Du spielst ein gefährliches Spiel, Eve … so heißt du doch angeblich, oder?«
    Er war grausam geworden, und das machte ihn hässlich. Aber nach dem, was ihm Aurora und die Silvertons angetan hatten, war das wohl verständlich. »Eve. Brightman. Falls du die Behörden verständigen möchtest.«
    »Warum sollte ich das tun? Die Familie Silverton liegt mir nun wirklich nicht am Herzen. Offen gesagt, droht dir von ihnen mehr Gefahr als umgekehrt. Nicht nur Bain und Bridgette würden von Auroras Tod profitieren. Alle profitieren, sobald die alte Dame den Löffel abgibt. Was, wie ich höre, nicht mehr allzu lange dauern dürfte.«
    »Ihr geht es gut.«
    Er zuckte mit den Schultern. »Mag sein. Ich hoffe, dir ist klar, dass du nach ihrem Tod entbehrlich geworden bist. Mein Gott, und ich habe hier gesessen und mir Sorgen gemacht, wie ich dir sagen soll …« Er stieß ein brüllendes Gelächter aus und strich wieder über sein Hosenbein. »Mein Gott. Mein Gott.« Dann verstummte sein Gelächter abrupt, sein Körper spannte sich an. Er kniff die Augen zu und wiegte sich vor und zurück, wobei sein Kopf gegen die Wand schlug. »Du bist es nicht.«
    »Tut mir leid. Es tut mir so leid.« Mir fielen die Fotos mit dem zerkratzten Gesicht ein. »Es gab sicher einen Grund, aus dem Aurora dich nicht angerufen hat. Einen guten Grund.«
    Er öffnete die Augen und beugte sich zu mir. »Sprich nie wieder ihren Namen aus.
Nie wieder.
« Er hatte die Zähne entblößt, und in seinen Augen stand dunkler Zorn. »Geh weg. Geh weg von mir. Geh mir aus den Augen.« Er streckte abwehrend die Hände nach mir aus, zu Krallen gekrümmt. »Geh! Bevor ich etwas tue, das ich später bereue.«
    Ich stolperte zur Tür, durch die ich hereingekommen war. Der Boden schwankte unter meinen Füßen, und mir verschwamm alles vor den Augen.
    Was hatte ich getan? Auf was für ein schreckliches Geschäft hatte ich mich eingelassen?
Das Entsetzen in seinem Gesicht hatte nichts Gütiges oder Unschuldiges. Es gab keine Sicherheit. Er war nicht auf der Party gewesen, hatte Liza also nicht getötet. Doch er hatte mich angesehen, als wäre er durchaus in der Lage,
mich
zu töten. Sein Blick folgte mir durch die Tür, die Tür mit der Aufschrift
Zutritt für Unbefugte verboten
, und bis in den Flur mit den Toiletten. Ich war noch nicht bereit, jemandem gegenüberzutreten, also schloss ich mich in der letzten Kabine auf der Damentoilette ein. Ich setzte mich auf die Brille, lehnte die Stirn gegen die Tapete mit dem grünen Rankenmuster und kämpfte mit den Tränen.
    Eine tote Aurora nützt ihnen ebenso sehr wie eine lebendige.
    Von Anfang an hatte Bain unsere starke Ähnlichkeit betont. Vielleicht hatten sie die ganze Zeit darauf hingearbeitet, dass ich auch die tote Aurora darstellen sollte.
    Es war denkbar.
    Ich zitterte so sehr, dass ich mein Handy nicht sofort hörte. Als ich aufs Display schaute, war dort wieder
Unbekannter Anrufer
zu lesen. Mein Herz hämmerte, als ich mich meldete.
    »Wo bist du gewesen, Ro-ro?«, fragte der Geist zornig. »Ich habe den ganzen Tag

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