Geisterfahrer
der hässlichen Siebziger-Lampe. Ihr Körper war wirklich … anbetungswürdig . Ich musste an Kuhle denken, wie er dieses Wort benutzt hatte, damals, um seine Gefühle für Sabrina zu beschreiben.
Kuhle.
Scheiße.
»Es ist nur zu deiner Information«, sagte Babsi. »Was du daraus
machst, ist deine Sache.«
Ich erwog kurz, irgendwas zu antworten, ließ es aber. Stattdessen nickte ich bloß. Sie stieg in ihren Slip, ich kletterte in meine Klamotten. Als ich fertig war, kam sie zu mir und umarmte mich. Ihre großartigen Brüste drückten gegen meinen Oberkörper, ich legte meine Hände auf ihren Rücken, die samtene, unendlich weiche Haut fühlte sich einfach wahnsinnig an.
Jennys Verhalten war ein anderes, wenn wir auf Zimmer gingen – natürlich hatte ich bemerkt, dass da etwas mehr war, instinktiv quasi. Jenny okkupierte, auf eine seltsame, muffelig-distanzierte Art, und sie machte deutlich, was für eine Verantwortung es wäre, mit ihr eine Liebschaft anzufangen, etwas Echtes außerhalb des Puffs. Babsi hingegen bot sich einfach an. Sollte ich eine Beziehung mit Jenny eingehen? Mit einer Nutte? Warum nicht? Das ließe wenige Fragen offen, sexuell aber alles, in mancher Hinsicht entsprach es dem Wunschtraum vieler Männer. Aber es wäre trotzdem eine Beziehung. Immerhin, ich empfand so gut wie nichts für sie, außer der Art von Begehren, die entsteht, wenn Frauen sich anbieten, was für jeden Mann auf der Welt – verliebt, verlobt, verheiratet oder nicht – einen enormem Reiz darstellt. Aber was sollte ich damit? Was erwartete sie von mir? Ihr Beschützer zu werden? Ihr Zuhälter? Oder der Mann, der sie aus der Szene holt?
»Ich mag sie«, sagte ich, als wir zur Treppe gingen, und versuchte, einen möglichst neutralen Ton anzuschlagen. »Sie ist eine bemerkenswerte Frau.«
»Jetzt kommt das Aber.«
Ich zuckte die Schultern und kniff Babsi in die Taille. »Du weißt selbst, dass das keinen Sinn hat.«
»Aha.« Sie blieb stehen und fixierte einen Punkt hinter mir, etwa zwischen Schulter und rechtem Ohr. »Du hast die Ahnung. Ich verstehe.«
Dann nickte sie vor sich hin, nahm meine Hand und zog mich die Treppe hoch.
Als wir wieder am Tresen standen, latzte ich die hundertzwanzig Mark für die halbe Stunde ab, die jeder zahlen musste, der Sex ohne Extras wollte, und genau das war der Grund, weshalb ich ins Chateau ging: Sex ohne Extras. Ohne Schnörkel, ohne Diskussionen, ohne Gefühle, ohne Stellungen jenseits von Löffelchen oder Missionar, ohne Analverkehr oder Tittenfick.
Einmal hatte ich Celine außerhalb des Chateau gesehen, in einem Plattenladen in der Fasanenstraße, an irgendeinem Nachmittag, glücklicherweise hatte sie mich nicht bemerkt. Sie trug die Nuttentagsüber-Uniform: pelzbesetztes Lederjäckchen, seidig glänzende Hosen, Accessoires und Handtasche von MCM, Goldketten und dicke Ringe, dazu war sie geschminkt, als würde sie auf einer Bühne stehen. Es gibt kaum etwas Traurigeres, als einer Nutte in ihrer Freizeit zu begegnen. Ich stellte mir vor, wie Babsi wohl tagsüber aussah, wenn sie vor die Tür ging. Es gelang mir nicht.
Jenny kam mit einem der Griechen aus dem Keller, sie sah genervt aus, warf mir kurz einen fast fragenden Blick zu, ging aber brav mit dem Mann zu seinem Tisch, um noch ein Piccolöchen Apfelmost auf seine Rechnung zu schlürfen. Marla nickte Babsi zu, den Kopf in Richtung des Griechentischs bewegend: Geh auch mal dorthin, hieß das. Babsi zuckte die Schultern, warf mir ebenfalls einen merkwürdigen Blick zu, erhob sich betont langsam und schlenderte rüber. Der letzte der vier Männer, Geraldine musste inzwischen zwei versorgt haben, stürzte sich sofort auf sie, grabschtechnisch, aber Babsi drückte ihn sanft zurück: Ohne Drinks kein Körperkontakt. Sie flüsterte ihm ins Ohr, er nickte, dann winkte sie nach Apfelmost. Marla hatte Flasche, Glas und Strohhalm schon vorbereitet. Als sie bei mir vorbeikam, strich sie mir mit der freien Hand über den Oberschenkel und nickte in Jennys Richtung. Ich reagierte nicht, lauschte auf das Tape. Und dann saß plötzlich Geraldine neben mir. Das war ungewöhnlich. Sie hielt sich normalerweise an den Tischen oder in Türnähe auf, kam selten zur Bar. Ich nippte an meinem Bier, ärgerte mich über einen versiebten Übergang, obwohl der in der fraglichen Nacht wahrscheinlich niemandem außer mir aufgefallen war, dachte sonst an nichts. Man kann dem Nirwana nahekommen in diesen Nächten, nach ein paar Bieren, etwas Sex, im roten
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