Geisterfjord. Island-Thriller
brach mitten im Satz ab. Entweder war die Batterie leer oder es war etwas Schlimmes passiert. Obwohl der Mann nur flüsterte, konnte man jedes Wort verstehen: »Er kommt. Er kommt. O mein Gott, o mein Gott, er …« Das war die letzte Aufnahme auf der Speicherkarte.
Putti hob den Kopf und knurrte, diesmal länger und tiefer als zuvor. Garðar schnaubte verächtlich. »Ich wette, dass wir vor allem wegen dieses Köters so angespannt sind. Wenn der mal das Maul halten würde, würden wir uns auch nicht immer so erschrecken. Man kann sich in allen möglichen Schwachsinn reinsteigern und sich die unglaublichsten Dinge einbilden.«
»Sprich nicht so über den armen Kerl. Komm, Putti, komm zu Frauchen.« Líf klopfte auf ihre Schenkel, aber Putti wirkte nicht sehr begeistert, hörte jedoch auf zu knurren. Er ging nicht zu ihr, sondern blieb dicht neben Katrín liegen. Seit ihrem Sturz von der Treppe schien er sich vorgenommen zu haben, nicht von ihrer Seite zu weichen.
Garðar beobachtete den Hund, schüttelte den Kopf und gähnte. Dabei mussten sie alle an den Film und die abgerissenen Sätze des übermüdeten Mannes denken. Garðar bemühte sich, sein Gähnen zu unterdrücken. »Sollen wir reingehen? Es wird kühl, wir können nicht die ganze Nacht hier sitzen.«
»Ich will nicht ins Haus.« Líf kraulte Putti hinter den Ohren, eindeutig eifersüchtig, dass es ihren Hund jetzt eher zu Katrín hinzog. »Ich fühle mich eigentlich ganz wohl hier draußen in der Kälte.« Sie liebkoste den Hund, der sich nicht großartig darum kümmerte. »Können wir nicht einfach unsere Schlafsäcke rausholen?«
»Nein«, sagte Katrín. Sie fühlte sich an ihre Schüler erinnert. Wenn die Kinder mit etwas Unangenehmem konfrontiert wurden, schlugen sie alle möglichen unrealistischen Lösungen vor, um das Unumgängliche hinauszuzögern. Líf wusste genau, dass sie am Ende reingehen würden. Im Moment kam es ihnen zwar angenehmer vor, draußen zu sein, aber bestimmt nur so lange, bis sie die Augen zumachen, einschlafen und der Phantasie freien Lauf lassen würden. »Wir könnten auch rüber zum Arzthaus gehen und da schlafen. Wir haben ja den Schlüssel«, schlug Katrín vor. Sie wollte es nicht aussprechen, dachte aber daran, dass es dort möglicherweise ein Funkgerät gab, mit dem sie Kontakt zur Außenwelt aufnehmen könnten. Offenbar war sie mit ihren unrealistischen Erwartungen auch nicht besser als Líf.
Líf begrüßte die Idee, aber Garðar brauchte noch etwas Bedenkzeit. »Sind wir denn da besser aufgehoben?« Immerhin stand er auf und spähte in die Richtung, in der das Arzthaus stand. Der Nachthimmel war bedeckt und nicht von Mondlicht oder Sternen aufgehellt. »Dieses Horrorkind kann uns da genauso verfolgen wie hier.«
»Vielleicht. Vielleicht auch nicht.« Katrín stand ebenfalls auf, obwohl ihre steifen Glieder heftig protestierten. Putti blieb still liegen, schaute aber besorgt zu ihr hoch. Sie schaute zurück und lächelte ihn an, unsicher, ob Hunde unterschiedliche Gesichtsausdrücke wahrnehmen können. »Ich finde es jedenfalls besser, rüberzugehen, als heute Nacht hier zu bleiben. Und ihr?«
Sie mussten nicht lange darüber diskutieren; keiner war besonders scharf darauf, sich im Obergeschoss einzurichten, in dem Raum, den sich der frühere Besitzer auch zum Schlafen ausgesucht hatte. Ohne etwas zu sagen, brachten sie die Decke ins Haus und machten sich bereit. Dann marschierten sie los, jeder mit seinem Schlafsack und etwas Kleinkram. Putti folgte ihnen auf dem Fuß und hielt sich immer in Katríns Nähe. Es wurde beschämend deutlich, dass er Katrín seinem Frauchen vorzog. Katrín war nicht überrascht, dass der arme Kerl gemerkt hatte, dass Líf keine wirkliche Stütze war, wunderte sich aber, warum er sich nicht an Garðar hielt. Schließlich war er derjenige, der zumindest so tat, als sei alles in Ordnung, und als Letzter zugeben würde, dass er Angst hatte.
»Ich glaube, es schneit.« Líf schob den Schlafsack auf ihrem Arm zurecht und strich sich über die Wange. »Ist doch gut, wenn es noch mehr schneit, oder? Dann können wir vielleicht Spuren sehen.«
»Und die willst du dann verfolgen?«, entgegnete Garðar. Er war hinter Katrín und Líf, die auf dem schmalen Pfad nur mit Mühe nebeneinander passten, und konnte nicht viel besser laufen als Katrín, da die Blase an seinem Fuß noch nicht verheilt war. »Das sehe ich nicht so richtig vor mir.«
»Ich sage ja nicht, dass wir heute Nacht noch mal
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