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Geisterfjord. Island-Thriller

Geisterfjord. Island-Thriller

Titel: Geisterfjord. Island-Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yrsa Sigurdardóttir
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entschuldigt. Als ich gemerkt habe, dass sie sexuell an mir interessiert war, hätte ich sie sofort woanders hinschicken und nicht als Patientin behalten sollen. Aber ich habe es nicht gemacht, und damit muss ich jetzt leben. Ich habe sie seit diesem Tag in meinem Büro nicht mehr gesehen und nicht mehr mit ihr gesprochen. Sie hat keinen Termin mehr gemacht, und ich hatte keine Gelegenheit, die Sache offiziell zu beenden, aber ich hatte es mir vorgenommen, das schwöre ich dir.« Er erwähnte nicht, dass die Frau ungeheuer attraktiv und erotisch gewesen war und es jedem normalen Mann schwergefallen wäre, ihr zu widerstehen. Dadurch würde sich Sara bestimmt nicht besser fühlen.
    »Das ist die unmöglichste Entschuldigung, die ich je gehört habe.« Sara war wieder wütend – und Freyr erleichtert. Sie hatte mit keinem Wort erwähnt, dass sie sein berufliches Fehlverhalten anzeigen wolle, wobei sie das natürlich trotzdem machen konnte. »Absolut unmöglich. Du bist ein totales Arschloch, ruf mich nie wieder an.« Sie holte tief Luft. »Ich will nur noch eins wissen, damit ich nicht aus Versehen mal mit deiner geisteskranken Nutte rede.« Sie atmete wieder scharf ein, so als sei sie sich nicht ganz sicher, ob sie den Mut hätte, die Frage zu stellen. »Wie heißt sie?«
    »Líf.« Freyr räusperte sich. »Sie heißt Líf.«
     
    Die Versicherung war nicht über einen Schaden an Freyrs Auto an der Ártúnsbrekka an dem besagten Tag informiert. Der Sachbearbeiter wusste natürlich nicht, warum der Mann die Papiere nicht eingereicht hatte, und riet Freyr, mit dessen Versicherung Kontakt aufzunehmen. Deren Namen wusste Freyr nicht mehr und hatte auch keine Ahnung, was mit seiner Kopie der Papiere passiert war, vermutlich waren sie im Handschuhfach, in das er sie auf dem Weg von der Tankstelle nach Hause gelegt hatte, verschüttgegangen. Nach der Scheidung hatte Sara den Wagen bekommen, und die beantwortete jetzt seine Anrufe nicht mehr. Diese Spur führte schon mal nicht weiter.
    Nach dem Gespräch mit Sara hatte er sich wieder an seine Begegnung mit Líf an dem schicksalhaften Nachmittag erinnert, eine Erinnerung, die er damals verdrängt hatte. Erst hatte Bennis Schicksal alles andere in den Hintergrund gedrängt, und im Lauf der Zeit hatte er bewusst versucht, die Affäre zu vergessen, was relativ leicht gewesen war, da Líf nie angerufen oder sich gemeldet hatte. Doch nun fiel ihm alles wieder ein. Als sie in seinem Büro waren, hatte sie sich sehr für das Insulin in der kleinen Papiertüte interessiert. Freyr hatte es rausgeholt, es ihr gezeigt und erklärt, worum es sich handelte, ohne Benni mit einem Wort zu erwähnen. Daraufhin hatte sie ihn gefragt, ob man damit einen Rausch erleben könne, hatte wohl geglaubt, sie könnten den Sex ein bisschen aufpeppen. Als er verneint und gesagt hatte, das Medikament sei gefährlich für Menschen, die nicht zuckerkrank seien, hatte sie ihn weiter ausgefragt. Er hatte das für Nervosität gehalten, weil sie nicht wusste, worüber sie sonst mit ihm reden sollte.
Wie stirbt man denn daran? Kann es einen Herzinfarkt auslösen? Herzrhythmusstörungen? Die tödlich sind, wenn man herzkrank ist? Gut, dass ich es nicht zum Spaß ausprobiert habe!
Seine nächste Erinnerung an das Insulin war, dass die Polizei einen Beweis dafür sehen wollte, dass er es in der Apotheke geholt hatte, und sich herausgestellt hatte, dass nur noch ein Pen in der Packung war.
    Jetzt, da er in der Lage war, sich seine moralische Schwäche einzugestehen, wurde ihm klar, dass Líf möglicherweise wusste, was mit dem Medikament passiert war. Vielleicht waren die Pens aus der Verpackung gefallen, als sie damit rumgespielt hatte, oder sie hatte sie rausgeholt, als er ihr den Rücken zugedreht hatte, und sie dann irgendwo hingelegt, wo die Putzfrau sie gefunden und weggeworfen hatte. Ziemlich weit hergeholt, aber durchaus denkbar. Ein weiteres merkwürdiges loses Ende. Freyr beschloss, Líf anzurufen und sie einfach danach zu fragen, am besten sofort, auch wenn es unangenehm war. Líf antwortete nicht auf der Festnetznummer, unter der sie alleine registriert war – ihr Mann war offenbar aus dem Spiel, was ihn nicht überraschte –, und ihr Handy hatte kein Netz oder war ausgeschaltet. Wieder eine Sackgasse.
    Es brachte auch nichts, den Jungen anzurufen, den Freyr verdächtigte, gelogen zu haben, denn der war noch in der Schule, würde aber bald nach Hause kommen. Sein Vorhaben war grenzwertig, aber er

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