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Geisterfjord. Island-Thriller

Geisterfjord. Island-Thriller

Titel: Geisterfjord. Island-Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yrsa Sigurdardóttir
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einem unergründlichen Unbehagen ergriffen und antwortete nicht. Sie meinte, vom Strand ein Geräusch zu hören. Sie sah nach, ob Putti noch da war oder ob die Seehunde an Land gekommen waren und er zu ihnen gerannt war. Aber der Hund stand kläglich neben ihr. Katrín schaute zu den Bergen auf der gegenüberliegenden Seite des Fjords, die bald in der Dunkelheit nicht mehr zu erkennen sein würden. Sie fühlte sich einsam, als sie daran dachte, dass in diesem riesigen Gebiet wahrscheinlich keine Menschenseele unterwegs war. Einen Moment lang überlegte sie, was sie machen würde, wenn Garðar und Líf nicht mehr da wären, wenn sie sich zu ihnen umdrehte. Sie hörte nichts, keine knirschenden Schritte und kein Atmen. Aber sie hatte sich ja auch die Kapuze ihres Anoraks über den Kopf gezogen. Katrín war wie hypnotisiert vom Meer und den dunkelblauen, weiß gefleckten Bergen, so wie der Hund zuvor von den Seehunden. Solange sie sich nicht umdrehte, waren Líf und Garðar weiterhin da, und erst, wenn sie ihren Blick vom Meer losreißen würde, würde sie sehen, dass sie weg waren.
    »Kata? Woran denkst du?« Líf klopfte Katrín sanft auf den Po. »Hast du mich nicht gehört? Ich hab gesagt, du sollst da mal reinschauen.«
    Obwohl Katrín es unangenehm fand, angestoßen zu werden, war sie froh über die Berührung. Natürlich waren die beiden nicht weg, sie war nur müde, sowohl körperlich als auch geistig, und ihre Phantasie spielte verrückt. Sie drehte sich um und lächelte in die vertrauten Gesichter, die sie verwundert anschauten. Garðar wirkte ein bisschen nervös, vielleicht hatte er etwas gehört, auch wenn er nichts sagte. Líf war die Einzige, die normal wirkte, wobei ihr Normalzustand bei den meisten anderen Leuten als unnormal gelten würde. Sie hatte die Zigaretten in ihre Tasche gesteckt und verdrehte ungeduldig die Augen. Katrín beschloss, ihren Vorschlag zu befolgen, damit sie endlich den Rückweg antreten konnten.
    »Ich werfe mal einen Blick rein, aber dann gehen wir zurück, oder? Ich hab Hunger und bin müde, und gleich ist es stockdunkel.« Sie ging auf das Gebäude zu, das jetzt noch düsterer wirkte. Das Loch, das angeblich so spannend sein sollte, war rabenschwarz, und die Ziegelsteine am Rand sahen aus wie braune Zähne in einem grässlichen Schlund.
    »Geh mit, Garðar.« Líf war ganz ihn ihrem Element. Es gefiel ihr, Befehle zu erteilen, ohne dass jemand protestierte, und Katrín konnte sich gut vorstellen, dass sie breit grinste, als hinter ihr der Schnee knirschte. Garðar gehorchte ihr. Aber Katrín war froh, dass er da war. Auch wenn sie sich nicht lange damit aufhalten, nur kurz den Kopf durch das Loch stecken, »wow« sagen und es gut sein lassen wollte, war sie froh, nicht alleine zu sein. Putti folgte ihr wie üblich, und seine Treue wärmte ihr das Herz, aber er gab ihr nicht dieselbe Sicherheit wie Garðar.
    Als sie vor dem Loch stand, wollte sie gar nicht mehr wissen, was sie in der Halle erwarten würde. Es konnte nichts Besonderes sein. Adrenalin schoss durch ihren Körper. Es war, als hätte das Unterbewusstsein eine drohende Gefahr gespürt, die die anderen Sinne nicht wahrnahmen. Hatte da drinnen etwas aufgeblitzt? Konnte sich der Junge dort versteckt haben? Katrín hatte keine Spuren im Schnee gesehen, aber es war durchaus denkbar, dass er sich hier versteckte. Katrín spähte in die Halle, ohne näher an das Loch heranzutreten.
    »Was ist? Hast du was gesehen?« Garðar war neben ihr. Er machte einen Schritt zur Wand und strich darüber. »Unglaublich, wie lange so was hält.«
    »Glaubst du, dass der Junge da drin ist?«, fragte Katrín leise, damit Líf sie nicht hörte. »Ich glaube, ich hab was gesehen.«
    Garðar spähte durch das Loch. »Nein, da ist niemand. Diese Ruine würde sich auch niemand als Unterschlupf aussuchen.« Er rüttelte an einem Eisenhaken, der ins Mauerwerk eingelassen war, aber das Einzige, was er davon hatte, waren Rostflecken auf dem Handschuh. »Verdammt.« Er griff nach dem Ende eines Seils, das an der Wand herunterhing, und versuchte, seinen Handschuh daran abzuwischen. »Guck schnell rein, und dann gehen wir. Ich hab ein schlechtes Gefühl bei der Sache und würde lieber bald wieder zurück sein.«
    Katrín war froh, dass er endlich ehrlich zu ihr war. Entschlossen trat sie an das Loch. Bald wären sie zurück im Arzthaus und säßen bei einem Imbiss und Kerzenlicht am Esstisch. Katrín hatte noch nicht mal den Hals gereckt, als sie ganz

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