Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Geisterflut

Geisterflut

Titel: Geisterflut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stacia Kane
Vom Netzwerk:
kribbelte, als sie den größten Band zur Hand nahm, eins ihrer Lieblingsbücher. Wenn etwas nicht in Tobins Geisterführer stand, stand es wahrscheinlich nirgends. Das Gewicht des Buchs hatte wie stets eine tröstliche Wirkung auf sie, doch die konnte nicht davon ablenken, dass sie ein weiteres Geräusch gehört hatte.
    Ein Rascheln, als würde ein Blatt Papier vom Winde aufgeweht, oder wie das Geräusch, dachte sie mit einem leichten Anflug von Übelkeit, das die Seiten von Tysons abscheulichem Buch machten, als Terribles Finger darüberstrichen.
    Sie blieb wie angewurzelt stehen, wobei ihr das Gewicht von Tobins Geisterführer schwer auf dem Handgelenk lastete. Zu den Fenstern hinüber zu sehen nützte nichts. Die verdammten Glasscheiben hätten ebenso gut verspiegelt sein können; sie sah darin lediglich ihr eigenes bleiches, starrendes Gesicht.
    Ihr ächzten die Muskeln, als sie minutenlang dort stand und angestrengt auf ein weiteres Geräusch lauschte. Doch die Stille hielt nun schon so lange an, dass sie an sich zu zweifeln begann. Sie hatte seit Tagen nicht mehr richtig geschlafen. Sie war derart aufgedreht, dass ihre Pupillen vermutlich winzig klein waren, und ihre Hände fühlten sich schmierig an, ganz egal, wie oft sie sie wusch. Da war es ja kein Wunder, wenn sie Dinge hörte. Es war wahrscheinlich ihr Gehirn, das leise vor sich hin knisterte, während das Speed die Hirnzellen zerfraß.
    Hatte sie wirklich ein Geräusch gehört?
    Das war doch lächerlich. Nein, sie war nur vorsichtig. Und Vorsicht war der Schlüssel zum Überleben. Aber anzunehmen, ihr verbrecherischer Kollege wäre ihr irgendwie hierher gefolgt ... Tyson besaß ja nicht mal ein Telefon. Und die Vorstellung, dass er sich aufgerappelt und denjenigen benachrichtigt hatte und diesem es wiederum gelungen war, sie hier aufzuspüren, obwohl sie niemandem gesagt hatte, wohin sie ging - das wirkte doch komplett an den Haaren herbeigezogen.
    Derart beruhigt, setzte sie sich hin, nahm ihren Notizblock zur Hand und begann im Register des Handbuchs nachzuschlagen. Eraduac, Eramuel, Erbereous, Eredmiam ... Ereshdiran. Seite 153.
    Sie zog mit den Zähnen die Kappe von ihrem Stift, während sie mit der Linken weiterblätterte. Igitt. Es war nur eine grobe Zeichnung, aber sie gab das schmale, grausam blickende Gesicht und die Hakennase gut wieder. Sogar die bluttriefenden Zähne waren angedeutet.
    Sie machte sich hastig Notizen, und mit jedem weiteren Wort wurde ihr kälter. Sie würde Doyle anrufen und einwilligen müssen, mit ihm in dieser Sache zum Großältesten zu gehen. Das war nichts, was sie allein schultern konnte - oder besser gesagt: schultern wollte.
    Wer hatte ihn bloß herbeibeschworen? Und weshalb? Welchen Grund konnte es dafür geben, in Träume einzudringen und so viel Macht in etwas so Banales zu investieren? Wenn man irgendwelche Hausbesitzer in Schlaf versetzen wollte, um bei ihnen einsteigen zu können, konnte man dazu eine magische Hand verwenden, so wie sie es tat, oder irgendeinen anderen Zauber anwenden. In wie viele Häuser konnten sie denn schon in einer einzigen Nacht eindringen? Und dann war das verdammte Ding noch nicht mal sicher, und es gab im Grunde keine Möglichkeit...
    Diesmal hatte sie das Geräusch eindeutig gehört. Ein Klacken wie von einer harten Schuhsohle auf Holzboden. Sie hätte es vielleicht nicht mitbekommen, wenn sie nicht gerade mit dem Schreiben innegehalten hätte. Jemand war in der Bibliothek, und derjenige war nicht gekommen, um einfach nur Recherchen anzustellen. Niemand rief ihren Namen, niemand wunderte sich über das Licht im Sonderarchiv und fragte, wer da sei. Vielmehr herrschte wieder Stille, die ihr die Ohren verstopfte und sich um sie zusammenzog, bis sie das Gefühl hatte zu ersticken.
    Schweißperlen traten ihr auf die Stirn, als sie betont beiläufig weiterblätterte, und die Muskeln schmerzten ihr von der Anstrengung, ihre Bewegungen langsam und regelmäßig auszuführen, so als hätte sie nichts gehört. Die Bibliothek hatte zwei Ein- und Ausgänge: den Haupteingang, durch den sie an diesem Abend hereingekommen war, und den Nebeneingang, den sie an jenem Tag genutzt hatte, als sie das Gespräch zwischen Bruce und dem Großältesten vor dem Fahrstuhl mit anhörte.
    Sie hatten darüber gesprochen, dass die Geister ängstlich wirkten und sich ungewöhnlich verhielten. Wie es aussah, hatte Chess immerhin dafür eine Erklärung gefunden. Ereshdiran. Die Gegenwart eines solchen Wesens trieb

Weitere Kostenlose Bücher