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Geisterfjord. Island-Thriller

Geisterfjord. Island-Thriller

Titel: Geisterfjord. Island-Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yrsa Sigurdardóttir
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Er war froh, nicht, wie ursprünglich geplant, Architektur studiert zu haben, denn er hatte eine ziemlich schlechte Raumvorstellung. Aber er hätte sowieso nicht gewusst, was er hätte tun sollen, wenn er Licht oder eine Bewegung in der Wohnung wahrgenommen hätte. Er hätte sich wohl kaum gewaltsam Zutritt zu der Wohnung verschafft.
    Am schlimmsten war allerdings die Sache mit Sara. Freyrs Enttäuschung war besonders groß, weil er die unrealistische Hoffnung gehabt hatte, dass es ihr endlich besserging. Natürlich hätte er es besser wissen müssen, die Situation fachlich richtig einschätzen sollen, anstatt sich von Optimismus leiten zu lassen. Aber er war nicht der erste Psychiater auf der Welt, der die Situation seiner engsten Vertrauten falsch deutete. Auch wenn er Sara nicht mehr so liebte wie früher, empfand er eine Liebe für sie, die ebenso wenig vergehen würde wie die Liebe zu seinen Eltern. Ihre Ehe hatte sich zwar nicht so entwickelt, wie sie es sich an ihrem Hochzeitstag vorgestellt hatten, aber sie waren immer noch darin gefangen, konnten sie nicht hinter sich lassen und ein neues Glück mit einem anderen Partner finden. Wenn Bennis Schicksal nie aufgeklärt würde, könnte es ein Leben lang so bleiben. Bennis Verschwinden verband sie mit feinen, aber starken Bändern, in einem Netz ihrer gemeinsamen Tragödie.
    Als die Maschine landete, rief Freyr als Erstes seine Exfrau an. In Ísafjörður war es kälter als in Reykjavík, sein Mantel flatterte im Wind, und eine scharfe Brise drang durch sein dünnes Hemd. Er knöpfte den Mantel mit seiner freien Hand zu und beschleunigte dabei seinen Schritt. Er wollte gerade auflegen, als Sara endlich ranging. Sie verschwendete keine Zeit mit Begrüßungsfloskeln und fragte brüsk: »Was willst du?«
    »Ich wollte mich nur noch mal richtig von dir verabschieden. Es war irgendwie komisch, als ich gegangen bin, und weil deine Freundin die ganze Zeit da war, konnten wir ja nicht richtig miteinander sprechen.«
    »Du kannst es dir sparen, schlecht über sie zu reden. Mir ist vollkommen klar, was du von ihr hältst. Leg deine Vorurteile lieber ab und hör dir an, was sie zu sagen hat. Das ist kein Unsinn.«
    »Vielleicht nicht.« Freyr ging energisch durch das Flughafengebäude. Er senkte seine Stimme ein wenig, während er sich durch die Passagiere schlängelte, die sich am Gepäckband versammelt hatten. »Wenn ich mich zusammenreiße und offener dafür bin – wärst du dann auch bereit, das Ganze ein bisschen kritischer zu sehen? Vielleicht können wir uns in der Mitte treffen? Was sagst du dazu?« Er war mehr als bereit, ein interessiertes Gesicht aufzusetzen und sich für Gläserrücken und ähnlichen Quatsch zu interessieren, wenn Sara dadurch wieder ein bisschen auf den Boden der Tatsachen kommen würde.
    »Ich hab es versucht, Freyr. Es geht nicht. Ich träume immer denselben Traum und habe dieselben unheimlichen Visionen.« Sie atmete tief aus, bevor sie weitersprach: »Manchmal rieche ich Benni. Er erscheint mir in einem Laden, draußen vor dem Haus, überall, wo ich hingehe.« Wieder holte sie tief Luft. »Etwas Schlimmes ist im Anzug, Freyr, etwas, das immer stärker wird. Wenn du es ignorieren willst, dann ist das eben so. Ich wünschte, ich könnte etwas sagen oder tun, das dich dazu bringt, die Sache ernst zu nehmen, aber ich weiß, dass das vergebliche Hoffnungen sind. Ich wollte einfach ausprobieren, ob Elísa dich überzeugen und dir die Augen öffnen kann. Aber das ist ja gründlich misslungen, wie wir beide wissen.«
    »Sara, ich bin mir nicht sicher, ob es gut ist, wenn du so engen Kontakt zu dieser Frau hast.« Er sagte das so vorsichtig wie möglich und fürchtete, dass sie auflegen würde. »Wenn du von Benni träumst, meinst, ihn zu sehen und so, dann ist das vollkommen normal und muss keine mystische Bedeutung haben. Du musst mir glauben, Sara, so was kommt häufiger vor, als du denkst. Du bist in Gedanken noch bei ihm, und weil du so viel an ihn denkst, erscheint er dir auf diese Weise, aber das wird immer seltener vorkommen. Meinst du, das wäre mir nicht auch schon passiert?« Er erzählte ihr absichtlich nicht von dem Vorfall im Krankenhaus, als Benni ihm so real vorgekommen war, als könnte er ihn berühren.
    »Ich kann nicht mit dir darüber reden, Freyr«, sagte Sara resigniert. »Außerdem hast du mich angelogen. Ich weiß nicht, was es war, aber du hast mir damals etwas sehr Wichtiges verschwiegen.«
    »Wie bitte?« Freyrs Herz

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