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Geisterfjord. Island-Thriller

Geisterfjord. Island-Thriller

Titel: Geisterfjord. Island-Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yrsa Sigurdardóttir
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ihr, wie weit es noch ist?«, fragte Katrín, die als Letzte ging, da sie am schlechtesten zu Fuß war. Sie schaute sich immer wieder nach Putti um. Der Hund war ein Stück zurückgefallen, aber Katrín fand es dennoch erstaunlich, wie ausdauernd er bei diesen Verhältnissen war – wenn er ein Mensch wäre, würde ihm der Schnee bis zum Bauchnabel reichen. »Es ist kein Boot zu sehen. Sollen wir nicht umkehren?« Sie fürchtete, dass ihr die Schmerzen, wenn sie noch viel weiter gingen, den Rückweg unerträglich machen würden.
    Garðar war die ganze Zeit still gewesen. Er humpelte nicht, und seiner Ferse schien es besserzugehen. Vielleicht hatte er Angst. Er drehte sich um und schaute Katrín an, sagte aber nichts. Dann wandte er sich wieder von ihr ab und ging weiter. Líf führte den Trupp an und ging zügig vorwärts.
    »Es ist nicht mehr weit. Garðar und ich waren schon mal da, als wir das Haus besichtigt haben, es dauert höchstens noch eine halbe Stunde«, sagte sie.
    Damals hatte bestimmt kein Schnee gelegen, aber Katrín unterließ es, darauf hinzuweisen. Líf würde sowieso nichts darauf geben. Katrín hoffte, dass Lífs aufgesetzte Fröhlichkeit nicht mit irgendeinem idiotischen Plan zusammenhing, sie immer weiter zu locken, bis sie auf einmal ganz plötzlich auf dem Weg nach Ísafjörður wären. Aber sie hatte nicht darauf bestanden, Verpflegung mitzunehmen, so dass das eher unwahrscheinlich war. Es sei denn, sie hatte jeglichen Realitätssinn verloren und glaubte, sie würden sich unterwegs von den Früchten der Natur ernähren. Die Vorstellung, Líf über glitschige Baumstämme und brückenlose Bäche zurück zum Dorf zerren zu müssen, war ziemlich abschreckend.
    »Warum seid ihr denn damals so weit gelaufen?«, fragte Katrín und verlor fast das Gleichgewicht, als sie mitten auf dem Weg auf einen runden, vom Schnee verdeckten Felsbrocken trat.
    »Ach, das war nur so eine Schnapsidee.« Líf kam nicht aus dem Rhythmus, obwohl sie auch auf einen Stein getreten war. »Ich hatte was darüber gelesen und dachte, wir könnten das ganze Ding vielleicht kaufen und die Fabrik zu einem Hotel umbauen oder so. Lach nicht, wenn du siehst, in welchem Zustand die Gebäude sind.« Líf blieb plötzlich stehen und zeigte geradeaus. »Na also, wir sind gleich da. Man kann schon den Schornstein sehen. Es ist direkt da unten.«
    Katrín blieb am Abhang stehen und starrte in die Ebene, wo die Walfangstation stand. Die Ruinen waren nicht gänzlich von Schnee bedeckt und standen düster und unübersehbar in der schneeweißen Landschaft. Ein himmelhoher Schornstein zog die Blicke auf sich, und es schien nur eine Frage von Tagen zu sein, wann er einstürzte.
    »Habt ihr das Loch ganz oben im Schornstein gesehen?«, fragte Katrín. Líf und Garðar, die schon auf dem Weg nach unten waren, blieben stehen. »Ist es nicht gefährlich, da rumzulaufen?«
    »Das ist von der Küstenwache. Die haben den Schornstein im Heringskrieg zum Üben benutzt und ihn mit Kanonen beschossen«, antwortete Líf. Sie ging einfach weiter, und Garðar folgte ihr.
    Katrín zögerte, marschierte dann aber weiter. Das Licht wurde immer schwächer, und sie wollte sich auf dem Weg nach unten nicht vertreten, stürzen oder verunglücken. Jeder Schritt bedeutete auch einen weiteren Schritt auf dem Rückweg. Putti war am Abhang neben ihr stehen geblieben und winselte und bellte besorgt. Dann gab er auf und folgte ihr. Jetzt konnte man den Fjord gut überblicken. Katrín fand das ungewöhnlich ruhige Meer in der Abenddämmerung wunderschön.
    »Ich sehe kein Boot«, rief sie Líf und Garðar zu, die ihren Vorsprung stetig vergrößerten. »Sollen wir nicht lieber umkehren? Es wird bald dunkel.« Die beiden antworteten nicht und wurden nicht langsamer. »Wir sind doch nur hier, um zu checken, ob ein Boot da ist!« Immer noch keine Reaktion. Katrín wurde ein bisschen sauer. Sie hätte Putti am liebsten auf den Arm genommen und wäre alleine zurückgegangen. Ihr schoss sogar der kindische Gedanke durch den Kopf, dass die beiden es nicht anders verdient hätten, wenn sie sich verlaufen und draußen umkommen würden. Doch Puttis aufgeregtes Gebell brachte sie wieder auf den Boden der Tatsachen. »Was ist los, mein Junge?« Katrín drehte sich um und sah, dass der Hund etwas auf dem Meer anbellte. Sie beugte sich zu ihm hinunter und versuchte auszumachen, wohin er starrte. Da erblickte sie zwei schwarze Kuppen, die ganz nah am Ufer aus dem Wasser ragten. Zuerst

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