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Geisterfjord. Island-Thriller

Geisterfjord. Island-Thriller

Titel: Geisterfjord. Island-Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yrsa Sigurdardóttir
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dachte sie, es seien nasse, glänzende Felsen, die geduldig darauf warteten, vom Meer geschliffen zu werden. Aber sie musste nicht lange hinschauen, um zu merken, dass sie beobachtet wurden.
    »Seehunde!« Jetzt blieben Líf und Garðar stehen und drehten sich um. Katrín zeigte lächelnd auf die Wasseroberfläche, wo die Köpfe der Seehunde sie immer noch verfolgten. Garðar lächelte zurück, aber Líf schüttelte nur den Kopf und ging weiter.
    Katrín stieß Putti leicht an, bevor sie den beiden nachging, schon viel besser gelaunt. Der Hund starrte die Seehunde immer noch irritiert an. »Hör auf mit dem Quatsch. Die kommen nicht an Land, du musst keine Angst haben.« Putti verstummte, schaute sie an und sah dabei furchtbar traurig aus. Es war, als wolle er ihr etwas sagen, wisse aber nicht, wie. Stattdessen leckte er Katríns Hand ab, und sie versuchte, ihn aufzuheitern, indem sie ihn sanft hinter den Ohren kraulte. »Komm, wir bringen es hinter uns. Und dann gehen wir zurück. Ich will genauso wenig hier sein wie du.« Sie erhob sich und ging los, Putti dicht auf ihren Fersen. Als sie sah, wie beschwerlich der Hund vorankam, nahm sie ihn auf den Arm, auch wenn er sie beim Gehen behinderte. Im Grunde hatte sie es nicht eilig, auf dem Rückweg würde es ohnehin dunkel sein, ob sie nun ein paar Minuten früher oder später unten ankam. Ab und zu schaute sie zu den Seehunden und wurde nicht enttäuscht – sie schwammen ein Stück weiter, schauten aber immer in ihre Richtung. Sie waren zwar zu weit weg, um sie genau erkennen zu können, aber Katrín kam dennoch ein alter Spruch in den Sinn: »Der Seehund hat Menschenaugen.« Im Gegensatz zu ihr achtete Putti penibel darauf, nicht mehr zum Wasser zu schauen, wobei er sich zweifellos auf die primitive Hundelogik stützte, dass die Seehunde nicht mehr da wären, wenn er sie nicht anschaute. Als Katrín ihn am Fuß des Hangs absetzte, schüttelte er sich und wedelte wieder mit dem Schwanz, denn die Seehunde waren außer Sichtweite.
    »Endlich.« Líf saß auf einer niedrigen Steinmauer und spielte mit der Zigarettenpackung, so als denke sich darüber nach, ob sie Zeit hätte, zur Belohnung eine zu rauchen. »Wie findest du’s?« Sie zeigte mit der Packung auf die Umgebung.
    »Ich sollte ja nicht über deine Idee mit dem Hotel lachen«, entgegnete Katrín und musterte die Ruinen. Wohin man auch schaute, überall braune Farbe, rostige Tanks und klobige Eisenkonstruktionen zwischen halb verfallenen Betongebäuden. Vereinzelt ragten Steine aus dem Schnee, und überall blitzten verschiedene schmiedeeiserne Gegenstände auf. »Mann, ist das komisch hier.« Die Walfangstation musste seinerzeit eine der größten des Landes gewesen sein und hatte gewiss schon bessere Zeiten erlebt. Katrín war klar, dass die Gebäude nicht mehr zu retten waren. Das Dach der großen Halle vor dem Schornstein war eingebrochen und hing in Stücken an langen eisernen Stützpfeilern. Auch die Wände hatten dem Zahn der Zeit nicht standgehalten, waren aber nicht ganz eingestürzt. »Wofür haben sie diesen hohen Schornstein gebraucht?«
    »Das weiß ich nicht.« Líf hielt den Kopf schräg, so dass sie an dem Schornstein hinaufschauen konnte, der sich erstaunlicherweise am besten gehalten hatte.
    »Sie haben irgendwas geschmolzen. Lebertran vielleicht«, sagte Garðar. Er hatte so lange geschwiegen, dass seine Stimme ganz heiser klang. Er räusperte sich. »Frag mich nicht nach dem ganzen Eisenkram. Ich hab keinen blassen Schimmer, wofür das alles war.« Überall lagen verrostete Kräne, Winden, Bolzen, Rohre und Tanks herum, gaben keinen Mucks von sich und verrieten nichts.
    »Was meint ihr, was das da hinter mir ist?« Líf blickte in einen länglichen Graben hinter der Mauer, auf der sie saß. In einiger Entfernung lag eine riesige, lange Eisenstange mit angeschweißten Armen auf dem Graben. »Diese ganzen Gerätschaften müssen doch einen Zweck gehabt haben.«
    Garðar spähte mit Kennermiene in den Graben. Als er antwortete, war klar, dass er genauso wenig über die Arbeitsweise der alten Fabrik wusste wie die Frauen. »Ich vermute, das hat was mit Fischabfällen zu tun.«
    »Igitt.« Líf wandte sich von dem Graben ab, blieb aber aus Bequemlichkeit auf der Mauer sitzen. »Wenn du das hier schon komisch findest, musst du mal da reinschauen.« Sie zeigte Katrín eine große Öffnung, die in die düstere Fabrikhalle führte. »Aber geh nicht rein, schau nur durch das Loch.«
    Katrín wurde von

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