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Geisterfjord. Island-Thriller

Geisterfjord. Island-Thriller

Titel: Geisterfjord. Island-Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yrsa Sigurdardóttir
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dass sie anschließend miteinander geredet hatten. Kurz darauf kam der Mann zurück, holte die Versicherungspapiere aus seinem Handschuhfach und verschwand dann wieder, um sie auszufüllen. Es verging ungefähr eine Viertelstunde, bis er wiederauftauchte, die Papiere zurück ins Handschuhfach steckte und in die Tankstelle ging, wo er eine halbe Stunde blieb, wahrscheinlich, um etwas zu essen. All das hatte Freyr bereits vorher gewusst, aber beim Aufwachen fragte er sich, was mit den Versicherungspapieren geschehen sei. Die Sache war nie weiterverfolgt worden, er war von seiner Versicherung nicht runtergestuft worden und hatte auch keine Mitteilung erhalten, dass er im Recht gewesen sei. Sein Wagen musste nicht repariert werden, denn nach Bennis Verschwinden hatte ein eingedellter Stoßdämpfer in Freyrs und Saras Leben keine Rolle gespielt. Alles hatte sich um Benni gedreht, und der Unfall war, wie so vieles andere in dieser Zeit, in Vergessenheit geraten. Aber jetzt fiel es ihm auf, warum auch immer, vielleicht störte ihn dieses lose Ende.
    Draußen war es noch dunkel. Freyr leerte seine Tasse und holte sich noch mehr von dem schlecht schmeckenden Instantkaffee. Diesmal eine doppelte Portion, um richtig wach zu werden. Er hatte heute frei, sich aber trotzdem den Wecker gestellt, wie wenn er zur Arbeit musste. Jetzt merkte er, dass er auch länger hätte schlafen können, da er so früh morgens noch niemanden erreichen konnte, und ihm nichts anderes übrigblieb, als durch die Wohnung zu stromern und Kaffee zu trinken. Er hätte natürlich Sara, die nie ausschlief, anrufen und um Verzeihung bitten können. Das war er ihr schuldig, und es würde ihr guttun, ihn anzuschreien und zu beschimpfen.
    »Nicht auflegen«, sagte Freyr hastig, falls sie nur rangegangen war, um ihn sofort wieder abzuwürgen. »Ich muss dir ein paar Dinge sagen. Dann kannst du mich auch anschreien, so viel du willst.«
    »Du bist es nicht wert.« Ihre Stimme war so kalt, dass er die Ernsthaftigkeit ihrer Worte nicht bezweifelte. »Spuck’s aus und lass mich in Ruhe.« Sara stockte und fügte dann hinzu: »Für immer.«
    »Sara, ich war ein Idiot. Ich will nicht versuchen, mein Tun zu entschuldigen, es war armselig, dass ich das gemacht habe, ich konnte der Versuchung einfach nicht widerstehen. Ich habe mich dir, meinem Job und auf gewisse Weise auch Benni gegenüber beschissen verhalten, aber das Schlimmste ist, dass ich dich auf diese miese Weise betrogen habe.«
    »Du bist also gar nicht ins Krankenhaus gefahren, und deshalb war nur so wenig Insulin in der Verpackung? Irgendein altes Zeug, das du zufällig noch hattest? Hast du den Beleg aus der Apotheke gefälscht, du Schwein?« Sara war so außer Atem, dass sie Freyr an den Schnelldurchlauf des gestrigen Films erinnerte.
    »Ich bin ins Krankenhaus gefahren, Sara, und habe das Insulin geholt. Das ist die Wahrheit. Aber ich bin nicht in mein Büro gegangen, um zu arbeiten, wie ich dir erzählt habe, sondern um diese Frau zu treffen. Deshalb war ich so spät. Sie hat mich angerufen, und da ich ja sowieso das Insulin holen musste, hatte ich eine Entschuldigung, noch mal kurz wegzufahren.«
    »Wo habt ihr euch getroffen?« Ihre Stimme klang verletzt, was schwerer zu ertragen war als ihre Wut. Wenn sie ihn beschimpfte, konnte er sich einreden, dass sie ihm Absolution erteilte, aber bei dieser tiefen Verletztheit sah die Sache anders aus.
    Freyr räusperte sich und hoffte, dass sie ihn nicht fragen würde, wo sie es gemacht hätten. Dann müsste er sie anlügen, zum allerletzten Mal. Sex an einem so klischeehaften Ort wie auf dem Schreibtisch war einfach unmöglich. »Im Büro. Das war ihr Vorschlag.«
    »Wie raffiniert.« Sara schwieg. »Wie hast du diese Nutte kennengelernt? Wusste sie etwa nicht, dass du verheiratet warst?«
    »Doch, sie wusste es. Sie war selbst verheiratet.« Jetzt schwieg Freyr. Wenn er ihr die ganze Geschichte erzählte, lag die Zukunft seines Jobs in ihrer Hand. Zögernd sagte er: »Sie war meine Patientin. Sie hat meine Hilfe in Anspruch genommen, weil sie Probleme in ihrer Ehe und im Allgemeinen hatte. Ihr Mann hatte eine Affäre, und sie hatte das Gefühl, dass um sie herum alles zusammenbricht.«
    »Sie fand es also angemessen, es ihm gleichzutun.«
    »Sie war eine Psychopathin, Sara, deshalb hat sich ihre Therapie auch immer weiter in die Länge gezogen. Promiskuität ist da eine gängige Nebenerscheinung. Sie hat mich verführt, ich weiß, dass das nichts

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