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Geisterfjord. Island-Thriller

Geisterfjord. Island-Thriller

Titel: Geisterfjord. Island-Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yrsa Sigurdardóttir
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in verhältnismäßig kurzer Zeit.«
    Dagný räusperte sich. »Keiner ist an einer Krankheit gestorben. Védís hatte einen Unfall und ist verblutet, Jón ist an Brandwunden gestorben, Silja ist erfroren, Steinn wurde überfahren, und bei Halla handelt es sich eindeutig um Selbstmord.«
    Dagnýs Worte wirbelten durch Freyrs Kopf, während er versuchte, aus dieser traurigen Statistik Schlüsse über die Gruppe zu ziehen. Er hätte gerne ein Blatt Papier und einen Stift gehabt, um sich Notizen zu machen. »Wurden diese Todesfälle untersucht? Gibt es Anlass zu der Vermutung, dass sie miteinander in Zusammenhang stehen?«, fragte er.
    »Nein, sie wurden nicht näher untersucht. Dafür braucht man eine spezielle Genehmigung, und da verschiedene Polizeidienststellen betroffen sind, würde das ewig dauern. Die Leute haben im ganzen Land verstreut gelebt. Außerdem fände ich das problematisch. Es wäre schwer zu erklären, warum wir solche Informationen brauchen. Nichts weist darauf hin, dass es sich um Verbrechen handelt, und wir haben nichts, worauf wir uns stützen können.« Dagný schwieg einen Moment und holte tief Luft. »Aber da ist noch was.«
    »Was?«
    »Die erste Verstorbene aus dem Freundeskreis, Védís …« Dagný gab Freyr ein weiteres Blatt, die Zusammenfassung eines Obduktionsberichts. »Sie hat hier in Ísafjörður gewohnt, daher konnte ich überprüfen, wie sie gestorben ist. Wie du siehst, hatte sie vor drei Jahren einen Unfall in ihrem Garten.« Dagný befeuchtete ihre Lippen. »Sie ist in eine offene Gartenschere gestürzt, dabei wurden die Halsschlagader und die Speiseröhre durchtrennt. Frag mich nicht, wie man so was anstellt, aber das ist in dem Bericht alles genau beschrieben, es handelt sich zweifellos um einen Unfall.«
    »So was passiert wohl einfach.« Der Kaffee war inzwischen eigentlich zu kalt zum Trinken, aber Freyr nahm trotzdem einen Schluck. »Kanntest du die Frau?«
    »Nicht direkt, aber ich kann mich an sie erinnern. Sie war sehr speziell, hat manchmal in ihrem Haus Séancen abgehalten, aber das ist nicht so wichtig.« Dagný verzog das Gesicht. »Ich wollte dich auf etwas anderes hinweisen, auf den Zeitpunkt des Unfalls.«
    Freyr suchte in der Zusammenfassung danach. Er musste das Datum sicherheitshalber zweimal lesen, obwohl er diese Zahlenkombination schon sehr oft gesehen hatte. Mit trockenem Mund murmelte er: »Das ist der Tag, an dem Benni verschwunden ist.«
    »Und hast du das gesehen?« Dagný zeigte auf eine Zeile über dem Todesdatum. »Sie hat im selben Haus gewohnt wie du jetzt und ist in deinem Garten gestorben.« Sie schaute ihn eindringlich an. »Zufall?«

15. Kapitel
    Putti schien zu wissen, dass die Nacht mit all ihren Begleiterscheinungen kurz bevorstand. Er lag neben Katrín, die zusammen mit Líf und Garðar auf einer gefalteten Wolldecke saß und in die Dunkelheit vor dem Haus starrte. Ihr tat immer noch alles weh, aber sie gewöhnte sich langsam daran, zumal die Kopfschmerzen weg waren. Ab und zu wurde der Hund plötzlich wachsam, hob den Kopf von den kurzen Vorderbeinen und entblößte seine Zähne. Es war unmöglich zu sagen, warum er das tat. Es gab keinen ersichtlichen Grund für sein Verhalten, und er ließ sich nicht dazu bringen, sich wieder ruhig hinzulegen. Das Plätschern des Flusses und das Rauschen der Wellen, die immer weiter den Strand hinaufrollten, hätte unter normalen Umständen beruhigend gewirkt, aber jetzt kam es ihnen so vor, als überdecke es andere, bedrohlichere Geräusche. In diesem Moment wäre es ein Leichtes, sich von hinten ans Haus heranzupirschen, daran entlangzuschleichen und sich langsam und unbemerkt zu der Stelle vorzutasten, an der sie saßen. Trotzdem war das besser, als drinnen zu sitzen und darauf zu warten, dass die toten Büsche vor dem Haus raschelten und die Bodendielen knackten.
    »Lass mich noch mal sehen.« Líf streckte sich über Katrín hinweg zu Garðar nach der Kamera aus. »Bitte!«
    »Vergiss es.« Garðar kontrollierte, ob seine Jackentasche zu war, damit Líf nicht an die Kamera kam. »Du siehst sowieso immer nur dasselbe, und die Batterien werden leer.«
    »Warum brauchen wir Batterien in dem Fotoapparat?«, fragte Katrín ruhig. Im Moment nahm sie die Dinge einfach so, wie sie kamen. Sie wusste nicht, wie lange diese innere Ruhe anhalten würde, aber sie genoss sie, solange sie da war. Eine Sache beunruhigte sie jedoch: dass ihre Angst offenbar nachließ, weil sie sich in das Unumgängliche fügte.

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